[Buchgedanken] Akwaeke Emezi: „Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“

Vor kurzem habe ich auch „Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“ von Akwaeke Emezi gelesen. Das Buch ist 2023 bei Hanser Berlin in der Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG erschienen, die Originalausgabe wurde 2022 unter dem Titel „You made a Fool of Death with your Beauty“ bei Atria Books, Simon & Schuster, Inc. veröffentlicht. Das Buch ist dem Genre Liebesroman zuzuordnen, für die Übersetzung zeichnet Anabelle Assaf verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Fünf Jahre nach dem tragischen Tod ihrer großen Liebe ist Feyi Adekola bereit für Neues, für neue Körper und neue Erfahrungen. Doch schon die erste Begegnung mit einem Fremden stellt ihr Leben völlig auf den Kopf: Sie wird auf eine Privatinsel in der Karibik eingeladen, leckt Mangosaft von den Fingern des gastgebenden Starkochs und steht kurz vor dem langersehnten Durchbruch als Künstlerin. Ihre neue Beziehung scheint perfekt – wäre da nicht dieses überwältigende Verlangen nach der einen Person, die definitiv tabu ist.

„Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“ wird als queer, sexy und opulent beworben, als Neuerfindung des Genres. Dabei ist der Roman weder wirklich queer (allein das Vorhandensein queerer Charaktere macht dies nicht aus), noch wirklich eine Revolution des Genres, haben wir mit Ausnahme des Pairings (ein doch ungewöhnliches Trope) einen eher klassischen Liebesroman mit Elementen eines Schicksalsromans und gelegentlich eingestreuten Sexszenen, die besser in einen New Adult Roman gepasst hätten, so unreif und experimentierfreudig sich die eigentlich gesettelten Protagonisten teils geben.

Sexy und opulent ist die Handlung jedoch – dies ist aber nicht zwingend ein Qualitätsmerkmal, wird dadurch die Story doch teils arg oberflächlich, wenn einfach jede handelnde Person bis in die Nebenrollen wunderschön und wohlhabend ist. Zwar sind durchaus auch tolle Szenen vorhanden – gerade im Hinblick auf den Schaffensprozess von Feyis Kunst brilliert die Autorin -, insgesamt bleibt die Handlung aber teils unverständlich, nicht nachvollziehbar, und teils sogar bedenklich, wenn man hier nur beispielhaft an den ungeschützten Geschlechtsverkehr mit absolut Fremden auf einer Party denkt.

Dahingegen kann das Setting auf ganzer Linie glänzen – hier macht sich das „sexy und opulent“ bezahlt, entführt die Autorin den Leser doch einerseits ins pulsierende New York und andererseits auf eine Karibikinsel mit Traumvilla, Infinity Pool und wunderschöner Natur. Zeitgleich wird der Leser in die High Society gezogen mit Vernissage, Galadinner und Sterneküche; eine kulinarische Welt, die so fremd ist, dass teils die Produkte hierzulande nicht einmal landläufig bekannt sind.

Die einzelnen Figuren haben Stärken und Schwächen, sind jedoch teils oberflächlich, handeln wenig nachvollziehbar. Vollends überzeugen kann hier nur Joy als wichtiger Nebencharakter, gerade Feyi bleibt gänzlich blass – und auch Nasirs Charakterentwicklung ist nicht wirklich plausibel. Nichtsdestotrotz ist Akwaeke Emezis Schreibstil leicht und flüssig zu lesen, sehr bildhaft und lässt das Kopfkino sofort anspringen.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben ordentlich gearbeitet, der Buchumschlag ist farblich ein Eyecatcher, das Motiv allerdings zum Buchrücken unterbrochen, und die Coverrückseite sehr eintönig – hier hätte man ebenfalls das Motiv des Buchrückens fortsetzen können. Auch das unter dem Umschlag befindliche Buch ist eher schlicht. Zuletzt irritiert auch das stilisierte Gesicht auf dem Cover – augen- und nasenlos sorgt es eher für Unbehagen.

Mein Fazit? „Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“ ist ein Liebesroman, der mit einem wunderschönen Setting brilliert, aber auch oberflächlich verbleibt. Für Liebhaber ungewöhnlicher Tropes noch zu empfehlen – allerdings nichts für jeden Leser, und erst ab einem Lesealter von 18 Jahren.

[Buchgedanken] Cleo Bennet: „Improper, Miss Trivett!“

Vor einiger Zeit habe ich „Improper, Miss Trivett!“ von Cleo Bennet gelesen. Das Buch ist 2022 im Selfpublishing über tredition veröffentlicht worden und als historischer Erotikroman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

England 1810: Auf seinem Landgut lockt Mr. Teversham die büchervernarrte Gouvernante Miss Bird mit seiner erotischen Büchersammlung in eine bizarre Hörigkeit. 1865 stößt die junge Emily Trivett in der Bibliothek von Uppington Hall auf den Roman, der Miss Birds pikantes Abenteuer beschreibt. Während Emily fasziniert dem Zusammenhang zwischen der Fiktion, dem Herrenhaus und ihrer schrulligen Großtante Mabel nachspürt, entgeht ihr völlig, dass der Bibliothekar von Uppington sich beileibe nicht nur für das Abstauben ehrwürdiger Folianten interessiert.

„Improper, Miss Trivett!“ ist ein Roman, der sich nur schwerlich einordnen lässt und am ehesten aufgrund des Settings als historischer Erotikroman beschrieben werden kann. Gleichsam ist der Roman teils aber auch satirisch, fast an der Grenze zur Karikatur- und ist eine Erzählung, die sich über mehrere Ebenen erstreckt, werden im Buch doch weitere von den Protagonisten gelesene Bücher (bzw. Auszüge) abgedruckt, in denen die dortigen Potagonisten weitere – dort abgedruckte – Bücher lesen.

Demzufolge spielt die Handlung auf mehreren Ebenen – und in diversen Zeiten. Auf die kurz vor Schluss zusätzlich eingestreute, weitere Handlungsperspektive von Mabel hätte man hier durchaus aber verzichten können. Insgesamt hat das Buch – gerade zu Anfang – doch einige Längen, ist unterhaltsam, aber teils grotesk drüber und lässt – zumindest im ersten Teil – als Erotikroman gerade die Erotik etwas vermissen, was sich aber später legt.

Das Setting vermag hingegen auf ganzer Linie zu überzeugen. So entführt Cleo Bennet den Leser ins viktorianische England – vor allem in die ländliche Provinz, zwischen Kirchgang, Bibliothek und Müßiggang – übertrieben eskapistisch und daher vielleicht nicht in jedweder Einzelheit authentisch, aber umso humorvoller.

Die einzelnen Charaktere sind eher eindimensional gestaltet um ihre Rollen zu spielen – insbesondere in den Nebenrollen wie den Kneebones, den Wilberforces oder Mr. Atwood. Lediglich Mr. Blake kann hier glänzen und überrascht, frustriert den nach Action suchenden Leser aber gleichermaßen durch seine stoische Ruhe. Cleo Bennets Schreibstil lässt sich dabei leicht und flüssig lesen.

Die Buchgestaltung ist durchwachsen. Lektorat und Korrektorat sind nur Kleinigkeiten durchgerutscht, der Buchsatz macht hingegen einen leicht verwirrenden und unausgegorenen Eindruck – hier hätte etwas mehr Klarheit, etwas mehr Linie und ein weniger an Schriftarten und Formatierungen sicherlich gut getan. Das Covermotiv ist wunderschön und ein absoluter Eyecatcher – wenn auch etwas der Bezug zur Handlung fehlt. Der restliche Buchumschlag ist schlicht und eher eintönig.

Mein Fazit? „Improper, Miss Trivett!“ ist ein unterhaltsamer und im letzten Teil doch erotischer Erotikroman, aber auch mit Längen und teils schematischen Charakteren. Für Leser des Genres dennoch zu empfehlen – ab einem Lesealter von 18 Jahren.

[Buchgedanken] Sophie Andresky: „Vögelwild“

In der letzten Zeit habe ich „Vögelwild“ von Sophie Andresky gelesen. Das Buch ist 2022 bei Heyne Hardcore, Wilhelm Heyne Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, erschienen und als erotischer Roman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Nach Mareis vögelfreiem Jahr ohne Tabus und Regeln kommt nun ihre Nichte Louise zum Zug: Ein Jahr Auszeit und nichts als Sex. Ihren prüden Ex hat sie abserviert und einen Traumjob in den Südtiroler Bergen ergattert. Als Mädchen für alles soll sie einem freizügigen Galeristenpaar zur Hand gehen. Sie steht Modell, trainiert die Hausherrin und assistiert bei der einen oder anderen Orgie. Und hat nebenbei Sex en masse. Das wird der Sommer ihres Lebens, und er wird heiß und feucht.

„Vögelwild“ ist die lose verknüpfte Fortsetzung von „Vögelfrei“, aber in jedem Fall unabhängig davon lesbar. Zwar treten vereinzelt bekannte Charaktere in Erscheinung, die Handlung ist jedoch losgelöst und unproblematisch zu verstehen. Schwierigkeiten bereitet hingegen die Genrezuordnung. Während ich oben noch die Eingruppierung des Verlags übernommen habe, lässt sich „Vögelwild“ nicht wirklich klar zuordnen. Zwar sorgt die als Thriller ausgestaltete Rahmenhandlung dafür, dass das Buch nicht zum pornografischen Roman hinabgleitet, konsequenterweise wäre der Roman dann aber auch als erotischer Thriller / erotic suspense zu bezeichnen.

Dabei verbleibt die Rahmenhandlung – auf die auch mit keinem Wort im Klappentext hingedeutet wird – jedoch im Hintergrund und vermag, keine rechte Spannung zu erzeugen, ist sie doch auch etwas abstrus konstruiert – und nur Kulisse für die erotischen Szenen, die im Wesentlichen überzeugen können, genretypisch aber nicht zwingend realitätsgetreu sind.

Hingegen brilliert der Roman mit seinem Setting. Ein modernes Chalet im malerischen Südtirol, eine unterirdische Kunstgalerie und abgelegene Weiden und Bergseen – die Autorin entührt den Leser an wunderschöne Sehnsuchtsorte, die auch Kulisse für einen Film sein könnten. Durch den leicht und flüssig zu lesenden Schreibstil von Sophie Andresky springt zudem das Kopfkino sofort an und lässt den Leser sich nach Südtirol träumen.

Die einzelnen Charaktere sind mal mehr, mal weniger detailliert ausgearbeitet. Insbesondere überzeugen hier Constanze und Gemma sowie Sergej als Antagonist, während Louisa fernab der sexuellen Eskapaden etwas blass bleibt. Vielleicht tritt sie ja, ähnlich wie Gemma, in einem weiteren Buch in Erscheinung und kann dort noch etwas an Profil gewinnen.

Die Buchgestaltung ist solide. Der Buchsatz ist fehlerfrei, Lektorat und Korrektorat sind einzelne Dinge durchgerutscht, die aber den Lesefluss nicht wesentlich hemmen. Der Buchumschlag ist auf dem Cover, der Coverrückseite und dem Buchrücken hochwertig geprägt und farblich auffällig, das Titelmotiv ein Eyecatcher, der allerdings etwas mehr Bezug zur Handlung hätte haben können.

Mein Fazit: „Vögelwild“ ist ein erotischer Thriller, der vor allem dank seines malerischen Settings und der hocherotischen Szenen brilliert, die Thrillerhandlung dabei aber etwas vernachlässigt. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von 18 Jahren.

[Buchgedanken] Joy Styx: „Skinborn – Heiße Küsse, scharfe Krallen“

Vor kurzem habe ich „Skinborn – Heiße Küsse, scharfe Krallen“ von Joy Styx gelesen. Das Buch ist 2021 im Feuertanz Verlag, einem Label des VA-Verlags erschienen. Vielen Dank an dieser Stelle an den Verlag an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.

Skinborn – Hautgeburt. Nur eine von vielen Bezeichnungen, die ich mir anhören muss. Die beschreiben, wer ich bin. Oder besser: was ich bin. Mein Name ist Lynn, ich bin sechzehn Jahre alt und Expertin im Nicht-dazugehören, Zwischen-den-Stühlen-sitzen und allgemeinem Außenseitertum. Dazu vielleicht noch ein wenig frühreif, aber es wäre nett, wenn ihr das gegenüber meinen Pflegeeltern nicht erwähnt, sonst gibt’s nur wieder Ärger. Wie arg es um mich wirklich bestellt ist, erfahre ich allerdings erst, nachdem ich eines Morgens mitten im Wald aufwache. Ohne einen Fetzen Stoff am Leib und mit ebensowenig Ahnung, wie ich da hingekommen bin. Doch die Suche nach meiner Herkunft geht weit darüber hinaus, den Weg aus dem Wald zu finden. Was ich dabei erfahre, stellt mein ohnehin nicht geradliniges Leben endgültig auf den Kopf – und zwar mit Anlauf und Doppelsalto. Beziehungsweise mit Fell und Fangzähnen. Und dass in dem ganzen Chaos mein heimlicher Schwarm kräftig mitmischt, macht die Sache zwar ausgesprochen reizvoll, aber nicht unbedingt einfacher. Begonnen hat die Geschichte allerdings schon vorher und ohne meine Beteiligung, mit einer scheinbar harmlosen, wenn auch nicht jugendfreien Begegnung am Straßenrand, auf dem Weg von L.A. nach Las Vegas …

„Skinborn – Heiße Küsse, scharfe Krallen“ ist eigentlich eine Sammlung von drei Kurzromanen, so werden die ersten 120 Seiten aus der Sicht von Doug, die nächsten 130 aus der Sicht von Lynn und die letzten Seiten aus der Sicht von Chenny erzählt. Und während Teil 2 & 3 noch nahtlos ineinander übergehen, liegen zwischen den ersten beiden Teilen etwa 16 Jahre, sodass der Bruch doch schon sehr heftig ist – hier hätte man mindestens 2 (und eher 3) Romane draus machen sollen.

Auch die Genrezuordnung fiel mir nicht einfach. Während das Buch als „Werwolf-Romance“ auf dem Cover beworben, und vom Autor als Paranormal Romance betitelt wird, ist dies nicht so ganz korrekt. Während der zweite Teil – und in dem Zusammenang auch der dritte – vielleicht noch gerade so als Paranormal Romance bzw. Romantasy durchgehen würden (auch wenn hier der Erotikanteil ebenfalls schon zu ausgeprägt ist), geht es doch um ein Mädchen, was paranormale Fähigkeiten entwickelt und sich verliebt, ist der erste Teil schlichtweg dem Genre „Erotik“ – bzw. wenn man es bilden möchte „Paranormal Erotic“ zuzurechnen. Die Handlung ist – und bleibt – wichtig, der Autor gleitet nicht ins Pornografische ab, aber die Sexszenen sind doch so zahlreich und dominant, dass sich eine andere Einschätzung schlicht verbietet (was auch die vom Verlag empfohlene Leseempfehlung ab 18 zeigt, ist Romance doch eher so ab 15, 16, 17 Jahren eingeordnet).

Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich, lediglich der große Zeitsprung stört etwas. Da jedoch auch Lynn – mit der man sich gut identifizieren kann – gerade erst ihre paranormalen Fähigkeiten entdeckt, lernt man mit ihr zusammen die Welt kennen, bzw. neu kennen – die Geschichte spielt ja in der realen Welt. Dabei hätte hier im Sinne eines noch besseren Weltenbaus vielleicht noch stärker auf die Entwicklung der unterschiedlichen Stämme eingegangen werden können, aber vielleicht geschieht dies ja in den potentiellen Folgebänden.

Das Setting hingegen überzeugt auf ganzer Linie. Abgelegene Diner und Motels, Naturparks und idyllischer Kleinstadtflair auf der einen Seite, Los Angeles und amerikanische Sandstrände auf der anderen – der Autor führt den Leser auf eine Reise quer durch die USA, zeigt die Facetten des spannenden Landes auf. Auch die Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben stärken und Schwächen, Ziele und Motive. Hierbei überzeugt vor allem Lynn mit ihrer Ich-Perspektive, während auch Nebencharaktere wie Bob oder Sue glänzen können.

Die Buchgestaltung ist insgesamt solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben ordentlich gearbeitet. Die Covergestaltung ist jedoch durchwachsen. Während Buchrücken und Coverrückseite noch gelungen sind – sieht man mal davon ab, dass die Coverrückseite so von Text überfrachtet ist – können weder die Covergestaltung, noch der doch eher schlechte Druck überzeugen. So ist der Autorenname kaum lesbar, der Titel geht ebenfalls unter. Und auch das Covermotiv an und für sich ist etwas nichtssagend – hier ist viel Potential verschenkt worden.

Mein Fazit? „Skinborn – Heiße Küsse, scharfe Krallen“ ist ein Paranormal-Erotic Roman, der vor allem durch eine spannende Handlung, eine tolle Protagonistin und ein gelungenes Setting überzeugt, der aber auch in (mindestens) zwei Bücher hätte aufgespalten werden sollen. Für Liebhaber des Genres bedenkenlos zu empfehlen – allerdings nicht unter dem vom Verlag empfohlenen Lesealter ab 18 Jahren.

[Buchgedanken] Nora Bendzko: „Die Götter müssen sterben“

In der letzten Zeit habe ich „Die Götter müssen sterben“ von Nora Bendzko gelesen. Der Roman ist 2021 bei Knaur Taschenbuch im Knaur Verlag, Droemer Knaur Gmbh & Co. KG veröffentlicht worden und den Genres Dark Fantasy und Historical Fantasy zuzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares.

Troja wird fallen – und die Götter müssen sterben! So besagt es eine Prophezeiung von Artemis selbst, der mächtigen Göttin der Jagd, Herrin des Mondes und Hüterin der Frauen. Wenn die prunkvolle Stadt in Schutt und Asche liegt und das Schicksal der Götter besiegelt ist, sollen die Amazonen die Welt beherrschen. Doch Artemis segnet ausgerechnet Areto, die keine Kriegerin ist, mit ihren Kräften. Wie kann eine wie sie der Macht einer Göttin würdig sein? Aretos Erwählung spaltet die Amazonen in zwei Lager – ein Konflikt, der ihrem Volk im Trojanischen Krieg den Untergang bringen könnte.

Puh, das war ein wilder Ritt, auf den Nora Bendzko ihre Leser mitgenommen hat. „Die Götter müssen sterben“ ist im positiven Sinne unangepasst, brutal, erotisch und grenzüberschreitend. Es mischt die Genres von Dark Fantasy, Historical Fantasy und Mythic Fiction und bringt dem Leser die Welt der griechischen Götter- und Heldensagen näher – in einer Weise, auf die George R. R. Martin stolz wäre, metzelt sich die Autorin doch durch die Reihen von Freund und Feind und pflastert die Buchseiten mit Leichen von liebgewonnenen Charakteren.

Doch bevor ich genauer zur Handlung komme, möchte ich noch auf einige andere Punkte eingehen. So kann man zu Triggerwarnungen stehen, wie man will – meines Erachtens kann man, wenn man zu einem Buch des Genres Dark Fantasy greift, durchaus von den Tropes ausgehen, die hier verwendet worden sind, diese sind sicherlich in dem Genre keine Seltenheit. Nichtsdestotrotz ist die Triggerwarnung in dieser Allgemeinheit und Kürze durchaus noch angemessen, ich hätte mir aber gewünscht, dann konsequenterweise im ellenlangen Nachwort vielleicht zu den angesprochenen Themen Depression und Suizidalität Beratungs- und Kontaktstellen verlinkt zu bekommen. Auch ist es richtig und wichtig, dass Nora hier einen sehr diversen Cast an Protagonisten zusammengestellt hat und für Sichtbarkeit sorgt, die gerade in historischen Romanen aufgrund der Eindimensionalität der Geschichtssschreibung oftmals fehlt. Dennoch geht mir hier die konsequente Nutzung der sogenannten Neopronomen im Zusammenhang mit Iphito zu weit, gibt es doch noch keine allgemeine Sprachregelung dafür und mindert die Lesbarkeit.

Das Setting ist – erwartbar – brillant. Troja, Athen, Themiskyra – die Schauplätze sind spannend und gut gewählt, auch wenn ich mir teils noch anschaulichere Beschreibungen gewünscht hätte. Nichtsdestotrotz gelingt es Nora Bendzko, sofort das Kopfkino zum Laufen zu bringen, sodass man das Buch nicht aus der Hand legen möchte. Auch die Handlung fesselt den Leser, ist spannend, abwechslungsreich und wartet immer mal wieder mit unerwarteten Wendungen auf.

Die einzelnen Charaktere sind vielschichtig angelegt, haben Stärken, Schwächen, eigene Ziele und Motive. Besonders überzeugt haben hier Penthesilea, Phileas und Melanippe, aber auch einige der Götter und Helden wie Artemis und Achilles, sodass ich mir noch viele weitere Bücher über die verflochtene Götterwelt der Autorin wünschen würde. Dabei ist Noras Schreibstil schonungslos ehrlich und brutal, aber – im Wesentlichen – flüssig und leicht zu lesen.

Die Buchgestaltung vermag ebenfalls im Großen und Ganzen zu überzeugen. So haben Lektorat, Korrektorat und Buchsatz sauber gearbeitet, das Cover ist wunderschön, ein wahrer Eyecatcher und mit tollen Klappen versehen. Lediglich die farbigen Coverinnenseiten kommen hier etwas einfach daher, zudem hätte man durchaus auch auf eine etwas hochwertigere Prägung setzen können. Abschließend hätte ich mich – vor oder nach der Handlung – auch über ein Tableau der Götter- und Heldenwelt, einen Stammbaum des griechischen Olymps, sehr gefreut, hätte dieser doch, wie auch eine Karte, dem Leser prägnant und bildhaft relevante Informationen übermitteln können.

Mein Fazit? „Die Götter müssen sterben“ ist ein unglaublich dichter, athmosphärischer und spannender Dark-Fantasy-Roman, der vor allem durch eine tolle Handlung und ein brillantes, mythologisches Setting punkten kann und nur kleine Schwächen aufweist. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – aufgrund der expliziten Sexszenen und der exzessiven Gewalt alledings nicht für Leser unter 17, vielleicht auch erst ab 18 Jahren.