Vor kurzem erreichten mich auch diese beiden Bücher als Rezensionsexemplare im Rahmen von Leserunden auf Lovelybooks.de – vielen Dank dafür. „Leih mir dein Herz für immer“ von Ellen Ertelt (Piper Verlag GmbH) ist dabei ein in meiner Heimatstadt Heidelberg spielender Liebesroman, der sich auch mit Themen wie Klimaneutralität und Umweltbewusstsein beschäftigt, während „Ich bringe dich zum Schweigen“ von Sarah Nisi (btb Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH) ein in London spielender Psychothriller über den abgrundtiefen Hass zwischen zwei Schwestern ist. Unterschiedlicher könnten die Bücher wohl kaum sein ;).
Mögt Ihr Romane, die in Eurer Heimatstadt spielen? Gibt es solche überhaupt?
Vor kurzem habe ich „Wagner“ von Gustaf Skördeman gelesen. Das Buch ist 2023 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2022 unter dem gleichen Titel im Bokförlaget Polaris veröffentlicht. Der Roman ist als Spionagethriller einzuordnen, für die Übersetzung aus dem Schwedischen zeichnet Thorsten Alms verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.
Trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen gelingt es Doppelagentin Agneta Broman, einen russischen Oligarchen in London zu ermorden. Zur gleichen Zeit wird in Stockholm der frühere Außenminister von einem bekannten Firmenchef enthauptet. Dieser unfassbar brutale Mord wird gefilmt – und das Video der Polizei zugespielt. Kommissarin Sara Nowak übernimmt die Ermittlungen und ahnt zu dem Zeitpunkt noch nichts von dessen internationaler Dimension. Als weitere hochrangige Personen sich gegenseitig umbringen, taucht eine erste Spur auf. Sie führt zu einer Ölförderfirma und einem russischen Oligarchen. Bald erkennt Sara, dass sie sich mit ihren Ermittlungen jemanden zum tödlichen Feind macht …
„Wagner“ ist nach „Geiger“ und „Faust“ der abschließende Teil der Bestsellertrilogie von Gustaf Skördeman um die Polizistin Sara Nowak und internationale Spionagenetzwerke aus dem kalten Krieg. Dabei setzt die Handlung zeitnah nach dem Ende des zweiten Bandes ein. Aufgrund der vielen Querverbindungen zu den früheren Büchern ist es jedoch sehr ratsam, diese bereits gelesen zu haben, da einige Handlungsstränge sich durch alle Bücher ziehen.
Die Handlung ist – erneut – hochspannend und kurzweilig. Gustaf Skördeman mischt dabei ein buntes Konglomerat aus internationalem Spionagethriller, Politthriller und Terrorismus, aus familiären Konflikten, Rache, jugendlichem Aktivismus und Fanatismus zu einem fesselnden Pageturner, der lediglich am Ende etwas schwächelt und leider etwas zu offen endet, sodass man als Leser nach mehr verlangt – etwas unbefriedigend für das komplette Ende einer mehrbändigen Handlung.
Das Setting ist gelungen, aber bereits bekannt aus den letzten Büchern, auch wenn der Autor den Leser auch aus Stockholm heraus nach Berlin, Leipzig, Eisenach und in den arabischen Raum führt – immerhin etwas Abwechslung. Mittlerweile irritiert aber – nach drei Bänden – die weiterhin konsequente Bezeichnung aller Straßennamen bei Autofahrten – dieses Mal sogar in Berlin. Für nicht-schwedische Leser sind die Namen aus Stockholm dabei weiterhin schwierig, auch wenn man sich im Laufe der Zeit etwas daran gewöhnt hat.
Die einzelnen Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Dabei wurden die bekannten Figuren teils konsequent weiterentwickelt, insbesondere Ebba zeigt sich hier stark verbessert und als Leserliebling in diesem Teil. Neben ihr können aber auch Sara und Koslow brillieren. Gustaf Skördemans Schreibstil ist dabei leicht und flüssig zu lesen, temporeich und lässt das Kopfkino sofort anlaufen.
Die Buchgestaltung kann ebenfalls glänzen. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, der Buchdeckel ist auf Cover, Coverrückseite und Buchrücken hochwertig geprägt und mit farbigen Coverinnenseiten versehen. Das Titelmotiv zieht sich gut über den kompletten Umschlag und bildet ein tolles Gesamtbild. Dabei wird das Design durch eine tolle typographische Gestaltung des Titels und den Farbschnitt abgerundet, insgesamt entsteht so auch ein guter, einheitlicher Gesamteindruck der Reihe mit Wiedererkennungswert.
Mein Fazit? „Wagner“ ist ein im Wesentlichen gelungener Abschluss der Trilogie, der zwar zum Ende hin etwas schwächelt, dennoch weiterhin hochspannend ist und mit tollen Charakteren glänzt. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab dem vom Verlag vorgeschlagenen Lesealter von 16 Jahren – und nicht als Standalone.
Vor kurzem habe ich auch „Redemptio: Sie wissen alles“ von Volker Gerling gelesen. Das Buch ist 2023 im Kampenwand Verlag erschienen und als Thriller einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.
Eine neuartige Software mit Namen Redemptio soll die Verbrechensbekämpfung revolutionieren. Anstatt zu warten, bis eine Straftat begangen wurde, errechnet der brillante Algorithmus, wo und sogar wann das nächste Verbrechen mit hoher Wahrscheinlichkeit stattfinden wird. Die junge Polizeibeamtin Anabel Plate entdeckt jedoch, was tatsächlich hinter diesem Programm steckt: Die totale Kontrolle über alle und alles. Sie nimmt den Kampf gegen Mensch und Maschine auf. Aber es wird ein Rennen gegen die Zeit, denn Redemptio gerät außer Kontrolle.
„Redemptio: Sie wissen alles“ ist – augenscheinlich – ein Thriller, schließlich wird es so auch auf dem Cover beworben. Dabei könnte man das Buch – auch wenn es zeitlich nicht eingeordnet wird und vom Setting her nah an der Jetztzeit spielt – durchaus auch der Science Fiction zuordnen. Gleichsam vereint „Redemptio“ mehrere Unterarten des Thrillers, ist Politik- und Wissenschaftsthriller, sodass ich es der Einfachheit halber bei der groben Einordnung als Thriller belassen habe.
Die Prämisse der Handlung erinnert stark an „Minority Report“, dennoch ist die Geschichte kurzweilig und abwechslungsreich. Dabei greift der Roman aktuelle gesellschaftspolitische Themen wie den Umgang mit künstlicher Intelligenz, die Vulnerabilität von Demokratien und Überwachungskompetenzen der Sicherheitsbehörden/-dienste sowie deren Kontrolle auf und verwebt diese zu einem nicht immer logischen, aber durchweg spannenden Thriller.
Das Setting überzeugt dabei durchaus, ist allerdings mehr oder weniger auch austauschbar. So entführt der Autor den Leser in ein Deutschland nahe der Jetztzeit, geprägt durch bekannte politische und polizeiliche Systeme und Befugnisse – hier hätte auch nahezu jede andere, ähnliche Demokratie als Handlungsort fungieren können. Dabei hätte ich mir gern noch stärkere Einblicke in den Entstehungsprozess von „Redemptio“ gewünscht, eine etwas stärkere Fokussierung auf die technischen Aspekte des Thrillers.
Die einzelnen Figuren sind – im Wesentlichen – vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive, wenn auch aufgrund der Vielzahl an Personen (von denen einige das Ende des Romans nicht erleben) nicht alle im Detail ausgearbeitet werden konnten. Überzeugt haben hier vor allem Sybille und Anabel, während insbesondere Essling als einer der Antagonisten eher blass blieb. Volker Gerlings Schreibstil lässt sich hierbei locker und flüssig lesen und das Kopfkino sofort anspringen.
Die Buchgestaltung ist erheblich fehlerbehaftet. Während Cover und Umschlaggestaltung noch solide sind und auch der Buchsatz ordentlich aussieht, sind Lektorat und Korrektorat schlicht mangelhaft. Ich weiß nicht, ob in den Taschenbüchern im Druck eine frühe Version reingerutscht ist, aber eine solche Fülle an Fehlern finde ich nicht einmal in Vorableseexemplaren vor dem letzten Korrekturdurchgang – dies ist schlicht inakzeptabel und irritiert massivst, wenn man berücksichtigt, dass mir sicherlich nicht einmal alle Fehler aufgefallen sind.
Mein Fazit? „Redemptio: Sie wissen alles“ ist eigentlich ein im Wesentlichen gelungener Thriller mit kurzweiliger aber nicht unbekannter Handlung, der durch das Spannungsfeld zwischen wissenschaftlichem Fortschritt und den Gefahren durch KI glänzen kann. Für Leser des Genres ab 16 Jahren bedenkenlos zu empfehlen – allerdings nur, wenn in späteren Auflagen die massive Fehleranzahl hinreichend gut korrigiert worden ist.
Vor kurzem habe ich „Mit zitternden Händen“ von Malin Persson Giolito gelesen. Der Roman ist 2023 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2022 unter dem Originaltitel „I dina händer“ bei Wahlström & Widstrand veröffentlicht. Das Buch ist hierbei als Kriminalroman einzuordnen, für die Übersetzung aus dem Schwedischen zeichnet Thorsten Alms verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.
Billy und Dogge sind seit Kindesbeinen eng befreundet. Dass sie aus sehr unterschiedlichen Elternhäusern kommen, hat sie nie gestört. Während Dogge meist von seinen wohlhabenden Eltern allein gelassen wurde, ist Billy, aus einer Einwandererfamilie stammend, umgeben von einer Bastion der Liebe aufgewachsen. Als kriminelle Banden Billys Wohnviertel mehr und mehr beherrschen, werden sowohl Dogge als auch Billy rekrutiert. Allzu gerne schließen sich die beiden an – angelockt durch schnelles Geld und leichten Zugang zu Drogen. Doch dann will Billy mit Hilfe seiner Mutter aussteigen …
„Mit zitternden Händen“ ist der neue Roman der Autorin, die mit „Im Traum kannst du nicht lügen“ einen Welterfolg landete, der auch von Netflix unter dem Titel „Quicksand“ verfilmt wurde. Und so ist es keine Überraschung, dass auch „Mit zitternden Händen“ für den Streaminggiganten als Serie adaptiert wird. Dabei ist der Roman zwar als Kriminalroman bezeichnet, er zeigt aber auch Aspekte eines (Jugend-) Thrillers – die Übergänge sind hier ohnehin fließend – und ist im allerweitesten Sinne auch Gegenwartsliteratur, ist der Roman doch durchaus auch ein teils gesellschaftskritisches Porträt verschiedener Milieus der schwedischen Gesellschaft und der organisierten Kriminalität.
Die Handlung ist hierbei hochspannend und kurzweilig – und immer mal wieder mit unerwarteten Wendungen versehen. Dabei wird sie in zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt. So wechseln sich Abschnitte der aktuellen Handlung mit Blicken in die Vergangenheit von Billy und Dogge ab. So wichtig und gleichberechtigt beide Zeitabschnitte sind, hätte ich mir hier jedoch gewünscht, dass die einzelnen Passagen länger, die Wechsel daher etwas reduzierter sind, da es durch die nun doch sehr häufigen Wechsel der Handlung etwas an Stringenz fehlt.
Das Setting brilliert auf ganzer Linie. So zeigt Malin Persson Giolito die Gegensätze der schwedischen Gesellschaft am Beispiel zweier benachbarter Vororte, beschreibt anschaulich den Klammergriff der organisierten Kriminalität in strukturschwachen Regionen und Gesellschaftsschichten – mit einer bestürzenden und beklemmenden Perspektive für die Jugend. Und auch bei der Polizeiarbeit werden hier interessante Aspekte näher beleuchtet, sei es das Thema Opferschutz oder auch Strafmündigkeit und Jugendkriminalität.
Die Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen vor allem wichtige Nebencharaktere wie Nadja, Leila und Tusane, während Dogge in manchen Situationen etwas blass verbleibt – und auch Farid nicht immer nachvollziehbar handelt. Malin Persson Giolitos Schreibstil ist dabei leicht und flüssig zu lesen, atmosphärisch unglaublich stark und lässt das Kopfkino sofort anlaufen.
Die Buchgestaltung kann ebenfalls größtenteils glänzen. Lektorat und Korrektorat haben größtenteils sauber gearbeitet und nur Kleinigkeiten übersehen, der Buchsatz ist solide. Der Buchumschlag ist genretypisch gestaltet, das Cover ansehnlich, die Coverrückseite jedoch ein wahrer Eyecatcher – sehr innovativ gestaltet. Das unter dem Umschlag befindliche Buch ist hingegen eher schlicht.
Mein Fazit? „Mit zitternden Händen“ ist ein atmosphärisch unglaublich starker Kriminalroman, der vor allem mit seinem tollen Setting und einer hochspannenden Handlung punktet, durch die ständigen Wechsel der Erzählzeit aber etwas an Stringenz verliert. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von 16 Jahren.
Auch diese beiden Bücher erreichten mich vor kurzem als Rezensionsexemplare über die Bloggerjury von Bastei Lübbe – vielen Dank dafür! „Das Erbe der Greiffenbergs – Gegen den Wind“ von Isabell Schönhoff stellt dabei den Auftaktband einer neuen Familiensaga, „Wagner“ von Gustaf Skördeman (jeweils Lübbe) den Abschluss der Thriller-Trilogie um Sara Nowak dar – kontrastreicher hätte man das Leseprogramm wohl nicht gestalten können. Ich bin jedenfalls hochgespannt!
Mögt Ihr Buchreihen oder lest Ihr lieber Einzelbände?
Vor kurzem habe ich „Stranded – Die Insel“ von Sarah Goodwin gelesen. Das Buch ist 2023 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2021 unter dem Titel „Stranded“ bei AVON, HarperCollins Publishers Ltd. veröffentlicht. Das Buch ist als Thriller einzuordnen, für die Übersetzung zeichnet Dr. Holger Hanowell verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.
Für Maddy wird ein Traum wahr: Sie nimmt an einem neuartigen Fernsehexperiment teil, in dem acht Fremde auf einer einsamen schottischen Insel überleben müssen, ein Jahr lang, mit nur minimaler Ausrüstung und ohne Kontakt zur Außenwelt. 18 Monate später ist Maddys Traum zum Albtraum geworden. Die Behörden greifen die junge Frau in einem Fischerdorf auf dem Festland auf. Verzweifelt berichtet sie, wie das Boot, das die Teilnehmer nach einem Jahr abholen sollte, nicht kam. Und davon, wie in den folgenden Wochen einer nach dem anderen starb, nicht durch Hunger oder Krankheit, sondern durch menschliche Hand. Doch was verschweigt Maddy? Und wie schaffte sie es, die Insel lebend zu verlassen?
„Stranded – Die Insel“ ist der Debütroman von Sarah Goodwin – und was für einer! Als Thriller eingeordnet, könnte man ihn auch den Untergruppen „Psychothriller“ oder „Survivalthriller“ zuordnen. Gleichsam ist das Buch auch durch den von der Außenwelt abgeschnittenen, kleinen Handlungsraum und den damit verbundenen kleinen Kreis an Protagonisten ein Kammerspiel par excellence, das sich in ungeahnte Eskalationsspiralen steigert. Dabei ist der Schreibstil der Autorin zu jeder Zeit schnell und flüssig lesbar und lässt das – brutale – Kopfkino sofort anspringen.
Die Handlung ist kurzweilig, abwechslungsreich, eskapistisch und mit vielen unerwarteten Wendungen versehen. Wenn auch nicht immer logisch, entwickelt sie doch einen unglaublichen Sog, der nur dadurch abgemildert wird, dass die verschiedenen Zeitebenen, in denen das Buch spielt, einige Ergebnisse bereits vorwegnehmen. Dabei greift Sarah Goodwin auf die archaischen Triebfedern der Menschen zurück, um die Handlung voranzubringen: Hunger, Kälte – und den nackten Kampf ums Überleben.
Das Setting ist für den Roman perfekt gewählt. Eine abgeschiedene Insel vor Schottlands Küste, nicht weit, aber weit genug weg von der Zivilisation. Ein gar nicht undenkbares Reality-TV-Format. Und eine diverse Gruppe, die auf Sprengstoff angelegt ist – Sarah Goodwin schafft ein Setting, das plausibel (genug) erscheint, um dem Leser mit Erschrecken auf vieles hinzuweisen, was in der heutigen Gesellschaft schief läuft – und ihm den ein oder anderen Schauer über den Rücken laufen zu lassen.
Die einzelnen Figuren sind zumindest in der Breite vielschichtig angelegt – auch wenn man dank der Erzählperspektive (die hier auch für die Beklemmung sorgt) nur Maddy wirklich im Detail kennen lernt. Dennoch überzeugt auch der „Nebencast“ – allen voran Zoe, während lediglich Frank etwas blass bleibt – hier hätte man aus seiner Figur mehr rausholen können. Gern hätte ich auch mehr über Sashas und Adrians Erlebnisse erfahren, aber dafür hätte ja eine gänzlich neue Perspektive, fernab der Insel, eröffnet werden müssen.
Zur Buchgestaltung kann wenig gesagt werden, da mir ein Leseexemplar vorliegt, das mit der finalen Ausgestaltung nur bedingt übereinstimmt. Festgehalten werden kann jedoch zumindest, dass Lektorat, Korrektorat und Buchsatz sauber gearbeitet haben und das Covermotiv sehr atmosphärisch, allerdings auch etwas beliebig daherkommt. Mit der angekündigten Prägung und dem Farbschnitt sollte das Buch zudem einen hochwertigen Eindruck erzeugen – dies kann aber, wie gesagt, nicht abschließend beurteilt werden.
Mein Fazit? „Stranded – Die Insel“ ist ein wahrer Pageturner, ein toller, atmosphärisch und psychologisch starker Debütroman und Thriller. Für Liebhaber des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von 16 Jahren.
Vor kurzem habe ich „Gletschergrab“ von Arnaldur Indridason gelesen. Das Buch zum gleichnamigen Kinofilm ist in der vorliegenden Ausgabe 2023 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen, die Originalausgabe wurde 1999 unter dem Titel „Napóleonsskjölin“ bei Forlagið veröffentlicht, die deutsche Erstausgabe 2005 ebenfalls bei Bastei Lübbe. Der Roman ist dabei als Thriller einzuordnen, für die Übersetzung zeichnen Coletta Bürling und Kerstin Bürling verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.
Die Eiskappe des Vatnajökull auf Island schmilzt. Die Streitkräfte der US-Basis Keflavík sind in Alarmbereitschaft, denn der Gletscher hütet ein Geheimnis: ein abgestürztes Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg mit brisanter Fracht. Vor der grandiosen Kulisse des ewigen Eises gerät eine junge Isländerin in Lebensgefahr. Sie weiß nur wenig, aber das ist schon zu viel für die Drahtzieher der „Operation Napoleon“ …
„Gletschergrab“ entstammt der Feder des erfolgreichsten isländischen Krimiautors und ist sein erster Roman außerhalb der Reihe um den bekannten Kommissar Erlendur. Dabei handelt es sich jedoch bei „Gletschergrab“ nicht um einen Kriminalroman, sondern – wie oben beschrieben – um einen Thriller, genauer gesagt einen waschechten Spionagethriller mit Bezügen zum zweiten Weltkrieg und dem Kalten Krieg und einer durchscheinenden Kritik an der Stationierung amerikanischer Truppen in Island, die 2006, einige Jahre nach Erscheinen des Buches, auch endete.
Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich und mit einigen, unerwarteten Wendungen versehen, teils aber fast auch schon zu abstrus – und nicht in allen Punkten zwingend logisch. Erschreckend auch die Schilderung politischer Abläufe in den USA, die – selbst wenn damals vielleicht möglich – mittlerweile zumindest überwunden sein sollten, auch wenn es erfrischend ist, einmal einen Roman zu lesen, in dem die Antagonisten dem US-Militär entspringen – was gleichermaßen aber erneut die anscheinend starke Abneigung einiger Isländer und vermutlich auch des Autors hinsichtlich der amerikanischen Militärpräsenz zeigt.
Das Setting ist bestechend, führt es den Leser doch nicht nur auf den Vatnajökull sondern auch auf eine amerikanische Militärbasis und hinein in die höchsten Schaltzentralen amerikanischer Militärpolitik. Gerade auf dem Gletscher hätte ich mir hier jedoch noch etwas mehr Beklemmung, etwas stärkere Schwierigkeiten, einen etwas größeren Kampf mit den Naturgewalten gewünscht – das spielte nahezu keine Rolle, mit Ausnahme dessen, dass das Flugzeug im Schnee versunken war.
Aufgrund der sehr zentralen Verfolgungsjagd ist das Personal an Protagonisten doch relativ beschränkt, nur wenige Charaktere haben wirklich relevante Anteile an der Handlung. Hier überzeugen Miller, Jon und Julius am stärksten, während Steve doch relativ blass, Ratoff relativ eindimensional verbleiben. Auch Kristin kann nur eingeschränkt glänzen, bleiben ihre Handlungen doch nicht immer nachvollziehbar, ihre Entwicklung zur Superspionin teils unglaubhaft. Arnaldur Indridasons Schreibstil hingegen ist rasant und dynamisch, lässt sich leicht und flüssig lesen und sorgt dafür, dass das Kopfkino sofort anspringt.
Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz sind ordentlich, das Covermotiv zieht sich als einheitliches Gesamtbild über den kompletten Buchdeckel. Das Titelbild spickt sich dabei aus Motiven des Films mit den Darstellern und ist ein wahrer Eyecatcher, lediglich die Filminformationen auf der Coverrückseite sind etwas zu raumfüllend, sind sie doch fast genau so lang wie der eigentliche Klappentext.
Mein Fazit? „Gletschergrab“ ist ein spannender und kurzweiliger Thriller mit tollem Setting, der teils aber auch etwas ins Abstruse und Unlogische abgleitet. Für Leser des Genres – nicht nur für Liebhaber des Films – bedenkenlos zu empfehlen; ab dem vom Verlag angegebenen Lesealter von 16 Jahren.
Auch diese beiden Bücher erreichten mich vor kurzem als Rezensionsexemplare über die Bloggerjury der Bastei Lübbe AG – vielen Dank dafür! „Leuchtturmsommer“ von Marie Merburg und „Stranded – Die Insel“ von Sarah Goodwin (jeweils Lübbe) spielen dabei am Meer – und könnten doch unterschiedlicher nicht sein, handelt es sich doch um einen Liebesroman und einen Thriller. Ich bin mal gespannt, welche Gefühle beim Lesen größer sind. „Stranded“ kam dabei mit einem Kompass als Goodie – sehen sie nicht toll zusammen aus?
Mit welchem Genre würdet Ihr lieber gedanklich als Meer reisen?
Vor kurzem habe ich „Neongrau: Game Over im Neurosubstrat“ von Aiki Mira gelesen. Das Buch ist 2023 im Polarise Verlag, einem Imprint der dpunkt.verlag GmbH veröffentlicht worden und dem Genre Science-Fiction zuzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.
Hamburg im Jahr 2112: Die Stadt wird immer wieder von Starkregen geflutet, im Binnendelta hat sich ein Slum aus schwimmenden Containern gebildet und über allem thront das gigantische Stadion. Zum „Turnier der Legenden“ reisen Fans aus der ganzen Welt an, um die berühmten Glam-Gamer spielen zu sehen. Auch Go [Stuntboi] Kazumi begeistert sich für das VR-Gaming, fährt jedoch noch lieber Stunts auf dem Retro-Skateboard. Ein Sturz scheint das Aus für Gos Karriere zu bedeuten, doch dann wird Go ein Job im Stadion angeboten – bei den Rahmani-Geschwistern, den berühmtesten Gamern Deutschlands! Von da an überschlagen sich die Ereignisse und Gos Welt wird komplett auf den Kopf gestellt: ein Bombenanschlag, illegale Flasharenen, Tech-Aktivisten, Cyberdrogen, künstliche Intelligenzen – und dann ist da auch noch dieses Mädchen …
„Neongrau: Game Over im Neurosubstrat“ lässt sich bereits schwer einem Genre zuordnen. Vom Verlag beworben als Near-Future-Science-Fiction, als Entwicklungsroman, als LGBTQIA+-Roman, habe ich es der Einfachheit halber bei der Einordnung als Science-Fiction belassen – denn für „Near-Future“ sind mir die 90 Jahre doch etwas viel. Gute Argumente hätten sich aber auch für die Einstufung als progressive Phantastik gefunden – oder sogar für die Kategorisierung als (Polit-) Thriller oder Dystopie.
Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich, teils aber auch etwas verworren und sehr komplex, fügen sich doch genug Handlungsstränge und Schauplätze für – mindestens – zwei Bücher mal mehr, mal weniger gut zusammen. So bleiben gerade die politischen Themen etwas flach, die verschiedenen Aktivisten- und Terrorgruppen blass, während der Handlungsstrang um Go, ELLL und die Rahmanis gut aufgearbeitet wird. Gerade der Einstieg fällt jedoch unglaublich schwer – selbst für gameaffine Leser ist der Wechsel zwischen Realität und VR, zwischen Gesprächen, Chats und übermittelten Gedanken anfangs viel und nicht immer leicht fassbar.
Das Setting begeistert hingegen auf ganzer Linie. Aiki Mira entführt den Leser in ein Hamburg der Zukunft, in eine Welt, die von global agierenden Unternehmen geprägt und dominiert wird. Und auch wenn man anfangs etwas braucht, sich zurechtzufinden, ist die Welt doch nach und nach immer faszinierender, spannender und – ja – auch dystopischer. Lediglich die Ingame-Umgebung und die Szenen im Neurosubstrat lassen sich bildlich für die Leser nur schwer fassen.
Die einzelnen Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen vor allem Ren Kazumi, beide Rahmanis und ELLL, während Ben und Tayo sehr blass bleiben. Bei Go bin ich zwiegespalten. So sind die Zweifel, ihre Suche nach der geschlechtlichen Identität gut dargestellt, darüber hinaus handelt sie aber nicht zwingend nachvollziehbar. Aiki Miras Schreibstil ist im Wesentlichen gut und flüssig lesbar, sehr authentisch und technikaffin.
Die Buchgestaltung ist gelungen, Lektorat und Korrektorat haben sauber gearbeitet, der Buchsatz ist solide, aber relativ schlicht – hier hätte man den Gamecharakter oder die technologischen Features noch etwas besser darstellen können. Das Covermotiv zieht sich über den kompletten Buchumschlag, ist farblich ein Traum und verbirgt das ein oder andere typografische Easter Egg. Allerdings hätte hier durchaus noch mit Klappen oder farbigen Coverinnenseiten das Design etwas aufgepeppt werden können.
Mein Fazit? „Neongrau: Game Over im Neurosubstrat“ ist ein sehr ambitionierter, aber auch gelungener Science-Ficion Roman, der mit einem brillanten Setting punktet, aber fast zu viel Handlung für ein Buch bietet. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von 16 Jahren.
Heute geht es spannend weiter – mit zwei Neuzugängen, die mich als Rezensionsexemplare im Rahmen von Leserunden auf Lovelybooks.de erreichten – vielen Dank dafür. „Neongrau – Game Over im Neurosubstrat“ von Aiki Mira (Polarise Verlag / dpunkt Verlag) ist dabei queere Science-Fiction, während „Stigma“ vom Autorinnenduo Lea Adam (Ullstein Verlag) ein im Hamburg spielender Thriller ist. Ich bin schon ganz auf die Ausflüge in die verschiedenen Genres gespannt.