[Buchgedanken] Gustaf Skördeman: „Faust“ (Sara Nowak 2)

Vor kurzem habe ich „Faust“ von Gustaf Skördeman gelesen, den zweiten Band um Kommissarin Sara Nowak. Das Buch ist 2022 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2021 unter gleichem Titel im Bokförlaget Polaris veröffentlicht. Das Buch ist dem Genre Thriller zuzuordnen, für die Übersetzung aus dem Schwedischen zeichnet Thorsten Alms verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Nachdem Sara Nowak das Netzwerk der Stasi-Mitarbeiter in Schweden auffliegen ließ und einen Bombenschlag in Deutschland verhindert hat, werden die Ereignisse von den schwedischen Geheimdiensten unter den Teppich gekehrt. Sara will sich an das Schweigegebot halten, doch dann wird ein Ex-Spion ermordet, der sie wenige Tage zuvor vergeblich um Rückruf gebeten hatte. Obwohl sie an ihrer neuen Stelle in der Kriminalpolizei bereits genug mit einer Mordserie in der Unterwelt zu tun hat, lässt ihr schlechtes Gewissen sie erneut in der Spionagewelt herumstochern. Dabei scheint sie einen Agenten namens Faust mit einer Vergangenheit in der RAF gegen sich aufzubringen …

„Faust“ setzt die Ereignisse von Geiger relativ nahtlos fort, kann aber grundsätzlich als Standalone gelesen werden, auch wenn ich dies nicht empfehlen würde. Zwar werden die relevanten Querverbindungen größtenteils erklärt, man spoilert sich aber zum einen für den Vorgängerband und nimmt sich andererseits noch viel mehr Details, die hier aufgegriffen werden.

Die Handlung ist dabei – wie im Vorgänger – hochspannend und abwechslungsreich. Gustaf Skördeman webt dabei Elemente des Menschenhandels, von Clankriminalität, religiösem Fanatismus und von sexueller Gewalt in den Spionagethriller mit ein und schafft so einen hochkomplexen Roman, dessen Handlungsstränge trotzdem gut zusammenlaufen. Leider endet der Roman nach Abschluss der Kernhandlung mit einem Cliffhanger, der gänzlich unnötig ist und etwas den Charakter als Standalone zerstört.

Das Setting ist naturgemäß gelungen, entführt den Leser in ein Stockholm zwischen Clanstrukturen und High Society – unglaublich vielfältig, auch wenn einzelne Aspekte wie die rechtliche Situation am Freihafen beim ersten Lesen etwas unlogisch erscheinen. Gustaf Skördemans Schreibstil ist dabei leicht und flüssig lesbar.

DIe einzelnen Charaktere entwickeln sich im Verlauf des Romanes weiter, auch wenn die Entwicklung von Sara und Martin etwas erschreckend daherkommt. Am stärksten überzeugen mich in diesem Band hingegen Ebba, Nadja und Thörnell.

DIe Buchgestaltung ist auf ganzer Linie gelungen. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, das Cover ist atmosphärisch, sorgt für einen hohen Wiedererkennungswert, fügt sich gut in die Reihe ein und zieht sich über den gesamten Buchumschlag, sodass ein einheitlicher Gesamteindruck entsteht, wenn auch etwas der Bezug zur Handlung fehlt. Zudem ist das Cover auf dem Titel, dem Buchrücken und der Coverrückseite hochwertig geprägt und das Buch mit farbigen Coverinnenseiten und einem farbigen Buchschnitt versehen.

Mein Fazit? „Faust“ ist eine gelungene Fortsetzung der Spionagethriller, die vor allem durch die spannende Handlung und die teils krasse Charakterentwicklung brilliert, es aber gerade mit dem Cliffhanger am Ende auch etwas übertreibt. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab dem vom Verlag empfohlenen Lesealter von mindestens 16 Jahren.

Von Köln nach Stockholm | Doppelte Buchpost

In der letzten Zeit trudelten unter anderem auch diese beiden Bücher bei mir ein. „Findelmädchen“ von Lilly Bernstein aus dem Ullstein Verlag erreichte mich dabei als Rezensionsexemplar über die vermittelnde Agentur Literaturtest, während „Geiger“ von Gustaf Skördeman aus dem Lübbe Verlag (Bastei Lübbe AG) selbstgekauft ist – es sprang auf die Wunschliste, da der Nachfolger „Faust“ auch als Rezensionsexemplar zu mir kam. In den Büchern erwartet mich dabei eine Reise zwischen Raum und Zeit, vom Köln der 50er-Jahre bis hin zum Stockholm der Jetztzeit. Ich bin schon gespannt, welche Epoche und Geschichte mich mehr faszinieren wird.

Lest Ihr lieber Thriller oder historische Romane?

[Autoreninterview] Tina Skupin im Gespräch

Wie bereits im Bericht zum Messedonnerstag erwähnt, habe ich auch auf der diesjährigen LBM mir wieder eine Autorin geschnappt und live für Euch interviewt – entwickelt sich hier vielleicht eine Tradition? =) Nach Nora Bendzko im letzten Jahr stellte sich dieses Mal Tina Skupin, Hybridautorin und Verlagskollegin beim Verlag ohneohren und beim Burgenwelt Verlag, meinen Fragen. Und nun möchte ich Euch – ohne weitere Vorrede – ihre Antworten auch nicht länger vorenthalten :).

Erik: Hallo Tina, schön, dass du die Zeit für das Interview gefunden hast. Magst du dich für alle Leser, die dich noch nicht kennen, vielleicht kurz vorstellen?

20190321_115401Tina: Schön, dass ich da sein darf. Mein Name ist Tina Skupin, ich schreibe Fantasy, vor allem Urban Fantasy. Ich habe – mit dem neuen – insgesamt fünf Bücher veröffentlicht. Zudem wohne ich in Stockholm, deswegen haben alle meine Bücher einen Hintergrund in der nordischen Mythologie.

Erik: Bevor wir genauer auf deine Werke eingehen: Wir treffen uns ja hier auf der Messe. Ist dies dein erstes Mal in Leipzig? Was erwartest du dir von der Messe und was fasziniert dich daran?

Tina: Es ist tatsächlich mein zweites Mal als Autorin, mein drittes Mal überhaupt. Ich habe früher in Halle gewohnt und dort gearbeitet, deswegen war ich schon einmal auf der Messe. Das war damals riesig, wahnsinnig und erschlagend – ich bin natürlich am Samstag gegangen und wusste es nicht besser. Es war alles voller Bücher und Autoren und noch mehr Bücher. Leipzig ist toll! Was ich mir erwarte? Nette Gespräche, vor allem mit den Lesern. Normalerweise sitzt man als Autor in einem stillen Kämmerlein und hat höchstens über das Internet Kontakt mit den Lesern, was noch dadurch verstärkt ist, dass ich in Schweden wohne. Hier kann ich mit den Leuten immer direkt eins zu eins reden – das ist das beste an der Messe.

Erik: Gerade ist ja der zweite Teil der Valkyrie-Reihe erschienen. Bitte erklär doch den Lesern – möglichst spoilerfrei – was sie von der Reihe erwarten können und was deine Protagonisten ausmacht.

41i6tR4OSNLTina: Valkyrie ist eine klassische Urban-Fantasy-Reihe im Stil der „Dresden Files“ und Seanan McGuire. Meine Protagonistin ist die Walküre Frida, die am Hofe Odins gedient hat, und die plötzlich 1.000 Jahre später in der Zukunft im modernen Stockholm aufwacht. Asgard ist verschwunden, die Norsen leben unerkannt unter den Menschen. Sie muss sich zum einen zurechtfinden, zum anderen möchte sie auch herausfinden, was passiert ist. Im zweiten Band geht es darum, dass die übrigen Norsen, die auch 1.000 Jahre geschlafen haben, alle erwachen und dadurch eine Flüchtlingsproblematik in der Stadt herrscht. Es gibt immer mehr von den Norsen, die sich in der modernen Welt überhaupt nicht auskennen. Daher droht die Entdeckung – und nur Frida kann dies verhindern und eine Lösung finden.

Erik: Du veröffentlichst ja auch Bücher über die Märchenspinnerei. Letztes Jahr hatte ich Nora (Bendzko, Anm. d. Red.) zum Interview, die Teil des Nornennetzes ist. Was ist für dich das Besondere an Autorennetzwerken, was für Vorteile bieten diese dem einzelnen Autor?

Tina: Ich bin ja Hybridautorin, habe sowohl als Selfpublisherin als auch im Verlag veröffentlicht. Als Selfpublisher ist man im Grunde sehr allein, als Teil von einem Netzwerk kann man sich gegenseitig unterstützen, zum Beispiel bei der Werbung. So sind wir als Märchenspinnerei ja auch auf der Leipziger Buchmesse, was für einen einzelnen Selfpublisher nicht zu stemmen, als Gruppe aber möglich ist. Fast noch wichtiger und bemerkenswerter finde ich es, dass man sich gegenseitig, sowohl im Schreibprozess, als auch bei den Veröffentlichungswegen und Problemen unterstützt, bei den ganzen Kleinigkeiten und Schwierigkeiten, denen man sich als Selfpublishingautor stellen muss.

Erik: Pitche doch mal dein aktuelles Schreibprojekt!

Tina: Ich habe derzeit zwei Projekte, mit einem bewerbe ich mich gerade, das andere schreibe ich. Beim einen handelt es sich um ein Space Naval-Projekt, beim anderen um Steampunk Sissi. Welches davon soll ich vorstellen?

Erik: Als Sissi-Fan fällt mir die Entscheidung da nicht schwer – bitte einmal Steampunk Sissi.

Tina: Jeder kennt Sissi, aber nicht mit Flammenwerfern. Es ist Sissi, die Zeit der Habsburger in einem Paralleluniversum, in dem es auch Monster und Geister gibt, um die sich das Ministerium für Monster, Drachen und anderes unnatürliches Gewürm kümmert. Und dann gibt es Sissi und die Liebesgeschichte zwischen ihr und Franz, die auch mit in die Geisterwelt reinspielt.

Erik: Bist du eher der Plotter oder der Discovery-Writer?

Tina: Sowohl als auch. Ich bin, von meiner Ausbildung her, Wissenschaftlerin und habe einen Doktor in Geografie. Deswegen bin ich das Forschen unglaublich gewöhnt, und hole mir bei neuen Ideen immer einen Stapel Bücher und beginne zu forschen. Daher kommen die ganzen Plotideen. Ich sammele dann Ideen, bis ich irgendwann an einem Punkt bin, an dem ich den Protagonisten, den Antagonisten und ungefähr das Hauptdrama kenne. Ich weiß, wo ich hin will, den Schluss, und kenne die ersten drei Kapitel ganz genau. Das ist der Moment, an dem ich beginne, zu schreiben. Ich kann aber tatsächlich nicht erst komplett plotten, das habe ich sogar beim letzten Projekt probiert. Ich lerne die Leute aber erst durchs schreiben kennen, anders geht das für mich nicht. Ich schreibe dann einen sehr schnellen ersten Entwurf, die großen Projekte immer innerhalb des NaNos. Wenn dieser fertig ist, weiß ich genau, wie das Buch aussehen soll. Dann mache ich mir einen genauen Szenenplan und schreibe das Buch quasi nochmal.

Erik: Hast du einen besonderen Buchtipp für uns?

51Ou2IQAX8L._SX326_BO1204203200_Tina: Anna Holubs: „Der Meerschaum“ ist ein Buch in der Märchenspinnerei. Es handelt sich um einen skandinavischen Thriller, eine Adaption der Meerjungfrau. Luzia Pfyls: „Das Ministerium der Welten“ gefällt mir als Serie auch sehr gut, das war auch eine meiner Inspirationen für Sissi.

Erik: Wer sind deine schriftstellerischen Vorbilder und warum?

Tina: Ich würde sagen Seanan McGuire und Terry Pratchett. Beide schaffen es, ganz tiefgründige, menschliche Zusammenhänge zu beschreiben und diese so darzustellen, dass es nicht predigend wird, sondern, dass man es verstehen kann und einen anderen Blickwinkel auf verschiedene, komplexe Zusammenhänge entwickelt. Pratchett hat ja viel darüber geschrieben, was es bedeutet Mensch zu sein, was es bedeutet, als Menschen zusammenzuleben. Das ist bei Seanan auch so. Sie thematisiert in ihren Werken, was es ausmacht, als Familie zusammenleben, was Leben und Tod bedeutet. Und sie hat dies so geschrieben, dass man es auch am Flughafen lesen kann, dass es jedem einfach zugänglich wird.

Erik: Wenn du dir eine Sache für deine Schreibzukunft wünschen würdest, was wäre dies?

Tina: Ich würde mir wünschen, noch mehr Leute zu erreichen, noch mehr Leute in meine Welt mitzunehmen. Das ist das Beste am Schreiben. „Der Ruf des Schicksals“ ist ja gerade herausgekommen und zwei Blogger haben sich die Mühe gemacht, das Buch zu kaufen, live zu lesen und mich mitlesen zu lassen. Es ist ein großes Geschenk, live zu sehen, wie die Sachen, die man geschrieben hat, funktionieren, wie sie rüberkommen und in den Köpfen der Leser zünden. Das ist das allerbeste.

Erik: Zum Abschluss und zur Auflockerung hier noch ein paar Gegensatzpaare mit der Bitte, dich spontan und ohne groß nachzudenken festzulegen:

  • Kaffee oder Tee -> Kaffee
  • Harry Potter oder Herr der Ringe -> Herr der Ringe
  • Low oder High Fantasy -> Urban Fantasy
  • Katzen- oder Hundemensch -> Hundemensch
  • Spiegel-Bestsellerliste oder Deutscher Buchpreis -> Spiegel-Bestsellerliste.

Erik: Vielen Dank für das offene Gespräch und die Antworten. Dir noch eine tolle Messe und weiterhin viel Erfolg mit deinen Büchern!

Tina: Vielen Dank.