Vor kurzem habe ich auch „Gottes Plagen“ von Robert Preis gelesen. Das Buch ist 2023 in der Emons Verlag GmbH veröffentlicht worden und als historischer Roman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.
1463: Stjepan Tomašević, der letzte Despot Serbiens und König von Bosnien, wird von osmanischen Reitern enthauptet. Seine hochschwangere Frau Helena beobachtet die Ermordung und kann mit einem kleinen Gefolge fliehen. Hilfe erhält sie auch von einem Pilger namens Johannes, der sie Richtung Norden ins sichere Graz des Heiligen Römischen Reiches führen will. Doch die Osmanen sind ihnen dicht auf den Fersen, und in einer Zeit von Krankheiten, Plagen und Kriegen scheint am Ende nur noch ein Bild die Hoffnung auf eine Zukunft zu nähren – das Gottesplagenbild am Grazer Dom.
„Gottes Plagen“ ist, auch wenn eine Liebesgeschichte durchaus im Zentrum steht, ein klassischer historischer Roman, der – so die Beschreibung auf der Coverrückseite – „die Geschichte der mittelalterlichen Steiermark lebendig werden lässt“. Ganz konkret deckt der Roman dabei den Zeitraum von 1463 bis 1485 ab, also das ausklingende Spätmittelalter. Dabei sind einige historische Ereignisse um wenige Jahre verschoben worden, was zwischenzeitlich durchaus kurz für Verwirrung sorgt, am Ende im Nachwort jedoch klargestellt und eingeordnet wird.
Die Handlung ist abwechslungsreich und größtenteils spannend – und wird relativ stringent erzählt, da gerade im ersten Teil des Buches nur ein Handlungsstrang besteht, dieser erst auseinanderbricht, wenn die Protagonisten sich trennen. Aber auch danach existieren im Wesentlichen nur zwei Handlungsstränge, die jedoch streng getrennt nacheinander abgearbeitet werden – eine stärkere Verknüpfung hätte dafür gesorgt, dass man nicht so lang auf den jeweils anderen Protagonisten verzichten müsste und hätte einige, kleinere Längen vermieden. Ebenfalls irritieren die teils doch starken Zeitsprünge – insgesamt hat man beim Lesen nicht das Gefühl, dass die Handlung der einzelnen Abschnitte und Kapitel Monate, teils Jahre umfasst.
Das Setting ist naturgemäß brillant, so entführt der Autor den Leser in die mittelalterliche Steiermark, in die Umgebung von Graz, aber auch nach Bosnien und Ungarn – unter anderem auch zu Vlad Draculea, der stark mystifiziert wird. Dabei gelingt es Robert Preis, die Schrecken der damaligen Zeit, das Grauen aber auch die Hoffnung greifbar zu machen, und so ein gutes Porträt der damaligen Ereignisse und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung zu zeichnen.
Die einzelnen Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig ausgearbeitet, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. So glänzen insbesondere wichtige Nebenfiguren wie Manderdinger und Thomas Weiß, aber auch Helena kann größtenteils überzeugen, während Johannes nicht immer nachvollziehbar handelt. Robert Preis‘ Schreistil lässt sich dabei im großen und ganzen leicht und flüssig lesen – trotz der Authentizität, die für eine hinreichende Recherche spricht.
Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat und Korrektorat sind nur Kleinigkeiten durchgerutscht, die den Lesefluss nicht schmälern, der Buchsatz ist sauber und die Geschichte wird durch eine vorangestellte Dramatis Personae und ein abschließendes Glossar, einen Zeitstrang und historische Anmerkungen unterstützt – eine Karte hätte hier allerdings auch gut getan. Der Buchumschlag ist auf Cover, Coverrückseite und Buchrücken leicht geprägt, das Titelbild durchaus passend zur Handlung und genretypisch, wenn es auch irritiert, dass der Buchtitel typografisch nicht ganz aufs Cover passt, sondern die Buchstaben teils abgeschnitten sind.
Mein Fazit? „Gottes Plagen“ ist ein im Wesentlichen überzeugender historischer Roman, der vor allem durch sein tolles Setting punktet, aber auch kleinere Längen und Schwächen in der Handlung hat. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen, ab einem Lesealter von nicht unter 16 Jahren.