[Buchgedanken] Katee Robert: „Neon Gods – Hades & Persephone“ (Dark Olympus 1)

Vor kurzem habe ich „Neon Gods – Hades & Persephone“, den Auftaktband der „Dark Olympus“ Reihe von Katee Robert, gelesen. Das Buch wurde 2022 bei LYX in der Bastei Lübbe AG veröffentlicht, die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel „Neon Gods (Dark Olympus Book 1)“ bei Sourcebooks Casablanca. Der Roman ist der Dark Romantasy zuzuordnen, für die Übersetzung zeichnet Anika Klüver verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Als ihre Mutter Persephone auf einem Ball überraschend Zeus verspricht, bleibt der jungen Frau keine Wahl: Sie flieht über die Brücke des Styx in die Unterstadt, wo sie plötzlich dem geheimnisvollen Hades gegenübersteht. Seit Jahren hat ihn niemand mehr gesehen, er ist ein Mythos, ein Monster – und ihre einzige Chance, Zeus und ihrer Mutter zu entkommen. Vom ersten Augenblick an übt Hades eine Faszination auf Persephone aus, der sie sich nicht entziehen kann. Und so bietet sie ihm einen Deal an, der ihrer beider Leben für immer verändern wird …

„Neon Gods – Hades & Persephone“ ist der erste Teil der „Dark Olympus“ Reihe, die verschiedene Genre vereint. So sind die Bücher der Phantastik, ja sogar der griechischen Mythologie zuzuordnen, balancieren aber zugleich auf der Grenze zwischen New Adult und Erotik mit einem Schuss Dark Romance. Ich habe dies mal als „Dark Romantasy“ zusammengefasst, etwas, womit die Autorin im Hinblick auf den Reihentitel sicherlich leben kann.

Denn die Handlung ist – und hier liegt ein starker Fokus – einfach heiß – oder neudeutsch spicy. Dabei ist der Band in sich abgeschlossen und kann gut als Standalone gelesen werden, im nächsten Teil geht es dann mit einem weiteren Pärchen aus Olympus weiter. Zwar entsteht teils das Gefühl, dass die Rahmenhandlung hier doch etwas zugunsten der erotischen Szenen vernachlässigt wird, dies ist aber aufgrund der unglaublichen Chemie zwischen Hades & Persephone nicht schlimm, sorgen die einzelnen Aufeinandertreffen doch jeweils für ein, zuweilen auch emotionales, Feuerwerk und ein Knistern, das selbst durch die Buchseiten deutlich zu spüren ist.

Das Setting ist naturgemäß brillant. So entführt die Autorin den Leser in die Stadt Olympus, eine Art Neugestaltung des Olymps auf dem heutigen Stand der Technik – Klatschzeitschriften, Autos und moderne Sicherheitssysteme inklusive. Sie nimmt den Leser mit auf göttliche Partys von Zeus und in die Stadt des Hades – und lässt ihn letztere zusammen mit Persephone durch deren Augen entdecken und lieben lernen. Dabei ist Katee Roberts Schreibstil leicht und flüssig zu lesen und lässt das Kopfkino sofort anspringen.

Die einzelnen Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig ausgearbeitet, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen neben Persephone vor allem ihre Schwestern Psyche und Eurydike sowie Hermes, während Hades noch ein paar Ecken und Kanten mehr vertragen hätte. Daher bin ich umso gespannter auf den nächsten Teil der Reihe, dreht er sich doch um Psyche und ihre legendäre Beziehung zu Eros, der in diesem Teil am Rande ebenfalls bereits auftauchte.

Die Buchgestaltung ist ebenfalls auf ganzer Linie überzeugend. So sind Lektorat, Korrektorat und Buchsatz solide, der Buchumschlag ist auf dem Cover und Buchrücken hochwertig geprägt, mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten (unter anderem einer Karte der Handlungsorte) versehen – sehr edel. Das Cover ist zwar schlicht, farblich und typografisch aber ein absoluter Traum – und somit ein toller Eyecatcher, der hoffentlich mit den anderen Bänden der Reihe einen einheitlichen Gesamteindruck ergibt.

Mein Fazit? „Neon Gods – Hades & Persephone“ ist Dark Romantasy as its finest – und brilliert mit einem tollen Setting und unglaublich gefühlvollen und heißen Szenen. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – definitiv nicht unter dem vom Verlag empfohlenen Lesealter von 16 Jahren, vielleicht auch erst ein oder zwei Jahre später.

[Buchgedanken] Elizabeth Macneal: „Zirkus der Wunder“

Vor kurzem habe ich „Zirkus der Wunder“ von Elizabeth Macneal gelesen. Das Buch ist 2022 im Eichborn Verlag in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2021 unter dem Titel „Circus of Wonders“ bei Picador veröffentlicht. Das Buch ist als historischer Roman einzuordnen, für die Übersetzung zeichnet Eva Bonné verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Südengland, 1866. Die junge Nell, von Muttermalen gezeichnet, wird von den anderen Dorfbewohnern gemieden – bis „Jasper Jupiters Zirkus der Wunder“ im Ort kampiert. Nells skrupelloser Vater wittert ein Geschäft und verkauft sie als „Leopardenmädchen“ an Jasper. Doch was als traumatische Erfahrung beginnt, scheint sich als Glücksfall zu erweisen: Erstmals findet Nell eine echte Heimat. Sie schließt Freundschaften, verliebt sich in den sensiblen Toby – und wird, als „achtes Weltwunder“ gefeiert, zum Star des Zirkus. Doch mit dem Ruhm stellen sich neue Probleme ein.

„Zirkus der Wunder“ ist ein historischer Roman, der den Leser ins neunzehnte Jahrhundert entführt, gleichzeitig aber große Aktualität besitzt, ist er doch ein Plädoyer für Toleranz, Diversität und gesellschaftliche Akzeptanz, zeigt er doch die Folgen von Diskriminierung – im Großen und im Kleinen – und bespricht Themen wie Kriegspropaganda und Traumata. Es ist daher der natürliche Nachfolger von „The Greatest Showman“, auf dessen Protagonist hier oftmals Bezug genommen wird, allerdings mit rein fiktiven Charakteren – und weniger glorifizierend pompös.

Denn die Handlung ist zwar spannend und kurzweilig, aber auch düster. Schonungslos beschreibt Elizabeth Macneal die teils unmenschlichen Zustände anhand einzelner Schicksale, die zwar fiktiv, aber sicherlich authentisch sind. Dabei ist der Roman ungemein atmosphärisch dicht, nimmt den Leser mit auf eine emotionale Achterbahnfahrt, und zeigt seine Authentizität auch darin, dass er ein realistisches und kein verklärtes, kitschgeschwängertes Happy-End bietet.

Das Setting ist erwartbar brillant – bei einer Reise ins viktorianische England kann man hier aber wenig falsch machen – es hat sich als Setting für alle Arten von Romanen bewährt. Schön ist es jedoch, dass die Autorin den Leser hier mal in ein England abseits von London mitnimmt, zumindest teils in ärmliche, ländliche Dörfer führt, die einen krassen Gegensatz zur illustren Hauptstadt bilden. Aber auch die spätere Darstellung von London überzeugt, lediglich die Szene im Buckingham Palace irritiert leicht, dies kann aber auch an dem starken Einfluss liegen, den eine andere Palastbewohnerin auf die letzten Generationen ausgeübt hat.

Die einzelnen Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig ausgearbeitet, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen neben Nell vor allem Stella und Pearl, während Toby etwas blass bleibt. Der Schreibstil von Elizabeth Macneal ist dabei flüssig und gut lesbar, atmosphärisch dicht und sehr bildhaft.

Die Buchgestaltung ist solide, Lektorat und Korrektorat haben sauber gearbeitet, der Buchsatz ist unauffällig. Die farbliche Gestaltung des Schutzumschlags wird leider durch den Buchrücken unterbrochen, insgesamt ist die Gestaltung zudem relativ schlicht, auch wenn sich im Covermotiv immerhin einige Aspekte der Handlung widerspiegeln. Das Buch unterhalb des Umschlags ist gleichfalls schlicht, aber mit farbigen Coverinnenseiten versehen.

Mein Fazit? „Zirkus der Wunder“ ist ein wirklich bestechender historischer Roman mit nur minimalen Schwächen, der vor allem durch sein atmosphärisches Setting und die hohe Aktualität brilliert. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 16 Jahren.

[Buchgedanken] Tuomas Oskari: „Tage voller Zorn“

Vor kurzem habe ich „Tage voller Zorn“ von Tuomas Oskari gelesen. Das Buch ist 2022 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG veröffentlicht worden, die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel „Roihu“ und dem (originalen) Autorennamen Tuomas Niskakangas bei Otava. Das Buch ist als Politthriller einzuordnen, für die Übersetzung aus dem Finnischen zeichnet Anke Michler-Janhunen verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Helsinki 2027. Leo Koski, der junge Ministerpräsident Finnlands, ist charismatisch. Was niemand weiß: Er ist nur die Marionette einer Gilde reicher Männer. Sie sind es, die bestimmen. Die Spaltung der Gesellschaft und die zunehmende Armut in weiten Teilen der Bevölkerung sind ihnen egal. Doch als sich eine junge Frau am Vorabend einer großen Massenkundgebung aus Protest selbst anzündet, gerät das Machtgefüge ins Wanken. Die Frau hatte zuvor Briefe verschickt, um das Land aufzurütteln. In dieser aufgeheizten politischen Lage wendet sich der Ministerpräsident das erste Mal von seinen Geldgebern ab. Aber auf wen kann er noch zählen? Auf seinen Ziehvater und reichsten Mann Finnlands Pontus Ebeling? Auf die Führungsfigur der Linken, Emma Erola? Koski hat nur 24 Stunden, um sein Land vor einer Katastrophe und unzähligen Toten zu bewahren. Der Countdown beginnt …

„Tage voller Zorn“ ist ein Politthriller, dessen Handlung sich im Wesentlichen auf das kleine Finnland beschränkt, der aber globale Auswirkungen suggeriert. Dabei mischt Tuomas Oskari durchaus gesellschaftskritische Themen mit ein, räumt der Kapitalismuskritik viel Raum ein und macht sozialistische Grundmodelle zur Triebfeder der Veränderung – ein mutiger, radikaler Schritt – nicht nur im Buch.

Dabei ist die Handlung rasant, spannend und kurzweilig. Tuomas Oskari überrascht den Leser immer wieder mit unerwarteten Wendungen, treibt die Spannung auf die Spitze, verschiebt Loyalitäten und lässt immer neue Koalitionen entstehen – bis hin zu einem Ende mit Schrecken – oder einem Schrecken ohne Ende? Hierbei erschafft der Autor – erschreckend – ein durchaus denkbares Zukunftsszenario, nimmt den Leser mit auf eine nervenaufreibende, emotionale Achterbahnfahrt – ungeachtet dessen, wo man sich selbst im politischen Spektrum verortet.

Das Setting überzeugt auf ganzer Linie. So führt der Autor den Leser durch das Machtzentrum der finnischen Hauptstadt – geschichtliche und architektonische Exkurse in gebotener Kürze inklusive. Dabei ist Tuomas Oskaris Schreibstil leicht und flüssig zu lesen und lässt das epische Kopfkino direkt anlaufen.

Die einzelnen Figuren sind vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive – die teils für den Leser auch lange im Unklaren bleiben. Hierbei begeistern vor allem Leo und Emma und sorgen damit dafür, dass „Tage voller Zorn“ eines der wenigen Bücher ist, in dem mehrere Hauptprotagonisten gleichermaßen überzeugen. Daneben vermögen aber auch wichtige Nebenfiguren wie Vilma und Virve zu begeistern.

Die Buchgestaltung ist gleichermaßen gelungen. Lektorat und Korrektorat haben solide gearbeitet und nur Kleinigkeiten durchrutschen lassen, der Buchsatz ist passend schlicht. Das Cover ist hochwertig geprägt, der komplette Buchumschlag relativ wenig bebildert, aber aufgrund des Farbkonzepts ein absoluter Eyecatcher – noch mehr in Verbindung mit dem farbigen Buchschnitt, der die Coverfarben aufgreift und zu einem Gesamtkunstwerk verwebt. In den farbigen Coverinnenseiten finden sich zudem eine Karte von Helsinki und eine Biografie des Autors – sehr edel.

Mein Fazit? „Tage voller Zorn “ ist ein Politthriller, der auf ganzer Linie begeistert – ein spätes, aber absolutes Highlight des Bücherjahres 2022. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 16 Jahren.

[Buchgedanken] Tatsuya Shihira: „Lovelock of Majestic War 1″(Manga) (Lovelock 1)

Vor kurzem habe ich „Lovelock of Majestic War 1“ von Tatsuya Shihira gelesen. Der Manga ist 2022 bei Manga Cult erschienen, die Originalausgabe wurde 2021 bei KODANSHA LTD. unter dem Titel „Eisen no Lovelock“ veröffentlicht. Für die Übersetzung aus dem Japanischen zeichnet Sascha Mandler verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Plötzlich waren sie da. Niemand weiß, woher sie kamen oder woher sie die Macht hatten, die Erde vor dem Untergang zu retten. Doch in einem waren sich die Menschen einig: Diese Unbekannten müssen Helden sein! Die Zwillinge Hiiro und Ao haben seit ihrer Kindheit alles dafür getan, um sich eines Tages den Helden anzuschließen. Während Ao nur wenige Jahre später sein Ziel erreicht hat, muss Hiiro sich damit abfinden, dass in ihm nicht der Funke eines Weltretters steckt. Dabei ist selbst seine ungeschickte Sandkastenfreundin Iruka kurz davor, in Aos Fußstapfen zu treten! Doch die Helden hüten ein dunkles Geheimnis – und als Iruka zufällig dahinterkommt, schwebt nicht nur sie in schrecklicher Gefahr …

„Lovelock of Majestic War 1“ ist der Auftaktband der nur vierbändigen Mangareihe um eine Welt, die von von allen verehrten Helden dominiert wird, die das Unheil der Welt bekämpfen. Dass sich diese Schwarz-Weiß-Zeichnung schnell auflösen würde, war ohnehin bereits dank dem Klappentext klar, stellte sich dann aber auch relativ früh im Buch heraus – nicht zuletzt auch dank dilettantischem Handeln der Helden.

Die Handlung generell ist grundsätzlich spannend und vielschichtig, wenn auch wenig überraschend und in den Kämpfen teils zu hastig – hier hätte man sich mehr Zeit nehmen können. Zudem besteht gerade im Weltenbau, dem Magiekonzept, das den Helden zugrunde liegt, noch einiges an Erklärungsbedarf – ich hoffe, hier schaffen die Folgebände Abhilfe und sorgen für ein insgesamt runderes Bild.

Die Bilder transportieren die Handlung gut und sind toll gezeichnet. Insbesondere die Figuren kommen mit ihren Gefühlen gut zum Ausdruck, auf einige, lautmalerische Ausdrücke zur Unterstützung der Bilder und Handlung hätte man hier aber durchaus verzichten können – diese treten doch etwas zu häufig auf und lenken dabei von den Bildern ab.

Die einzelnen Figuren sind – auch aufgrund der Kürze des Textes bedingt – eher schematisch angelegt und werden sich hoffentlich im Verlauf der nächsten Bände noch konsequent weiterentwickeln. Am stärksten überzeugen bislang Iruka und Toko, während Ryoma sich noch schlecht einschätzen lässt. Hiiro bleibt bislang eher blass, kann nur in seltenen Momenten glänzen und ist sonst naiv und unbedarft.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat und Korrektorat haben sauber gearbeitet, der Buchsatz ist genretypisch, auch wenn gelegentlich die Zuordnung der Sprechblasen schwer fällt und anders besser arrangiert hätte werden können. Das Cover bildet mit der Coverrückseite ein einheitliches Gesamtbild, das leider durch den Buchrücken durchbrochen wird. Insgesamt ist das Coverbild aber ansehnlich, auch wenn ich mir einen noch stärkeren Bezug zur Handlung gewünscht hätte, als einfach den Protagonisten abzubilden. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich das Cover in die Reihe integriert und ob ein einheitlicher Gesamteindruck entsteht.

Mein Fazit? „Lovelock of Majestic War 1“ ist ein guter Start in die Mangareihe mit tollen Zeichnungen, der bei der Handlung zwar noch kleinere Schwächen aber auch viel Potential für die Folgebände hat. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – mangels Verlagsangabe ab einem geschätzten Lesealter von etwa 16 Jahren.

[Buchgedanken] Jörg Kohn: „1799 – Die Schatten von Oldenburg“ (von Marburg 1)

Vor einiger Zeit habe ich den historischen Kriminalroman „1799 – Die Schatten von Oldenburg“ von Jörg Kohn gelesen. Das Buch ist 2022 in der Gmeiner-Verlag GmbH veröffentlicht worden, die Erstausgabe erschien 2021 unter dem Titel „1799 – Oldenburger Morde“ und Autorennamen „Jörg Hartmut Kohn“ bei BoD. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Oldenburg, Juni 1799. Die Nachricht vom Tod seiner Eltern reißt den jungen Studenten Johannes Friedrich von Marburg aus seiner feuchtfröhlichen Abschlussfeier. Zusammen mit drei Hausangestellten fielen Carl Ludwig Freiherr von Marburg und seine Frau einem äußerst ungewöhnlichen Verbrechen zum Opfer. Da die Untersuchungen der herzoglichen Polizeidragoner nicht vorankommen, beginnt Johannes auf eigene Faust zu ermitteln. Als er herausfindet, dass seine Eltern unmittelbar vor ihrem Tod eine Reisebekanntschaft aus Frankreich beherbergten, begibt er sich auf die gefährliche Suche nach der Unbekannten …

„1799 – Die Schatten von Oldenburg“ ist ein Roman, der sich stark der Historie widmet, den historischen Ereignissen viel Platz einräumt, diese erklärt und in den Mittelpunkt der Handlung stellt. Aufgrund der Prämisse des Romans, dem doch immer mitschwingenden Kriminalfall, würde ich das Buch dennoch als historischen Kriminalroman einordnen – und schlussendlich wird das Buch auch als solcher beworben.

Die Handlung ist durchaus spannend, hat teils aber auch ihre Längen und einige unnötige Wendungen. Zwar wird der zugrundeliegende Kriminalfall abschließend gelöst, dennoch endet der Roman ärgerlicherweise in einem unnötigen und heftigen Cliffhanger, der einer Fortsetzung verlangt, wofür die Geschichte auch genug Potential liefert.

Das Setting überzeugt im Wesentlichen. Jörg Kohn nimmt den Leser mit auf eine Reise in ein Norddeutschland, das nach der französischen Revolution an der Schwelle zum 19. Jahrhundert steht. Dabei ist der Schreibstil des Autors authentisch und zeugt von guter Recherche, wenn auch teils die Lesbarkeit der Authentizität geopfert wurde – hier hätte man durchaus auch etwas bedachter vorgehen können.

Die einzelnen Figuren sind dabei vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen vor allem Lürssen, Sartorius und Klara, während Johannes als Protagonist doch teils sehr naiv und unlogisch agiert und so insgesamt blass verbleibt. Auch hier könnte aber in einem Folgeband durchaus noch nachgebessert, die Entwicklung des Charakters vorangetrieben werden.

Die Buchgestaltung ist insgesamt solide. Lektorat und Korrektorat haben ordentlich gearbeitet, der Buchsatz ist gelungen und verdient sich ein Lob allein schon dafür, die Kapitel auf ungeraden Seiten zu starten. Dabei werden den Kapiteln umfangreiche literarische Zitate vorangestellt, die zumindest in der Häufigkeit den Lesefluss doch leicht mindern. Der Buchumschlag ist mit einfarbigen Coverinnenseiten versehen – hier hätte ich mir durchaus auch eine Karte der norddeutschen Lande vorstellen können. Das Covermotiv ist zwar ansehnlich, wird aber zum Buchrücken hin unterbrochen und dort, zusammen mit der Coverrückseite einfach nochmal dargestellt – etwas skurril und ungewöhnlich.

Mein Fazit? „1799 – Die Schatten von Oldenburg“ ist ein historischer Kriminalroman mit einer spannenden Handlung und tollen Nebenfiguren, aber auch kleineren Längen und einem ärgerlichen Cliffhanger am Ende. Für Leser des Genres dennoch bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 14 Jahren.

[Buchgedanken] Tanya Byrne: „Everlove – Bis übers Ende dieser Welt hinaus“

Vor kurzem habe ich „Everlove – Bis übers Ende dieser Welt hinaus“ von Tanya Byrne gelesen. Das Buch ist 2022 bei FISCHER Sauerländer veröffentlicht worden, die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel „Afterlove“ bei Hodder Children’s Books, einem Imprint der Hachette Children’s Group, London. Der Roman ist als Young Adult Romantasy einzuordnen, für die Übersetzung zeichnet Stefanie Frida Lemke verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Das Letzte, was Ash hört, ist das Zerspringen von Glas, als die Windschutzscheibe sie trifft und in eine Millionen Teile zerbricht, die wie Sterne funkeln. Ash stirbt – mitten in in ihrer eigenen Liebesgeschichte. Doch ihre Liebe zu Poppy ist viel zu groß, um so abrupt zu enden. Für Ash ist klar: Sie muss den Tod überwinden, um Poppy wiederzusehen.

„Everlove – Bis übers Ende dieser Welt hinaus“ ist ein Buch für junge Erwachsene mit einem starken Fokus auf die Liebesgeschichte, die offensiv als queer vermarktet wird, was eigentlich irrelevant sein sollte – schließlich kommt es auf die Gefühle an, egal zwischem wem. Da darüber hinaus aber auch phantastische Elemente eine, wenn auch nicht ganz so prägende, Rolle spielen, muss das Buch als Young Adult Romantasy eingeordnet werden.

Die Handlung vermag dabei nur in Teilen zu überzeugen. So stark die erste Hälfte des Buches ist, so süß und gefühlvoll die Liebesgeschichte, so ausbaufähig ist leider der phantastische Teil, der nicht immer logisch und nachvollziehbar ist. Daher fällt das Buch im zweiten Teil doch etwas ab, bleibt nichtsdestotrotz aber abwechslungsreich und altersgerecht – genau wie der einfach und flüssig zu lesende Schreibstil von Tanya Byrne. Hier war ein Jahreshighlight möglich – leider wird das Potential nicht vollständig ausgeschöpft.

Das Setting hingegen ist gelungen So entführt die Autorin den Leser – ungewöhnlich – nach Brighton, und damit gerade nicht an klassische britische Schauplätze wie London (wohin aber immerhin ein Ausflug führt) oder Schottland. Dabei bringt sie den Lesern die charmante Küstenstadt näher, die nicht nur dem Strand den Auftritt im Roman verdankt, sondern sicherlich auch dem Fakt, dass sie als Zentrum der LGBTIQ-Szene in Großbritannien gilt.

DIe einzelnen Figuren sind – zumindest teilweise – vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen. Hierbei überzeugen insbesondere Rosh, die leider in der zweiten Buchhälfte absolut gar keine Rolle mehr spielt, und Dev. Auch Poppy kann glänzen, wenn auch mit leichten Abstrichen, während Ash doch etwas blass verbleibt. Außerhalb der Liebesgeschichte wird zudem die Gefühlswelt der Protagonisten viel zu wenig beleuchtet, was schade ist.

Die Buchgestaltung zeigt ebenfalls Licht und Schatten. Während dem Lektorat und Korrektorat doch einige Kleinigkeiten durchgerutscht sind, bleibt darüber hinaus ein großes Fragezeichen. So findet sich der Prolog im späteren Verlauf der Handlung noch einmal komplett wortgleich abgedruckt wieder – entweder krasser Fehler oder gänzlich sinnlose Widerholung, jedenfalls wird hier der Lesefluss massiv unterbrochen und Verwirrung gestiftet. Der Buchsatz vermag hingegen mit insbesondere toll gesetzten Chatnachrichten wieder zu glänzen, der Buchumschlag ist mit Klappen, einer Prägung auf Cover, Buchrücken und Coverrückseite sowie einem tollen Farbschnitt in der Erstauflage hochwertig gestaltet. Das Covermotiv passt farblich toll zum restlichen Buch und ist zuckersüß, wenn auch knallpinke Haut irgendwie komisch aussieht.

Mein Fazit? „Everlove – Bis übers Ende dieser Welt hinaus“ ist ein Roman, der vor allem durch seine zuckersüße Liebesgeschichte glänzt, sein Potential aber nicht vollständig ausschöpft und leider zum Ende hin daher etwas abfällt. Für Leser des Genres dennoch zu empfehlen – ab dem vom Verlag empfohlenen Lesealter von 14 Jahren.

[Buchgedanken] Warda Moram: „Liber Bellorum I: Blut & Feuer“ (Liber Bellorum 1)

Vor kurzem habe ich „Liber Bellorum I: Blut & Feuer“ gelesen, den ersten Band der phantastischen „Liber Bellorum“-Trilogie von Warda Moram. Das Buch ist 2021 bei Julos in der Mankau Verlag GmbH erschienen und als High Fantasy einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde zu Band III auf Lovelybooks.de.

Zwei Brüder ziehen heimatlos umher: Der verwegene Kyle ist getrieben von seiner dunklen Vergangenheit, während der zurückhaltende Raven an der Impulsivität seines Bruders so manches Mal verzweifelt. Warum müssen sie stets fliehen, warum ständig lügen? Als sie ein Tabu brechen und die Grenze zum Verbotenen Land überschreiten, treten die in ihnen schlummernden magischen Kräfte zutage. Auf der hoch angesehenen Akademie von Lunaris sollen Kyle und Raven lernen, ihre Magie zu kontrollieren und zu nutzen. Doch bald schon beginnt die schöne Fassade zu bröckeln, und düstere Prophezeiungen nehmen Gestalt an …

„Liber Bellorum I: Blut & Feuer“ ist ein typischer Auftaktband in eine High-Fantasy-Trilogie mit Schwächen und Stärken. So ist das Buch nicht als Standalone lesbar, werden doch kaum relevante Handlungsstränge aufgelöst, endet das Buch doch auch sehr offen. Auch braucht man als Leser einige Zeit, in die Handlung hineinzukommen, geht diese doch relativ gemächlich los, müssen doch erst sowohl die Welt als auch die meisten relevanten Charaktere eingeführt werden.

Insgesamt ist die Handlung dennoch durchaus kurzweilig und abwechslungsreich, auch wenn die handelnden Personen teils unlogisch agieren. Dabei mischt die Autorin genretypische Tropes und Themen wie die Entdeckung eigener Magie, den Tod der Eltern, Liebe, Mchtkämpfe und das Schicksal von Welten zu einem bunten Konglomerat, das durchaus Spaß macht. Spätestens mit den Themen ist dann auch die Genrezuordnung klar, und das Buch nicht – wie teils eingeordnet – als „Sword & Sorcery“ oder „Dark Fantasy“ anzusehen, sondern als relativ klassische High Fantasy.

Der Weltenbau ist dabei durchaus gelungen, auch wenn man anfangs etwas braucht, sich in der von Warda Moram erschaffenen Welt zurechtzufinden. Tolle Unterstützung leisten hier die Karten der Welt und der Akademie auf den Coverinnenseiten sowie das Glossar der einzelnen Magietypen am Ende des Buches. Gerade das Magiekonzept benötigt jedoch, trotz der Typenerklärung, in den weiteren Bänden noch einiges an Hintergrund, um glaubhaft zu funktionieren.

Die einzelnen Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen vor allem wichtige Nebencharaktere wie Melenis und Yuri, während insbesondere Kyle noch etwas blass bleibt. Warda Morams Schreibstil ist darüber hinaus leicht und flüssig zu lesen.

Die Buchgestaltung ist exzellent. Lektorat und Korrektorat haben größtenteils sauber gearbeitet, der Buchsatz ist schön anzusehen. Der Buchumschlag ist sehr hochwertig, mit leichter Prägung auf Titel und Buchrücken versehen und mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten ausgestattet. Das Covermotiv ist farblich beeindruckend und bietet einen guten Wiedererkennungswert sowie ein einheitliches Gesamtbild der Reihe mit den weiteren Teilen.

Mein Fazit? „Liber Bellorum I: Blut & Feuer“ ist ein solider Auftakt in eine phantastische Trilogie, der vor allem durch einen gelungenen Weltenbau und eine abwechslungsreiche Handlung punkten kann, allerdings auch kaum Handlungsstränge auflöst. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen, allerdings nicht als Standalone lesbar – und nicht, wie vom Verlag empfohlen, ab einem Lesealter von 12, sondern eher ab 14 Jahren.

[Buchgedanken] Gustaf Skördeman: „Faust“ (Sara Nowak 2)

Vor kurzem habe ich „Faust“ von Gustaf Skördeman gelesen, den zweiten Band um Kommissarin Sara Nowak. Das Buch ist 2022 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2021 unter gleichem Titel im Bokförlaget Polaris veröffentlicht. Das Buch ist dem Genre Thriller zuzuordnen, für die Übersetzung aus dem Schwedischen zeichnet Thorsten Alms verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Nachdem Sara Nowak das Netzwerk der Stasi-Mitarbeiter in Schweden auffliegen ließ und einen Bombenschlag in Deutschland verhindert hat, werden die Ereignisse von den schwedischen Geheimdiensten unter den Teppich gekehrt. Sara will sich an das Schweigegebot halten, doch dann wird ein Ex-Spion ermordet, der sie wenige Tage zuvor vergeblich um Rückruf gebeten hatte. Obwohl sie an ihrer neuen Stelle in der Kriminalpolizei bereits genug mit einer Mordserie in der Unterwelt zu tun hat, lässt ihr schlechtes Gewissen sie erneut in der Spionagewelt herumstochern. Dabei scheint sie einen Agenten namens Faust mit einer Vergangenheit in der RAF gegen sich aufzubringen …

„Faust“ setzt die Ereignisse von Geiger relativ nahtlos fort, kann aber grundsätzlich als Standalone gelesen werden, auch wenn ich dies nicht empfehlen würde. Zwar werden die relevanten Querverbindungen größtenteils erklärt, man spoilert sich aber zum einen für den Vorgängerband und nimmt sich andererseits noch viel mehr Details, die hier aufgegriffen werden.

Die Handlung ist dabei – wie im Vorgänger – hochspannend und abwechslungsreich. Gustaf Skördeman webt dabei Elemente des Menschenhandels, von Clankriminalität, religiösem Fanatismus und von sexueller Gewalt in den Spionagethriller mit ein und schafft so einen hochkomplexen Roman, dessen Handlungsstränge trotzdem gut zusammenlaufen. Leider endet der Roman nach Abschluss der Kernhandlung mit einem Cliffhanger, der gänzlich unnötig ist und etwas den Charakter als Standalone zerstört.

Das Setting ist naturgemäß gelungen, entführt den Leser in ein Stockholm zwischen Clanstrukturen und High Society – unglaublich vielfältig, auch wenn einzelne Aspekte wie die rechtliche Situation am Freihafen beim ersten Lesen etwas unlogisch erscheinen. Gustaf Skördemans Schreibstil ist dabei leicht und flüssig lesbar.

DIe einzelnen Charaktere entwickeln sich im Verlauf des Romanes weiter, auch wenn die Entwicklung von Sara und Martin etwas erschreckend daherkommt. Am stärksten überzeugen mich in diesem Band hingegen Ebba, Nadja und Thörnell.

DIe Buchgestaltung ist auf ganzer Linie gelungen. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, das Cover ist atmosphärisch, sorgt für einen hohen Wiedererkennungswert, fügt sich gut in die Reihe ein und zieht sich über den gesamten Buchumschlag, sodass ein einheitlicher Gesamteindruck entsteht, wenn auch etwas der Bezug zur Handlung fehlt. Zudem ist das Cover auf dem Titel, dem Buchrücken und der Coverrückseite hochwertig geprägt und das Buch mit farbigen Coverinnenseiten und einem farbigen Buchschnitt versehen.

Mein Fazit? „Faust“ ist eine gelungene Fortsetzung der Spionagethriller, die vor allem durch die spannende Handlung und die teils krasse Charakterentwicklung brilliert, es aber gerade mit dem Cliffhanger am Ende auch etwas übertreibt. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab dem vom Verlag empfohlenen Lesealter von mindestens 16 Jahren.

[Buchgedanken] Gustaf Skördeman: „Geiger“ (Sara Nowak 1)

Vor kurzem habe ich „Geiger“ von Gustaf Skördeman gelesen, den ersten Band um Kommissarin Sara Nowak. Das Buch ist 2021 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2020 unter dem gleichen Titel bei Bokförlaget Polaris veröffentlicht. Der Roman ist dabei als Thriller / Agententhriller einzuordnen, für die Übersetzung aus dem Schwedischen zeichnet Thorsten Alms verantwortlich.

Das Festnetz-Telefon klingelt, als sie am Fenster steht und ihren Enkelkindern zum Abschied winkt. Agneta hebt den Hörer ab. „Geiger“, sagt jemand und legt auf. Agneta weiß, was das bedeutet. Sie geht zu dem Versteck, entnimmt eine Waffe mit Schalldämpfer und tritt an ihren Mann heran, der im Wohnzimmer sitzt und Musik hört. Sie setzt den Lauf an seine Schläfe – und drückt ab. Als Kommissarin Sara Nowak von diesem kaltblütigen Mord hört, ist sie alarmiert. Sie kennt die Familie seit ihrer Kindheit …

„Geiger“ ist eine Mischung aus Thriller und Schwedenkrimi, Agenten- und Spionageroman. Dabei ist „Geiger“ der Beginn einer Trilogie um die Kommissarin Sara Nowak, der zweite Band „Faust“ ist ebenfalls bereits erschienen und wird in Kürze hier auch vorgestellt, da er mir als Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfgung gestellt worden ist.

Die Handlung in „Geiger“ ist dabei hochspannend und abwechslungsreich, eskaliert immer mehr und zieht Kreise bis in die hohe Weltpolitik, was dem ganzen etwas Glaubhaftigkeit nimmt, die Spannung aber nicht mindert. Hierbei werden neben der Spionage auch Themen wie Kindesmissbrauch, Einwanderung, familiäre Konflikte oder Prostitution behandelt, wobei der Handlungsstrang hinsichtlich der Prostitution aufgrund des in Schweden angewandten Nordischen Modells für hiesige Leser sehr ungewohnt anmutet. Leider endet das Buch für mich zudem ein, zwei Kapitel zu früh, da doch einige Punkte nicht aufgeklärt und so mutmaßlich in die Folgebände verlagert werden.

Das Setting begeistert durch die dargestellten Gegensätze zwischen High-Society und Rotlichtmilieu, zwischen ideologischem Fanatismus und fanatischem Ehrgeiz, zwischen Wahrheitssuche und Vergangenheitsbewältigung. Dabei ist Gustaf Skördemans Schreibstil trotz der schweren Themen leicht und flüssig lesbar.

Die einzelnen Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei begeistern neben Sara vor allem Breuer und Agneta, während Saras Partner David noch sehr blass bleibt, wird für ihn doch ein großer, innerer Konflikt angelegt, der aber nichts zur Handlung beiträgt – eventuell wird ja auch darauf in einem der Folgebände noch zurückgegriffen.

Die Buchgestaltung ist gelungen. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, das Cover ist atmosphärisch, das Titelmotiv zieht sich dabei über den gesamten Buchumschlag. Dabei ist das Buch mit einem farbigen Buchschnitt und einer leichten Prägung auf Titel, Buchrücken und Coverrückseite hochwertig ausgestattet und bietet zusammen mit Band zwei einen guten Gesamteindruck der Reihe mit hohem Wiedererkennungswert.

Mein Fazit? „Geiger“ ist ein sehr gutes Romandebüt, ein hochspannender Thriller, der mit einem tollen Setting und einer abwechslungsreichen Handlung glänzen kann, dabei aber auch etwas eskaliert und minimal zu früh endet. Für Liebhaber des Genres in jedem Fall bedenkenlos zu empfehlen – ab dem vom Verlag vorgeschlagenen Lesealter von 16 Jahren.

[Buchgedanken] Jonathan Lee: „Der große Fehler“

Vor einiger Zeit habe ich „Der große Fehler“ von Jonathan Lee gelesen. Das Buch ist 2022 in der Diogenes Verlag AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2021 unter dem Titel „The Great Mistake“ bei Alfred A. Knopf, New York, veröffentlicht. Vielen Dank an dieser Stelle an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de. Das Buch ist als Romanbiographie einzuordnen, für die Übersetzung zeichnet Werner Löcher-Lawrence verantwortlich.

Die Welt besteht aus Fehlern und Flickversuchen. Und manchmal aus seltsamen Missverständnissen. Andrew Green ist tot. Erschossen am helllichten Tag, an einem Freitag, den 13. Spekulationen schießen ins Kraut. Verdankt New York dem einstigen Außenseiter doch unter anderem den Central Park und die New York Public Library. Inspector McClusky nimmt die Ermittlungen auf. Was wussten die übereifrige Haushälterin, der Präsidentschaftskandidat Tilden und die brillante Bessie Davis, der halb New York zu Füßen liegt?

„Der große Fehler“ ist … ja was eigentlich? Von mir als Romanbiografie betitelt, bei Amazon unter anderem als Gegenwartsliteratur und als Polizeikrimi geführt, vereint der Roman doch mehrere Genres zu einem nicht immer wirklich überschaubaren Kuddelmuddel. So erzählt „Der große Fehler“ episodisch in Rückblenden aus dem Leben von Andrew Green, abwechselnd zur Darstellung der Emittlungen von McClusky.

Die Handlung ist daher sprunghaft und nur lose chronologisch, hilfreich wäre es gewesen, die Kapitel zumindest mit Jahreszahlen zu überschreiben. Auch ist die Schwerpunktsetzung nicht immer gelungen. So wird einzelnen Episoden und Handlungssträngen übermäßig viel Raum eingeräumt, während spannende Phasen wie das Wirken Andrew Greens vernachlässigt werden.

Setting, Sprache und Atmosphäre überzeugen hingegen. Der Autor nimmt den Leser mit auf eine Reise in das New York bzw. Amerika des 19. und (sehr frühen) 20. Jahrhunderts, in eine Zeit voller Vorurteile, Rassendiskriminierung und Klassenunterschiede, ohne diese Themen jedoch zu sehr zu politisieren und aus der heutigen Sicht zu beleuchten.

Der Schreibstil des Autors lässt sich – trotz der historischen Themen – im Wesentlichen gut und flüssig lesen, ist beschreibend, jedoch nicht störend oder ermüdend. Bei den Figuren überzeugt Mrs. Bray als Nebencharakter genau wie Samuel Tilden.

Die Buchgestaltung ist im Wesentlichen gelungen, Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, der Buchumschlag und das Buch darunter sind verlagstypisch schlicht, das Covermotiv bietet aber immerhin mehrere Anklänge an die Handlung.

Mein Fazit? „Der große Fehler“ ist eine interessante Romanbiographie über einen amerikanishcen Visionär, die vor allem durch Setting und Sprache punktet, leider jedoch gerade die Visionen etwas vermissen lässt. Für Liebhaber des Genres bedenkenlos zu empfehlen, aber definitiv nicht – wie im Blurb auf dem Buchrücken angegeben – der „beste amerikanische Roman des Jahres“.