[Buchgedanken] Olivia Monti: „Das Haus“

Vor kurzem habe ich „Das Haus“ von Olivia Monti gelesen, mein zweites Buch der Autorin nach dem unter ihrem Klarnamen geschriebenen Roman „Der Regisseur„. „Das Haus“ wurde 2020 im Selfpublishing veröffentlicht und ist als Kriminalroman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle erneut an die Autorin für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.

Das Haus ist ein Gebäude voller winziger Mietwohnungen. Mit dem Tod des Medizinstudenten Enis Al Agha nimmt das Unheil seinen Lauf. Einer um den anderen Mieter wird tot aufgefunden oder verschwindet spurlos. Die pensionierte Schneiderin Frau Rauhaar ist sich sicher, es gibt einen einzigen Mörder und der wohnt im Haus. Die Parapsychologin Nadja Knoll ist anderer Meinung: Das Haus sei womöglich ein Unglückshaus, ein verfluchter Ort, das Haus selbst sei sozusagen schuld an den grausigen Geschehnissen. Niemand erkennt ein klares Muster hinter den horrenden Fällen. Die Polizei ist ratlos. Bis sie rein zufällig auf eine bedeutende Spur stößt. Viel zu spät …

„Das Haus“ ist – wie oben in der Genreeinteilung erwähnt – ein Kriminalroman. Darüber hinaus ist es aber ein Kammerspiel nach dem Vorbild von Agatha Christie, eine Mikrostudie der Gesellschaft – und eine parapsychologische Abhandlung.

Insgesamt hat der Roman Stärken und Schwächen – und lässt mich etwas ratlos zurück. Während es der Autorin gut gelingt, aktuelle geesellschaftliche Themen wie die Flüchtlingsaufnahme oder auch die Gefahr der Altersarmut und Vereinsamung gut in die Handlung zu integrieren, so geraten die Exkurse zum Gedächtnis von Gegenständen – so interessant sie grundsätzlich auch sind – teils zu lang und hemmen den Fluss, insbesondere, wenn seitens der Protagonistin nicht nur eigene Gedanken, sondern ausführlich die Erkenntnisse anderer Wissenschaftler vorgestellt werden. Aufgrund der Kürze des Buches kommen – bei einem so prägnanten Thema – dann auch die Täterpsychologie etwas kurz und das Ende sehr rasant.

Abgesehen von der etwas unglücklichen Schwerpunktsetzung ist die Handlung spannend – und der Autorin gelingt es, mit unerwarteten Wendungen den Leser immer mal wieder auf eine falsche Fährte zu führen. Die einzelnen Personen sind unterschiedlich und bilden im Haus einen Querschnitt der Gesellschaft ab. Dabei sind die Charaktere durchaus dreidimensional angelegt, haben Stärken und Schwächen. Insbesondere die Rauhaar als Hobbyermittlerin, Voyeurin und allwissende Nachbarin überzeugt hier und balanciert gekonnt auf dem Drahtseil zwischen Sympathie und Abneigung.

Die Buchgestaltung ist einfach, aber solide. Sehr ungewohnt und verwirrend ist allerdings, dass die Kapitel – obwohl nur elf – mitten auf der Seite beginnen und so kaum eine erkennbare Struktur besteht. Das Cover ist – wie auch der restliche Buchumschlag – sehr eintönig, passt aber zum Genre. Jedoch fehlt der Bezug zur Geschichte.

Mein Fazit: „Das Haus“ ist ein durchaus spannender Kriminalroman mit überzeugenden Protagonisten und einer tollen Prämisse. Mit weniger parapsychologischen Einschüben und einem stärkeren Fokus auf die zwischenmenschlichen Interaktionen wäre das Potential der Geschichte noch besser umgesetzt worden – für Leser des Genres aber dennoch zu empfehlen.