Vor kurzem habe ich ebenfalls „Träumertänzer“ von Oliver Masucci und Carla Woter gelesen. Das Buch ist 2023 bei Lübbe Life in der Bastei Lübbe AG erschienen und als Autobiografie einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Er ist einer der größten deutschen Filmstars, dreht internationale Kino- und Serienhits und hat Fans auf der ganzen Welt. Dass aus Oliver Masucci noch was wurde, danach sah es lange nicht aus. In den 1970ern als „Itaker”-Kind verspottet und gequält, selbst von der eigenen Familie nie ernstgenommen. Es ist die unwahrscheinliche Aufstiegsgeschichte eines Gastarbeiterkindes im deutsch-italienischen Kulturmischmasch. Heimat al dente sozusagen.
„Träumertänzer“ balanciert an der Grenze zwischen Autobiografie und Biografie, wurde er doch von Oliver Masucci zusammen mit der Journalistin Carla Woter verfasst. Aufgrund der anekdotischen Schilderungen in Ich-Form habe ich mich dennoch für die Eingruppierung als Autobiografie entschieden, ohne allerdings genau zu wissen, wie groß der Anteil von Carla Woter beim Verfassen des Buches war.
Etwas zur Handlung, zum Setting oder den „Figuren“ zu sagen, verbietet sich bei einer klassischen Autobiografie, kann man doch schlecht über das Leben eines anderen Menschen urteilen (und sollte es auch nicht) – auch wenn Oliver Masucci dem Leser hier wirklich malerische Kulissen präsentiert, von 5-Sterne-Hotels, der Amalfi-Küste oder der Filmpremiere zu „Fantastic Beasts“ – ein wahrer Traum.
Viel wichtiger sind daher die im Buch verwobenen Themen, die Botschaft, die der Autor mit seiner Geschichte vermitteln will. Und dies ist hier – wie der Untertitel des Buches sagt – „ein Gastarbeitermärchen“. So schreibt Oliver Masucci von seiner Kindheit und den damit verbundenen Unsicherheiten, von starken familiären Bindungen aber gleichzeitig großen Problemen und von seinen Paraderollen, spart dabei aber gleichzeitig nicht an versteckter und weniger versteckter Kritik an einigen Produktionen – sehr erfrischend.
Oliver Masucci gelingt es dabei, den Leser durch seine unnachahmliche Art mit an den gemeinsamen Esstisch zu holen – ein zentrales Thema des Buches und, augenscheinlich, seines Lebens. Zwar mag das Bild Italiens, insbesondere der ländlichen Regionen, für uns überzeichnet wirken, genau wie in seinen Rollen gelingt es Oliver Masucci jedoch, den Leser von der Authentizität zu überzeugen, ihn mit dem Land vertraut zu machen. Kirche, Essen, Autos – die Reihenfolge der Prioritäten wechselt hier von Person zu Person.
Und so rührt das Buch, bringt zum Lachen und begeistert durch Anekdoten mit großen Schauspielstars wie John Cleese und Mads Mikkelsen – und umschifft hier sehr elegant die Vorwürfe gegen Johnny Depp, erwähnt sie nur am Rande. Anders sieht es – aufgrund der stark-prägenden Zusammenarbeit – mit Roman Polanski aus, unzweifelhaft ein grandioser Regisseur. Hier hätte ich mir jedoch eine klarere Haltung, einen weniger freundschaftlich-verklärten Blick gewünscht, keine Verurteilung des Freundes aufgrund jahrzehntealter Ereignisse, aber eine stärkere Positionierung im Hinblick auf durchaus immanente Probleme des früheren Kulturbetriebes.
Die Buchgestaltung ist solide, Lektorat und Korrektorat sind nur Kleinigkeiten durchgerutscht, der Buchsatz ist fehlerfrei aber auch konservativ. Der Buchumschlag ist relativ eintönig, das Buch unter dem Umschlag schlicht, die Coverinnenseiten sind in passendem Schwarz gehalten. Das Covermotiv ist ein eindringliches Foto von Oliver Masucci, eine durchaus gelungene und präsente Aufnahme, aufgrund der mangelnden Kontrasts jedoch kein Eyecatcher.
Mein Fazit? „Träumertänzer“ ist eine überwiegend überzeugende Biografie, eine spannende, ernste und humorvolle Lebensgeschichte eines großen deutschen Schauspielers der Gegenwart. Für Leser bedenkenlos zu empfehlen.