[Buchgedanken] Kim Young-tak: „Knochensuppe 1: Der Mörder aus der Zukunft“

Vor kurzem habe ich im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de „Knochensuppe 1: Der Mörder aus der Zukunft“ von Kim Young-tak gelesen. Das Buch ist 2023 bei Golkonda in der Europa Verlage GmbH erschienen, die Originalausgabe wurde 2018 unter dem Titel „Gomtang (Beef Bone Soup)“ und Autorennamen Youngtak Kim bei Arte (Book 21 Publishing Group) veröffentlicht. Der Roman ist dem Genre Science-Fiction zuzuordnen, für die Übersetzung zeichnen Hyuk-sook Kim und Manfred Selzer verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.

2063 in der Küstenstadt Busan: Lee Uhwan, ohne Familie aufgewachsen, einsam und frustriert, wohnt im unteren Bezirk der Stadt, wo man jeden Tag ums Überleben kämpft. Seine Tage verbringt er in einer schwülheißen, stinkenden Küche, in der er sich als Gehilfe verdingt hat. Als ihn sein Chef eines Tages beauftragt, eine Zeitreise in das Jahr 2019 zu unternehmen, um ihm ein verloren gegangenes Rezept für eine Knochensuppe zu besorgen, zögert er keine Sekunde, obwohl diese Zeitreisen lebensgefährlich sind. Damit nimmt das Abenteuer seines Lebens seinen Lauf …

„Knochensuppe 1: Der Mörder aus der Zukunft“ ist der erste Band der Dilogie von Kim Young-tak, die dieser 2018 zuerst online als Gesamtwerk und im gleichen Jahr als zweibändige Printausgabe veröffentlichte. Durch die Anlage als Gesamtwerk ist der Roman schwer als Standalone lesbar, endet das Buch doch durchaus in einem Cliffhanger, auch werden kaum relevante Handlungsstränge aufgelöst. Zudem fällt die Genrezuordnung nicht ganz leicht. So erfüllt der Roman definitiv die Voraussetzungen für die Eingruppierung als Science-Fiction, hat zugleich aber auch Ansätze eines Thrillers, hat ein dystopisches Setting und ist – rein technisch gesehen – sogar eine Familiensaga oder ein Entwicklungsroman.

Die Handlung ist kurzweilig und abwechslungsreich, durchaus mit teils unerwarteten Wendungen versehen, wenn auch gelegentlich sehr verworren und etwas langsam, greifen die einzelnen Handlungsstränge doch erst nach und nach ineinander. Sie wird unaufgeregt, ohne große Spannungsspitzen, zurückhaltend von Kim Young-tak erzählt, dessen Schreibstil dennoch flüssig und gut lesbar ist.

Das Setting ist ungewohnt, aber interessant. So entführt der Autor den Leser nach Busan, in eine Stadt, die er sowohl in der Jetztzeit als auch in einer nahen, dystopischen Zukunft präsentiert, und sorgt damit für einen – positiven – Kulturschock, da er eine doch in der hiesigen Literatur sehr vernachlässigte Region in den Fokus stellt und die Aufmerksamkeit des Lesers darauf richtet, dass ihm teils phantastische Settings bekannter sind, als das, was am anderen Ende der Welt geschieht. Vielleicht ja ein Vorbote einer Welle koreanischer Literatur, die der weltweiten Erfolgsgeschichte anderer Medien (K-Pop, K-Drama) nachzueifern versucht.

Die einzelnen Figuren sind komplex, aufgrund der Vielzahl an Handlungssträngen aber teils noch etwas eindimensional, sodass diese hoffentlich im Folgeband konsequent weiterentwickelt werden. Insbesondere Yang Changgeun und Jongin verbleiben daher noch relativ blass, am ehesten können hier noch Kim Hwayeong und Yu Kanghee überzeugen.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat und Korrektorat haben mit Ausnahme eines riesigen Fehlers im Klappentext und den inkonsistenten Jahresangaben sauber gearbeitet, der Buchsatz ist ordentlich und verdient sich bereits ein Lob dafür, jedes Kapitel auf einer ungeraden Seite zu beginnen. Der Buchumschlag ist mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten versehen, insgesamt aber eher schlicht – genau wie das Titelbild, das aber immerhin mit dem zweiten Band ein einheitliches Reihenbild erzeugt und für Wiedererkennungswert sorgt.

Mein Fazit? „Knochensuppe 1: Der Mörder aus der Zukunft“ ist ein gelungener Auftakt in die doch sehr ungewohnte Dilogie, der vor allem mit dem ungewohnten Setting und der doch besonderen Erzählart punktet, aber auch noch Schwächen in der Handlung und Figurenentwicklung besitzt. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen, ab einem vorgeschlagenen Lesealter von 16 Jahren.