[Buchgedanken] Arnaldur Indriðason: „Das dunkle Versteck“ (Kommissar Konráð 5)

Vor kurzem habe ich auch „Das dunkle Versteck“ von Arnaldur Indriðason gelesen. Das Buch ist 2024 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2022 unter dem Titel „Kyrrþey“ bei Forlagið veröffentlicht. Das Buch ist dabei als Kriminalroman einzuordnen, für die Übersetzung zeichnet Freyja Melsted verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Nach dem Tod ihres Mannes findet Halla eine Pistole in einer Garage mitten in Reykjavík. Sie bringt sie zur Polizei. Als der pensionierte Kommissar Konráð davon erfährt, erinnert er sich, dass sein Vater eine ebensolche Waffe besaß. Ein Mitarbeiter der Spurensicherung findet zudem heraus, dass aus dieser Waffe der tödliche Schuss in einem anderen ungeklärten Fall stammt. Damals wurde ein Mann namens Garðar aus heiterem Himmel erschossen. Konráð nimmt nun privat Ermittlungen auf, weil er wissen will, was sein Vater mit den Verbrechen zu tun hat. Eine Spur führt zu Gústaf, einem Arzt, der wegen Kindesmissbrauchs im Gefängnis sitzt. Auch Konráðs Vater war damals mit diesem Arzt in Kontakt …

„Das dunkle Versteck“ ist der fünfte Band der Reihe um den mittlerweile pensionierten Kommissar Konráð und ein klassischer isländischer Kriminalroman, auch wenn genrebedingt die Grenzen zum Thriller hier natürlich sehr fließend sind. Dabei lässt sich das Buch zwar als Standalone lesen, jedoch würde ich es empfehlen, die anderen Bände vorab zu lesen, da dann – vermutlich – ein besserer Überblick über die Handlung und Figurenentwicklung möglich gewesen wäre.

Denn so war die Handlung zwar durchaus spannend, aufgrund der multiplen Zeitebenen und diversen Handlungsstränge allerdings auch sehr komplex, an der Grenze zu verworren – nie hatte man hier das Gefühl, dass es wirklich stringend voran geht, ein klarer roter Faden fehlte mir. Nichtsdestotrotz schmiedete Indriðason hier ein Potpourri aus organisierter Kriminalität, Korruption, Kindesmissbrauch und persönlichen Rachefeldzügen, das – wenn man schlussendlich mal dahintergestiegen ist – durchaus zu begeistern weiß.

Das Setting vermag hingegen von Beginn an zu überzeugen. So entführt der Autor die Leser:innen nach Reykjavik und erschafft aufgrund der Zeitsprünge ein Porträt einer Stadt im Wandel, in der Wellblechhüttenslums der Kapitalisierung weichen müssen, in der jedoch auch weiterhin Obdachlose in kalten Winternächten auf Parkbänken erfrieren. Etwas klischeehaft hangelt sich Konráð dabei gefühlt von Schneesturm zu Schneesturm, dies tut der besonderen Atmosphäre des Romans jedoch keinen Abbruch.

In den Figuren konzentriert sich der Autor zentral auf Konráð, alle weiteren Figuren werden in der Regel nur kleinere Nebenrollen angedacht, deren Entwicklung daher durchaus etwas vernachlässigt. Konráð hingegen ist vielschichtig und dreidimensional, hat Stärken und Schwächen, Ziele und Motive. Dies trifft darüber hinaus noch am ehesten auf Marta zu. Arnaldur Indriðasons Schreibstil lässt sich zudem flüssig und leicht lesen und das Kopfkino sofort anspringen.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat und Korrektorat sind nur Kleinigkeiten durchgerutscht, der Buchsatz ist fehlerfrei aber auch sehr konservativ. Das Covermotiv kann die düstere Atmosphäre des Romans gut auffangen, das unter dem Umschlag befindliche Buch ist zwar schlicht, wartet jedoch überraschend mit toll gestalteten, farbigen Coverinnenseiten auf, auf denen die Karte Islands und ein Stadtplan Reykjaviks präsentiert werden.

Mein Fazit? „Das dunkle Versteck“ ist ein Kriminalroman, der vor allem mit seinem Setting und einer starken Atmosphäre punkten kann, dessen Handlung jedoch zuweilen zu verworren daherkommt. Für Leser:innen des Genres dennoch bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von 16 Jahren.

Hochspannung im Doppelpack | Bloggerjury-Buchpost

In dieser Woche erreichten mich zwei neue, hochspannende Romane als Rezensionsexemplare über die Bloggerjury von Bastei Lübbe – vielen Dank dafür! „Der Stich“ von Thilo Winter ist dabei ein hochaktueller Wissenschaftsthriller, „Das dunkle Versteck“ von Arnaldur Indridason der fünfte Band der Island-Krimi-Reihe um Kommissar Konráð – mein zweites Buch des Autors nach „Gletschergrab“. Da sind spannende Lesestunden vorprogrammiert!

Mögt Ihr spannungsgeladene Romane?

[Buchgedanken] Arnaldur Indridason: „Gletschergrab“

Vor kurzem habe ich „Gletschergrab“ von Arnaldur Indridason gelesen. Das Buch zum gleichnamigen Kinofilm ist in der vorliegenden Ausgabe 2023 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 1999 unter dem Titel „Napóleonsskjölin“ bei Forlagið veröffentlicht, die deutsche Erstausgabe 2005 ebenfalls bei Bastei Lübbe. Der Roman ist dabei als Thriller einzuordnen, für die Übersetzung zeichnen Coletta Bürling und Kerstin Bürling verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Die Eiskappe des Vatnajökull auf Island schmilzt. Die Streitkräfte der US-Basis Keflavík sind in Alarmbereitschaft, denn der Gletscher hütet ein Geheimnis: ein abgestürztes Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg mit brisanter Fracht. Vor der grandiosen Kulisse des ewigen Eises gerät eine junge Isländerin in Lebensgefahr. Sie weiß nur wenig, aber das ist schon zu viel für die Drahtzieher der „Operation Napoleon“ …

„Gletschergrab“ entstammt der Feder des erfolgreichsten isländischen Krimiautors und ist sein erster Roman außerhalb der Reihe um den bekannten Kommissar Erlendur. Dabei handelt es sich jedoch bei „Gletschergrab“ nicht um einen Kriminalroman, sondern – wie oben beschrieben – um einen Thriller, genauer gesagt einen waschechten Spionagethriller mit Bezügen zum zweiten Weltkrieg und dem Kalten Krieg und einer durchscheinenden Kritik an der Stationierung amerikanischer Truppen in Island, die 2006, einige Jahre nach Erscheinen des Buches, auch endete.

Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich und mit einigen, unerwarteten Wendungen versehen, teils aber fast auch schon zu abstrus – und nicht in allen Punkten zwingend logisch. Erschreckend auch die Schilderung politischer Abläufe in den USA, die – selbst wenn damals vielleicht möglich – mittlerweile zumindest überwunden sein sollten, auch wenn es erfrischend ist, einmal einen Roman zu lesen, in dem die Antagonisten dem US-Militär entspringen – was gleichermaßen aber erneut die anscheinend starke Abneigung einiger Isländer und vermutlich auch des Autors hinsichtlich der amerikanischen Militärpräsenz zeigt.

Das Setting ist bestechend, führt es den Leser doch nicht nur auf den Vatnajökull sondern auch auf eine amerikanische Militärbasis und hinein in die höchsten Schaltzentralen amerikanischer Militärpolitik. Gerade auf dem Gletscher hätte ich mir hier jedoch noch etwas mehr Beklemmung, etwas stärkere Schwierigkeiten, einen etwas größeren Kampf mit den Naturgewalten gewünscht – das spielte nahezu keine Rolle, mit Ausnahme dessen, dass das Flugzeug im Schnee versunken war.

Aufgrund der sehr zentralen Verfolgungsjagd ist das Personal an Protagonisten doch relativ beschränkt, nur wenige Charaktere haben wirklich relevante Anteile an der Handlung. Hier überzeugen Miller, Jon und Julius am stärksten, während Steve doch relativ blass, Ratoff relativ eindimensional verbleiben. Auch Kristin kann nur eingeschränkt glänzen, bleiben ihre Handlungen doch nicht immer nachvollziehbar, ihre Entwicklung zur Superspionin teils unglaubhaft. Arnaldur Indridasons Schreibstil hingegen ist rasant und dynamisch, lässt sich leicht und flüssig lesen und sorgt dafür, dass das Kopfkino sofort anspringt.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz sind ordentlich, das Covermotiv zieht sich als einheitliches Gesamtbild über den kompletten Buchdeckel. Das Titelbild spickt sich dabei aus Motiven des Films mit den Darstellern und ist ein wahrer Eyecatcher, lediglich die Filminformationen auf der Coverrückseite sind etwas zu raumfüllend, sind sie doch fast genau so lang wie der eigentliche Klappentext.

Mein Fazit? „Gletschergrab“ ist ein spannender und kurzweiliger Thriller mit tollem Setting, der teils aber auch etwas ins Abstruse und Unlogische abgleitet. Für Leser des Genres – nicht nur für Liebhaber des Films – bedenkenlos zu empfehlen; ab dem vom Verlag angegebenen Lesealter von 16 Jahren.

Von Gletschern und unendlichen Weiten

Auch diese beiden Bücher trudelten vor kurzem als Rezensionsexemplare bei mir ein. „Gletschergrab“, das Buch zum aktuellen Film, von Arnaldur Indridason (Lübbe Verlag) erreichte mich dabei über die Bloggerjury von Bastei Lübbe, während „Glorious Heritage – Das Vermächtnis der Erde“ von Florian Gräfe (Knaur Verlag) im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de zu mir kam – vielen Dank dafür. Ich bin schon ganz gespannt auf die Reisen nach Island und ins All.

Welche Buchverfilmung hat Euch zuletzt begeistert?