[Buchgedanken] Lea Adam: „Stigma“ (Milo 1)

Vor kurzem habe ich „Stigma“ von Lea Adam gelesen, einem Pseudonym des Autorinnenduos Regina Denk und Lisa Bitzer. Der Roman ist 2023 als Ullstein Taschenbuch in der Ullstein Buchverlage GmbH veröffentlicht worden und als Thriller einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Eine Männerleiche, die Augenhöhlen leer, eine Plastiktüte über dem Kopf: Mordermittlerin Jagoda „Milo“ Milosevic und ihr Kollege Vincent Frey stoßen auf Hinweise, dass der Tote in der Vergangenheit Frauen missbraucht hat. Ein mögliches Motiv? Der Verdacht erhärtet sich, als kurz darauf ein weiterer verurteilter Sexualstraftäter ermordet wird. Milo folgt bei den Ermittlungen ihrem Instinkt, doch sie fühlt sich zunehmend beobachtet. Erkennt sie das Böse, wenn es vor ihr steht?

„Stigma“ ist der erste Fall für das Ermittlerduo Jagoda „Milo“ Milosevic und Vincent Frey, die schon länger in Hamburg gemeinsam als Partner arbeiten. Vom Verlag als feministischer Thriller beworben (was soll das überhaupt sein?), lassen sich aufgrund der Tätigkeit beider Ermittler auch gute Argumente für die Eingruppierung als – etwas blutigerer – Kriminalroman finden, der Einfachheit halber habe ich es aber bei der Genrezuordnung „Thriller“ belassen, die Übergänge sind hier ohnehin fließend. Es bleibt zudem abzuwarten, in welche Richtung sich die Reihe noch entwickelt.

Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich, wenn auch im späteren Verlauf zumindest teils vorhersehbar. Dabei streuen die Autorinnen in die aus Milos Sicht geschilderten Ermittlungen (ich hätte mir hier mehr auch von Vince gewünscht!) auch einzelne Taten aus Opferperspektive ein – allerdings nicht die aufzuklärenden Verbrechen an den Männern, sondern ausschließlich die zugrundeliegenden Gewalttaten an Frauen – vielleicht ist das mit feministischem Thriller gemeint. Alternativ könnte dies auch auf der etwas holzhammerartigen Informationsvermittlung zu sexueller Gewalt liegen – in dieser Bandbreite und Dichte etwas zu viel und unnötig, denn niemand heißt diese Taten gut und die Defizite bei der Strafverfolgung sind bekannt – auch wenn die Polizei und Justiz daran die geringste Schuld tragen (was man vielleicht auch hätte klarer herausarbeiten können oder müssen).

Das Setting ist gelungen. Die Autorinnen entführen den Leser in ein Hamburg zwischen Nobelsiedlung und Sozialwohnungen, zwischen Rotlichtviertel, Organisierter Kriminalität und Politskandalen – eine pulsierende Stadt voller Leben (okay, einiger Leben weniger, wenn man bedenkt, wie sich hier durch das Buch gemordet wird). Lediglich innerhalb der Polizei hätte ich mir manchmal etwas mehr Beschreibungen gewünscht – um das Flair der Ermittlungen noch besser greifen zu können.

Die einzelnen Charaktere sind – im Wesentlichen – vielschichtig dargestellt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugt neben Vincent vor allem auch Susanne Süß, von der ich mir noch mehr Auftritte gewünscht hätte, wohingegen Milo doch eher blass bleibt und als ungeoutete lesbische Tochter konservativ-osteuropäischer Eltern doch diverse Klischees bedient. Der Schreibstil der Autorinnen lässt sich gut und flüssig lesen, wirkt aus einem Guss und lässt das Kopfkino sofort anspringen.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat und Korrektorat haben ordentlich gearbeitet, der Buchsatz ist unaufgeregt, lediglich die Darstellung der Kapitel aus Opfersicht hätte noch etwas drastischer abgegrenzt werden können. Der Buchumschlag ist mit farbigen Coverinnenseiten versehen und generell farblich und typografisch toll gestaltet, das Covermotiv passt zum Genre, ist aber doch etwas nichtssagend.

Mein Fazit? „Stigma“ ist ein gelungener Auftakt in die Thriller-Reihe, der vor allem mit seinem Setting und einer spannenden Handlung glänzt, aber auch etwas unklar in seiner Botschaft ist und Nachholbedarfe gerade in der Figur der Protagonistin besitzt. Mit Potential für Folgebände und für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von 16 Jahren.

Leserunden im Doppelpack | Lovelybooks-Buchpost

Heute geht es spannend weiter – mit zwei Neuzugängen, die mich als Rezensionsexemplare im Rahmen von Leserunden auf Lovelybooks.de erreichten – vielen Dank dafür. „Neongrau – Game Over im Neurosubstrat“ von Aiki Mira (Polarise Verlag / dpunkt Verlag) ist dabei queere Science-Fiction, während „Stigma“ vom Autorinnenduo Lea Adam (Ullstein Verlag) ein im Hamburg spielender Thriller ist. Ich bin schon ganz auf die Ausflüge in die verschiedenen Genres gespannt.

Kennt Ihr eines der Bücher bereits?

[Blogtour] Ein „Findelmädchen“ im Köln der 50er Jahre (inkl. Buchgewinnspiel)

Nach den Beiträgen von Silke am Montag und Michèle am Dienstag macht am heutigen Mittwoch die von der Agentur Literaturtest vermittelte Blogtour zu Lilly Bernsteins neuestem Buch bei mir halt. „Findelmädchen: Aufbruch ins Glück“ ist dabei nach „Trümmermädchen – Annas Traum vom Glück“ das zweite Buch der Autorin, das im Köln der Nachkriegszeit spielt, einer Zeit, die ich Euch heute näher bringen möchte. Und darum geht es:

Köln 1955: Die 15-jährige Helga und ihr Bruder Jürgen leben endlich wieder bei ihrem aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Vater. Von der Mutter fehlt seit Kriegsende jede Spur. Der Vater baut sich mit einem Büdchen eine neue Existenz auf, Jürgen beginnt bei Ford. Helga aber, die sich nichts sehnlicher wünscht, als aufs Gymnasium zu gehen, soll sich in der Haushaltungsschule auf ein Leben als Ehefrau vorbereiten. Während eines Praktikums im Waisenhaus muss sie entsetzt mitansehen, wie schlecht die Kinder dort behandelt werden. Schützend stellt sie sich vor ein sogenanntes »Besatzerkind«. Und sie verliebt sich. Doch die Schatten des Krieges bedrohen alles, was sie sich vom Leben erhofft hat …

Die 50er Jahre:

Was macht eigentlich dieses Jahrzehnt aus? Die 50er waren das Jahrzehnt des Wiederaufbaus und des beginnenden Wirtschaftswunders, die ersten Gastarbeiter erreichten die Bundesrepublik und der Kalte Krieg begann. 1954 begeisterte das Wunder von Bern die Massen, Rock ’n‘ Roll und Schlager dominierten die Musikszene, Bing Crosby, Elvis Presley, Frank Sinatra und Chuck Berry verzauberten die Menschen und Clark Gable, Marilyn Monroe, Romy Schneider, Humphrey Bogart und Audrey Hepburn sorgten für eine Hochzeit des Kinos mit Filmen wie „Manche mögens heiß“, „Quo vadis?“ oder „Bettgeflüster“. Literarisch hatte das Jahrzehnt mit Böll, Sartre, Camus und Hemingway viel zu bieten und auch sportlich und gesellschaftlich florierte die Zeit mit so illustren Persönlichkeiten wie Pélé, Coco Chanel, Eva Peron oder Juan Manuel Fangio. Die 50er waren dabei ein Jahrzehnt voller Gegensätze, zwischen Konflikten und Aufbruchstimmung, zwischen konservativen Werten und erster jugendlicher Rebellion nach dem Vorbild von James Dean (die erste Bravo erschien übrigens 1956 mit Marilyn Monroe auf dem Cover). Doch trotz der entstehenden demokratischen Strukturen, dem beginnenden Wirtschaftswunder, hatten es auch damals nicht alle leicht, entwickelten sich die Strukturen einer sozialen Industriegesellschaft doch erst nach und nach. Und wie in jeder Gesellschaft, gab es auch in den 50er Jahren Menschen, die durchs Raster fielen, die nicht im Rampenlicht standen und auf die Hilfe anderer angewiesen waren – wie es „Findelmädchen: Aufbruch ins Glück“ eindringlich zeigt.

Und damit Ihr Euch davon auch selbst einen Eindruck machen könnt, haben jetzt alle, die bis hierhin gelesen haben, die Chance, ein Exemplar von „Findelmädchen“ zu gewinnen, zur Verfügung gestellt von der Agentur Literaturtest in Zusammenarbeit mit der Ullstein Buchverlag GmbH. Kommentiert einfach hier (und gern auch auf Facebook und/oder Instagram) bis zum 14.08. und beantwortet dabei folgende Gewinnspielfrage:

Die 1950er Jahre sind ja eine Hochzeit des Kinos. Welcher Schauspieler oder welche Schauspielerin (kann, muss aber nicht aus den 50er Jahren stammen) begeistert Euch regelmäßig?

Viel Erfolg! Für alle, die leider keinen Erfolg haben – auch morgen gibt es bei Chrissi ein weiteres Gewinnspiel :). Und hier noch die obligatorischen:

~~~ Teilnahmebedingungen ~~~

1. Die Teilnahme ist möglich bis zum 14.08.2022, 23:59:59 Uhr

2. Um teilzunehmen, könnt ihr einen Kommentar unter diesen Blogpost setzen und/oder auf Facebook den originalen Gewinnspielbeitrag und/oder auf Instagram den Gewinnspielbeitrag kommentieren.

3. Jeder, der die obigen Teilnahmebedingungen erfüllt, erhält ein Los pro Plattform, auf der er den Originalbeitrag kommentiert. Es wird maximal ein Kommentar auf jeder Plattform gewertet. Von mehreren Kommentaren einer Person auf der gleichen Plattform wird nur der erste in die Verlosung genommen. Pro Teilnehmer können so maximal drei Lose erworben werden. Es werden nur Kommentare unter den Originalbeiträgen auf Facebook, Instagram und WordPress in die Verlosung genommen.

4. Es ist keine Pflicht und es gibt auch keine Zusatzlose für Beitragslikes, für das Rebloggen des Beitrages auf WordPress oder das Teilen und Freunde markieren auf Facebook sowie das Speichern des Beitrages auf Instagram, freuen würde ich mich natürlich dennoch drüber. Gleiches gilt für das Folgen hier auf WordPress und/oder Seitenlikes/-Abonnements auf Facebook/Instagram :).

5. Nach Ablauf der Zeit wird das Gewinnspiel zeitnah ausgelost und der Gewinner wird sowohl hier als auch auf den Social-Media-Profilen in den Kommentaren veröffentlicht. Meldet sich der Gewinner dann nicht binnen einer Woche, wird der Gewinn neu vergeben.

6. Das Gewinnspiel steht in keinerlei Zusammenhang mit facebook, Instagram oder WordPress.

7. Eine Barauszahlung des Gewinnes ist nicht möglich, kurzfristige Änderungen zu den benannten Gewinnen können sich ergeben.

8. Es wird keine Haftung für auf dem Postweg entstandene Schäden oder Verluste übernommen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

9. Der Verlosende behält sich vor, Kommentare, die ehrverletzend sind, gegen die guten Sitten verstoßen oder pornografische, gewaltverherrlichende oder rechts-/linksradikale Inhalte besitzen, zu löschen und von der Verlosung auszuschließen.

10. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Daten, insbesondere die Adresse des Gewinners, werden ausschließlich für die ordnungsgemäße Durchführung des Gewinnspiels verwendet. Der Versand des Gewinnes erfolgt über die Agentur Literaturtest. Mit der Teilnahme erklärt man sein Einverständnis mit der Weitergabe der Daten an diese zur Ausführung des Versands. Eine weitergehende Nutzung der Daten erfolgt nicht, nach Gewinnversand werden diese gelöscht.

Kalt, kälter, Kluftinger | Vorweihnachtliche doppelte Buchpost

Heute, am zweiten Weihnachtstag, möchte ich Euch die beiden Bücher zeigen, die mich kurz vor Weihnachten über Verlosungen auf Facebook und Lovelybooks.de erreichten – vielen Dank an die Glücksfee und den Ullstein Verlag sowie die S. Fischer Verlage. „Eiszeit für Beck“ von Tom Voss ist nach „Hundstage für Beck“ der zweite Teil der Krimi-Reihe um Ermittler Nick Beck und „Morgen, Klufti, wird’s was geben“ das Weihnachtsbuch um den berühmten Kommissar Kluftinger von Volker Klüpfel und Michael Kobr. Ich bin schon ganz auf die gänzlich verschiedenen Ermittler gespannt.

Habt Ihr Lieblingsfiguren aus Regionalkrimis? Welche Reihe könnt Ihr besonders empfehlen?

[Buchgedanken] Lilly Bernstein: „Trümmermädchen – Annas Traum vom Glück“

In den letzten Tagen habe ich „Trümmermädchen – Annas Traum vom Glück“ von Lilly Bernstein, einem offenen Pseudonym der Autorin Lioba Werrelmann gelesen. Der Roman ist 2020 als Ullstein Taschenbuch der Ullstein Buchverlage GmbH erschienen und als historischer Roman / historische Familiensaga einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag und die vermittelnde Agentur Literaturtest für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.

Köln, 1941. Anna wächst bei ihrer Tante Marie und ihrem Onkel Matthias auf, einem Bäckerehepaar. Das Mädchen liebt die Backstube über alles, besonders den großen Ofen aus Vulkanstein. Doch mit dem Krieg kommt das Unglück: Matthias wird eingezogen und die Bäckerei bei Luftangriffen zerstört. Während Köln in Trümmern liegt und vom kältesten Winter des Jahrhunderts heimgesucht wird, schließt Anna sich in ihrer Not einer Schwarzmarktbande an und steigt zur gewieftesten Kohlediebin der Stadt auf. Als sie am wenigsten damit rechnet, verliebt sie sich – eine verbotene Liebe mit gefährlichen Folgen. Von Kälte, Hunger und Neidern bedroht, halten Anna und ihre Tante verzweifelt an dem Traum fest, die Bäckerei wiederaufzubauen. Und an der Hoffnung, dass die Männer, die sie lieben, irgendwann zu ihnen zurückkehren.

Mit „Trümmermädchen“ legt Lilly Bernstein einen sehr atmosphärischen Roman vor, der in einem beklemmenden, aber sehr guten Setting das Köln zur Kriegs- und Nachkriegszeit porträtiert. Dabei gelingt es der Autorin, die Entbehrungen, die Verzweiflung und Ohnmacht der Bevölkerung greifbar, glaubhaft zu machen.

Die Handlung ist dabei über weite Strecken spannend, teils aber auch vorhersehbar und wirkt zuweilen konstruiert, was dem Mitfiebern mit den Protagonisten allerdings keinen Abbruch tut. Dabei gelingt es der Autorin, sich geschickt durch die Genres zu navigieren und einen historischen Roman vorzulegen, der aufgrund der kurzen erzählten Zeit nicht ganz Familiensaga, nicht ganz Schicksalsroman ist.

Die Protagonisten überzeugen im Wesentlichen, sind dreidimensional angelegt, haben Stärken, Schwächen, eigene Ziele und Motive. Insbesondere die Nebenrollen wie Hilde und Agnes glänzen hier, aber auch Anna gelingt es, den Roman auf eigenen Schultern zu tragen, während Marie etwas blass bleibt.

Lilly Bernsteins Schreibstil ist unaufgeregt und lässt sich leicht und flüssig lesen. Sie beschreibt nüchtern und präzise und ermöglicht es dem Leser, direkt ein Bild vor Augen zu haben, das das Kopfkino anlaufen lässt – auch wenn die auktoriale Erzählperspektive etwas Distanz zu den Charakteren schafft. Hier hätte man durchaus vielleicht noch etwas nachsteuern können.

Die Buchgestaltung ist sehr gut gelungen. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, das Cover ist wunderschön und zieht sich als Gesamtbild über den kompletten Buchumschlag, der zudem auf dem Titelbild, dem Buchrücken und der Coverrückseite hochwertig geprägt ist. Lediglich die Coverinnenseiten hätte man, wenn man sie schon farbig gestaltet, besser nutzen können.

Mein Fazit? „Trümmermädchen – Annas Traum vom Glück“ ist ein sehr starker historischer Roman, der vor allem durch ein tolles Setting und eine atmosphärische Geschichte punktet. Leichte Schwächen in der Handlung schmälern dabei das Lesevergnügen in keinster Weise. Für Liebhaber des Genres bedenkenlos zu empfehlen!

[Buchgedanken] Emily Bold: „Klang der Gezeiten“

Schon vor einiger Zeit habe ich Emily Bolds „Klang der Gezeiten“ gelesen, komme aber erst jetzt dazu, die Rezension zu verfassen. Das Buch ist – in der lizensierten Auflage – 2017 als Ullstein Taschenbuch erschienen, die Originalveröffentlichung erfolgte 2014. Es ist am ehesten dem Genre Contemporary Romance zuzuordnen.

Wenn das Glück nur Augenblicke währt…51tgjzj16ml-_sx319_bo1204203200_
Bei Arbeiten an ihrem Haus am Strand stirbt Daniel, Pipers Traummann und Vater ihres ungeborenen Kindes. Um die Leere zu verarbeiten und dem Verstorbenen nah zu sein, zieht Piper, gegen den Rat ihrer Freunde, in das unvollendete Haus am Meer.  Doch der Verlust, der attraktive Nachbar Ewan und Kevin, ihr Freund aus der Jugendzeit, stürzen Piper in ein immer stärkeres Gefühlschaos. Untermalt vom Klang der Gezeiten versucht sie, einen Weg zurück in ihr Leben zu finden. Doch darf sie überhaupt neue Gefühle zulassen?

„Klang der Gezeiten“ ist (wie auch bereits „Lichtblaue Sommernächte“ [zur Rezension]) eine Mischung aus Liebesroman und Schicksalsroman. Erneut gelingt es der Autorin gut, die Balance zwischen den verschiedenen Genres zu wahren, sodass der Roman nicht abgleitet. Im Gegensatz zu „Lichtblaue Sommernächte“ wird das Buch jedoch stringenter erzählt, mit gelegentlichen Rückblenden.

Emily Bold überzeugt mit einer gefühlvollen, eindringlichen Sprache, die es dem Leser erlaubt, sich mit den Protagonisten zu identifizieren. Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass die Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt wird, die den Leser tief in Pipers Gedanken und Gefühle abtauchen lässt.

Auch wenn die Handlung einige unerwartete Wendungen aufweist, ist sie doch – für den objektiven Betrachter – durchaus vorhersehbar. Dies ist jedoch nicht tragisch, da man als Leser mit Piper trauert, lacht und verzweifelt und den Weg zum genretypischen Happy End mit ihr, und den ihr innewohnenden Ängsten, miterlebt. Solang Piper nicht an das Glück glaubt, solang gelingt es auch der Autorin, den angelegten Pfad dorthin für den Leser zweifelhaft erscheinen zu lassen.

Die Protagonisten des Romans sind – wie auch die Nebenfiguren – vielschichtig angelegt und entwickeln sich kontinuierlich weiter. Zwar hätte ich mir gewünscht, dass der perfekt aussehende Nachbar nicht den klischee- und genretypischen Beruf des Arztes ausübt, kann dies in diesem Fall aber nachvollziehen, da es aufgrund der Arbeit von Piper und Jenna und den damit verbundenen Storylines ausnahmsweise mal wirklich zur Handlung passt.

Eine Chance hat das Buch allerdings etwas verpasst. Neben Polizisten und Krankenschwestern, neben Altenpflegern und Erziehern, gehören Feuerwehrmänner (der Einfachheit halber werden hier nicht-gegenderte Berufsbezeichnungen verwendet), zu den Berufen, die chronisch unterbezahlt sind im Vergleich zu ihrer Opferbereitschaft und den großen Leistungen, die sie für die Gesellschaft erbringen. Zwar wird im Buch ein heldenhafter Einsatz von Daniel angesprochen, das Thema hätte aber noch stärker eingeflochten werden können.

Ein Lob möchte ich an dieser Stelle noch an das Lektorat und Korrektorat aussprechen, die eine wirklich runde und fehlerfreie Geschichte abgeliefert haben. Der Buchsatz ist ebenfalls gelungen, das Cover wunderschön und sowohl auf der Vorderseite, als auch auf der Coverrückseite und dem Buchrücken leicht geprägt.

Mein Fazit? „Klang der Gezeiten“ ist eine wundervolle Mischung aus Liebes- und Schicksalsroman. Das Buch punktet mit gut ausgearbeiteten Charakteren, mit denen man sich sofort identifizieren kann. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen.

[Buchgedanken] Emily Bold: „Lichtblaue Sommernächte“

Bereits in der letzten Woche habe ich die Lektüre von „Lichtblaue Sommernächte“, einem Roman von Emily Bold beendet, und bin immer noch zutiefst beeindruckt. Das Buch der bekannten Hybridautorin erschien 2015 bei Ullstein Taschenbuch und ist wohl am ehesten noch als romantischer Schicksalsroman einzuordnen. Nachdem ich mir das Buch zur FBM 2015 gekauft hatte, lag es viel zu lang auf meinem SuB. Um eines vorwegzunehmen: Es wird nicht mein letzter Roman von Emily Bold bleiben (auf meinem SuB liegt auch schon seit längerem „Ein Kuss in den Highlands“, nach „Lichtblaue Sommernächte“ werden nun aber viele weitere folgen).

Als die Kunststudentin Lauren zum ersten Mal in einem Diner auf Tim Parker trifft, fühlt51sxljnkcml-_sx319_bo1204203200_ sie sich sogleich zu ihm hingezogen. Nachdem sie Tim bereits kurze Zeit später in der Kanzlei ihres Vaters wiedersieht, beginnen die beiden, eine Beziehung zueinander aufzubauen, die ein abruptes Ende findet, als Lauren zurück zum Studium nach Maine geht, und Tim nach New York versetzt wird. Als Lauren feststellt, dass sie von Tim schwanger ist, bricht für sie eine Welt zusammen. Wird sie es schaffen, das Kind allein zu erziehen, oder gibt es vielleicht doch eine gemeinsame Zukunft mit Tim?

Mit „Lichtblaue Sommernächte“ hat die Autorin einen Roman geschaffen, der zu Tränen rührt. Einzelne Szenen waren so mit Gefühlen überflutet, dass ich die Lektüre im Zug unterbrechen musste, um mich zu sammeln (man denke nur an Alyssa und den Hamsterhimmel oder an die rebellische Mia, die zuletzt doch ihren Gefühlen freien Lauf lässt). Das Buch ist einfühlsam geschrieben. Die Gefühle werden durch den gekonnten Aufbau des Buches mit der Rahmenhandlung und der „lichtblauen Sommernacht“, in der die gesamte Geschichte erzählt wird, noch verstärkt.

Auch wenn der Aufbau der Geschichte bereits Teile der Handlung vorwegnimmt oder bereits stark darauf anspielt, hätte ich mir doch gewünscht, den Klappentext etwas offener zu halten. Die kurze Zusammenfassung auf dem Buchrücken spoilert nahezu die komplette Handlung und das Ende – was die Qualität des Buches in keinster Weise mindert, zusammen mit dem Aufbau jedoch jegliche alternativen Enden wegfallen lässt.

Das war aber bereits der einzige Kritikpunkt, den ich anbringen kann. „Lichtblaue Sommernächte“ überzeugt auf der ganzen Linie. Der flüssige Schreibstil und die tolle Handlung ziehen den Leser sofort in das Geschehen. Die einzelnen Charaktere sind – mit all ihren Stärken und Schwächen – detailreich dargestellt und entwickeln sich im Laufe des Buches weiter. Vor allem Tim und Mia machen hier enorme Entwicklungen durch. Der Leser kann mit allen Protagonisten mitfiebern, mitleiden und mitfühlen. Der Autorin gelingt zudem der Spagat zwischen den ernsten Themen und der zugrundeliegenden Liebegeschichte sehr gut.

Mit der episodenhaften Darstellung von Laurens Leben erschafft die Autorin den Eindruck, man würde durch ein Fotoalbum aller wichtiger Situationen im Leben der Protagonisten blättern. Dabei gelingt es ihr, den einzelnen Szenen so viel Kraft, Authentizität und Leben einzuhauchen, dass man sich wünscht, noch tiefer in Laurens Leben eintauchen zu können, um jedes Detail mitzuerleben. Trotz der Zeitsprünge bleibt man dabei immer dicht am Geschehen und verliert nie den Kontakt zur Handlung.

Ein besonderes Augenmerk möchte ich auch noch auf das Cover legen, das nicht nur toll gestaltet, sondern auch hochwertig geprägt ist und mit teils farbigen Coverinnenseiten noch ein besonderes Extra bereit hält. Die Prägung setzt sich auch auf dem Buchrücken und der Coverrückseite fort und sorgt, zusammen mit dem exzellenten Buchsatz, für ein wunderschön anzusehendes Gesamtpaket. Bei solchen Werken bin ich immer wieder froh darüber, dass es noch Printbücher gibt. Auch wenn es bei einem Publikumsverlag eigentlich selbstverständlich sein sollte, möchte ich dennoch kurz erwähnen, dass auch Lektorat und Korrektorat auf ganzer Linie sauber gearbeitet haben.

Mein Fazit? „Lichtblaue Sommernächte“ ist ein gefühlsstarker, mitreißender Roman, der mit tollen Charakteren und einer atmosphärischen Handlung punktet. Ich kann dieses Buch bedenkenlos allen, nicht nur Liebhabern von Liebesromanen, ans Herz legen. Es lohnt sich.