[Buchgedanken] Michaela Grünig: „Blankenese – Zwei Familien: Licht und Schatten“ (Blankenese 1)

Vor kurzem habe ich „Blankenese – Zwei Familien: „Licht und Schatten“, den Auftaktband der neuen Trilogie von Michaela Grünig, gelesen. Das Buch ist 2023 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen und als Familiensaga einzuordnen Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Hamburg, 1919. John Casparius glaubt nicht mehr an das Gute im Menschen. Die grausamen Erfahrungen des Krieges verfolgen ihn, die einst so florierende Reederei, seit Jahrzehnten in Familienbesitz, ist durch die politischen Turbulenzen angeschlagen. Von Schuldgefühlen geplagt kreisen seine Gedanken darum, ins Wasser zu gehen. Nach einer durchgrübelten Nacht trifft er im Morgengrauen am Elbufer auf die junge Leni Hansen. Zwei Fremde, die der Zufall für einen kurzen, aber schicksalshaften Moment zusammenführt und die nicht ahnen, dass von nun an ihr Leben und das ihrer Familien über Generationen miteinander verwoben sein wird.

Mit „Blankenese – Zwei Familien: Licht und Schatten“ startet Michaela Grünig eine neue Familiensaga. Dabei deckt der Auftaktband die Zeit von März 1919 bis Januar 1939 ab – also im Wesentlichen die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Während sich das Buch auf die Verzahnungen und Geschicke zweier Familien konzentriert, werden so die großen politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen am Mikrokosmos der Hansen- und Casparius-Dynastien deutlich – und noch eindringlicher spürbar.

Hierbei ist die Handlung im Wesentlichen spannend und abwechslungsreich, auch wenn ich mir teils eine andere Schwerpunktsetzung gewünscht hätte, sind die Zeitsprünge zwischendurch doch teils sehr groß und lassen durchaus relevante Teile der Geschichte/Figurenentwicklung entfallen – vielleicht hätte man den Band zweiteilen sollen, um den einzelnen Figuren und Handlungssträngen hier besser gerecht werden zu können. Schade finde ich es zudem, dass wir hier keinen Prolog oder Rückblende aus Sicht von Veit oder Gustav über die Ereignisse in Deutsch-Südwestafrika lesen konnten – das hätte die Geschichte noch weiter abgerundet.

Das Setting ist naturgemäß gelungen. So entführt Michaela Grünig den Leser nach Blankenese – vor der Eingliederung in Altona (1927) und Hamburg (1938) eine eigene Gemeinde, in der sich der Kontrast zwischen arm und reich aufgrund der prunkvollen Villen gut darstellen lässt. Hier hätte ich mir teils noch detailliertere Beschreibungen gewünscht, um nicht nur das Setting, sondern auch das Flair der 20er Jahre noch besser erleben zu können. Nichtsdestotrotz gelingt es der Autorin, mit ihrem leicht und flüssig zu lesenden, authentischen Schreibstil das Kopfkino anlaufen zu lassen.

Die einzelnen Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen vor allem wichtige Nebenfiguren wie Otto, Lola und Felicitas, während Leni und John als Protagonisten zwar ebenfalls glänzen können, teils aber nicht nachvollziehbar handeln. Spannend, dass mit Max zudem ein Charakter prominent angelegt ist, der stark einer historischen Persönlichkeit, dem berühmten Max Warburg, nachempfunden ist.

Die Buchgestaltung überzeugt ebenfalls auf ganzer Linie. Lektorat und Korrektorat sind solide, der Buchsatz ist schlicht. Darüber hinaus ist das Buch mit Klappen und farbigen, aber eintönigen Coverinnenseiten versehen und der Umschlag auf dem Cover hochwertig geprägt. Auch das Covermotiv ist gelungen und wunderschön anzusehen – einziger Wermutstropfen hier ist der doch abrupte Bruch zwischen Titelbild und Buchrücken.

Mein Fazit? „Blankenese – zwei Familien: Licht und Schatten“ ist ein toller Einstieg in die Familiensaga, der vor allem mit einem Setting und guten Charakteren glänzen kann, aber auch leichte Schwächen in der Schwerpunktsetzung hat. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab dem vom Verlag empfohlenen Lesealter von 16 Jahren.