[Buchgedanken] Marie Sand: „Wie ein Stern in mondloser Nacht“ (Heimliche Heldin 2)

Vor kurzem habe ich auch „Wie ein Stern in mondloser Nacht“ von Marie Sand gelesen. Das Buch ist 2023 als Droemer Taschenbuch im Droemer Verlag in der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG veröffentlicht worden und als historischer Roman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Immer größer wird die Schere zwischen Arm und Reich im Berlin der 50er-Jahre. Das sieht auch die Hebamme Henni Bartholdy mit wachsender Sorge. Wie kann es sein, dass im Deutschland des Wirtschaftswunders verzweifelte Mütter ihre ungewollten Babys aus Scham und schierer Not aussetzen oder gar töten? Als auch Hennis große Liebe, der Arzt Ed von Rothenburg, keine Antwort weiß, handelt sie. Kurzerhand stellt sie eine Apfelsinenkiste in den Hinterhof ihres Geburtsraumes auf. Bis tatsächlich das erste Findelkind in der Klappe liegt – und lebt!

„Wie ein Stern in mondloser Nacht“ ist der zweite Roman von Marie Sand über eine „heimliche Heldin“ der deutschen Geschichte, die so nicht in den Lehrbüchern steht. Persönlich fällt mir hier schon eine Genrezuordnung schwer – aufgrund der verschiedenen Handlungsstränge in den 50ern und den 2000ern könnte man über eine Familiensaga nachdenken, auch eine historische Romanbiografie wäre denkbar oder auch ein zeitgenössischer Roman, da die Vergangenheit noch nicht allzu weit entfernt ist. Schlussendlich habe ich mich aufgrund des Hauptschwerpunkts der Handlung in den 50er Jahren jedoch für die Eingruppierung als historischer Roman entschieden.

Die Handlung ist kurzweilig und abwechslungsreich, wenn auch teils vorhersehbar, auch durch den Prolog und die zweite, nah an der Jetztzeit spielende, Handlungsebene – auf diesen Zeitstrang hätte man meines Erachtens auch verzichten können, da er wenig zur Handlung beiträgt. Abgesehen davon ist es jedoch wichtig, dass Marie Sand dieses doch eher unterrepräsentierte Thema deutscher Geschichte mit dem Roman in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit gerückt hat – erschreckend, wie wenig sich hier über Jahrzehnte getan hatte. Auch wenn Hennis Weg sicherlich nicht der ideale war, ist ihr Mut doch zu bewundern.

Das Setting ist naturgemäß gelungen – etwas anderes würde bei historischen Romanen auch irritieren. So entführt Marie Sand den Leser ins Berlin der (im Wesentlichen) 50er Jahre, lässt den Gegensatz zwischen den Gesellschaftsschichten im Nachkriegsdeutschland deutlich werden, sodass die Beklemmung, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit der handelnden Personen für den Leser durchaus spürbar wird, man mit den Charakteren leidet.

Die einzelnen Figuren sind – im Wesentlichen – vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen insbesondere Marta und Mol, während Henni nicht immer nachvollziehbar handelt und Liv sich unfair gegenüber ihrer Mutter verhält. Marie Sands Schreibstil ist dabei leicht und flüssig zu lesen, trotz einer durchaus vorhandenen Authentizität, die für eine hinreichende Recherche spricht.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat und Korrektorat sind nur Kleinigkeiten (gerade am Ende) durchgerutscht, die den Lesefluss aber nicht allzu sehr mindern. Der Buchsatz überzeugt, nicht zuletzt auch durch den Beginn jedes größeren Sinnabschnitts auf einer ungeraden Seite. Der Buchumschlag ist mit Klappen und toll gestalteten, farbigen Coverinnenseiten versehen, das Covermotiv eindringlich, wenn auch die abgebildeten Personen künstlich ins Bild gesetzt scheinen. Auch irritiert der krass abgesetzte Buchrücken, der einen starken Kontrast zum restlichen Buchdesign bildet.

Mein Fazit? „Wie ein Stern in mondloser Nacht“ ist ein gelungener historischer Roman über ein wichtiges, zu oft vernachlässigtes Thema, das den modernen Handlungsstrang aber nicht gebraucht hätte. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von 16 Jahren.

[FBM2023] Tag 3 – Von Superstars und tollen Debüts

Und so schnell ist bereits mehr als die Hälfte der diesjährigen Frankfurter Buchmesse vorbei, denn gestern stand schon der dritte Messetag für mich an, mit Florian Illies, Terézia Mora, Daniel Kehlmann, Ellin Carsta, Friedrich Kalpenstein, Sophie Passmann, Robert Seethaler, Caroline Brinkmann, Yasmin Shakarami, Emily Bähr und Karen M. McManus. Dabei begann der Tag entspannt für mich mit einem Doppelslot an der Literaturbühne. Den Anfang machte hier Florian Illies, der im Gespräch mit Knut Cordsen sein neuestes, historisches Werk „Zauber der Stille. Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten“ (S. Fischer Verlage) vorstellte – ich ließ mir im Anschluss direkt auch seinen Bestseller „1913: Der Sommer des Jahrhunderts“ signieren.

Nach ihm fand sich Térezia Mora auf der Bühne ein. Die bereits mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis (1999) und dem Deutschen Buchpreis (2013) prämierte Autorin präsentierte mit „Muna oder die Hälfte des Lebens“ (Luchterhand) erstmals einen Roman mit einer Frau als Protagonistin; erstmals einen Roman aus der Ich-Perspektive, ein Buch über die Flucht in eine und aus einer toxischen Beziehung. Auch mit „Muna“ stand Térezia Mora erneut auf der Shortlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises, verpasste eine zweite Auszeichnung zehn Jahre nach der ersten (vermutlich) aber sehr knapp. Das Gespräch mit ihr führte Anne-Dore Krohn.

Im Anschluss fand sich ein großer Autor am Stand der Zeit ein, um sein neues Werk über einen großen Regisseur zu präsentieren. „Lichtspiel“ von Daniel Kehlmann (Rowohlt) porträtiert nämlich das Leben von Georg Wilhelm Pabst als fiktive Romanbiografie mit deutlich erzählerischer Freiheit und stellt dabei insbesondere sein Schaffen im Nationalsozialismus ins Zentrum des Buches. Im Gespräch mit Adam Soboczynski sprach der Autor hierbei vor allem über seinen Zugang zum Film und darüber, was sein Werk von einer richtigen Biografie unterscheidet – hochspannend.

Ebenfalls bei der „Zeit“ begann nach einer kurzen Mittagspause mein Nachmittagsprogramm – allerdings mit einem gänzlich anderen Thema. Sophie Passmann – Autorin, Podcasterin, Schauspielerin, Moderatorin und noch so viel mehr – präsentierte im Gespräch mit Volker Weidemann ihr neuestes und persönlichstes Buch „Pick Me Girls“ (Kiepenheuer & Witsch). Wenn man den Querschnitt der Zuhörer und Zuhörerinnen mit der Veranstaltung von Daniel Kehlmann vergleicht, hätte der Unterschied kaum krasser ausfallen können – und dennoch begeisterten beide gleichermaßen.

Meine letzte Veranstaltung des Tages war dann ein klassischer Wohlfühltermin, bin ich doch im Jugendbuch zuhause. Und wenn dann mit Karen M. McManus noch ein internationaler Superstar für die Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH auf der Bühne der „30-Minuten-WG“ Platz nimmt, ist nicht nur gute Unterhaltung sondern auch ein brechend voller Stand vorprogrammiert. Karen, die ich heute auch auf einer Signierstunde treffe, stellte dort im Gespräch mit David Baum ihr neuestes Werk „One of us is back“ vor, den Abschluss ihrer weltbekannten und bereits als Serie verfilmten Reihe zu „One of us is lying“.

Den restlichen Tag schlenderte ich durch die Hallen, ließ mir von Ellin Carsta, Friedrich Kalpenstein und Robert Seethaler noch Bücher signieren und traf auf einem Blogger-Meet & Greet der Verlage cbj und cbt endlich mal wieder Caroline Brinkmann (links), und lernte dort noch Emily Bähr und Yasmin Shakarami (rechts) kennen, die mit „Tokioregen“ nicht nur das vermutlich schönste Debüt des Jahres hingelegt hat, sondern auch noch hochsympathisch war.

Während der Sonntag ganz entspannt wird, steht mein heutiger Tag ganz im Zeichen von Signierstunden nationaler und internationaler Superstars. Doch worauf ich mich am meisten freue, ist es, endlich Ulla Scheler wiederzutreffen, die nach jahrelanger Pause mit „Acht Wölfe“ ein fulminantes Comeback feierte – mein bisheriges Jahreshighlight. Worauf freut Ihr Euch heute?

[Buchgedanken] Bastian Kresser: „Als mir die Welt gehörte“

Vor kurzem habe ich „Als mir die Welt gehörte“ von Bastian Kresser gelesen. Das Buch ist 2023 im Braumüller Verlag, Braumüller GmbH, veröffentlicht worden und als historische Romanbiografie einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Man ist, wer man beschließt zu sein. Victor Lustig, bekannt als der Mann mit den tausend Gesichtern, erfand sich sein Leben lang neu. Vom Taschendieb mauserte er sich zu einem der berühmtesten und kreativsten Trickbetrüger, Geldfälscher und Hochstapler der Geschichte. Neben seinem größten Coup, dem erfolgreichen Verkauf des Eiffelturms an einen Schrotthändler, gelang es ihm unter anderem, Al Capone übers Ohr zu hauen sowie dermaßen viel Falschgeld drucken und in Umlauf bringen zu lassen, dass er beinahe das gesamte amerikanische Finanzsystem aus den Angeln hob. Doch was passiert, wenn der scheinbar unverwundbare Charmeur beschließt, sich nicht länger an seine eigenen Regeln zu halten? Es beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem FBI und dem Secret Service und das Netz zieht sich langsam zu.

„Als mir die Welt gehörte“ ist ein historischer Roman über das Leben von Victor Lustig – und nicht etwa Gegenwartsliteratur, wie teils bei Verkaufsplattformen einsortiert. Zwar fehlen eine historische Einordnung, ein Nachwort zur Abgrenzung von Wahrheit und Fiktion, gern auch Quellenverzeichnis oder Literaturtipps – ich habe es trotzdem aufgrund der starken Zentrierung auf einen einzigen Protagonisten als Romanbiografie betitelt, erzählt Victor doch episodenhaft aus seinem Leben.

Die Handlung ist spannend, wenn natürlich auch vorhersehbar, was unter anderem an der Erzählweise in zwei Zeitebenen liegt, die (leider) für wenig Stringenz sorgt und das Ende vorwegnimmt. Letzteres ist dabei aber nicht schlimm, ist Victors Geschichte aufgrund seiner historischen Prominenz doch durchaus in Teilen zumindest bekannt. Auch hat das Buch zu Anfang einige Längen, im Gegensatz dazu fehlen mir am Ende wichtige und längere Abschnitte. Abgesehen davon gelingt es dem Autor, Spannung, Humor und Leichtigkeit zu vermischen und – als größte Errungenschaft – den eigentlich moralisch indiskutablen Victor zumindest phasenweise durchaus sympathisch erscheinen zu lassen.

Das Setting ist natürlich brillant- aber das war auch zu erwarten, entführt der Roman den Leser doch in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, in schillernde Metropolen wie Paris, London und New York; in eine Zeit der Weltkriege und Prohibition, aber auch der Goldenen Zwanziger, des Unternehmer- und Pioniergeistes. Als krassen Gegensatz dazu reist der Leser im Roman auch nach Alcatraz, in die triste, trostlose Einsamkeit – sehr abwechslungsreich.

Etwas zu den Figuren zu sagen, fällt hier schwer, beschränkt sich der Cast doch im wesentlichen auf Victor – alle anderen sind nebensächlich und kaum existent, sieht man mal von Al Capone in der zweiten Zeitlinie ab. Dabei wird Victor grundsätzlich vielschichtig angelegt, hat Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Durch die teils direkte Ansprache des Lesers durch ihn wird jedoch immer eine gewisse Distanz aufgebaut, die eine Identifikation mit ihm erschwert. Bastian Kressers Schreibstil hingegen ist leicht und flüssig lesbar.

Die Buchgestaltung ist solide: Lektorat und Korrektorat sind nur Kleinigkeiten durchgerutscht, der Buchsatz ist konservativ schlicht. Buchumschlag und das darunter liegende Buch sind relativ eintönig und unauffällig, das Covermotiv zwar einfallsreich, aber nichtsdestotrotz kein Eyecatcher und mit wenig Bezug zur Handlung. Wie oben erwähnt, hätte ich mir zudem weitere, die Handlung abrundende, Informationen im Vor- und/oder Nachwort gewünscht.

Mein Fazit? „Als mir die Welt gehörte“ ist eine solide historische Romanbiografie, die vor allem aufgrund des Settings und des Stoffs brilliert, aber auch kleinere Schwächen und Längen hat. Für Leser des Genres dennoch zu empfehlen – ab einem Lesealter von 14 Jahren.

Gewinne im Doppelpack | Buchverlosungen auf Lovelybooks

Vor kurzem erreichten mich auch diese Bücher als Gewinne von Buchverlosungen auf Lovelybooks.de. „Wie erfolgreiche Menschen reden“ von Julia Reichert (Selfpublishing) ist ein Ratgeber im Bereich (Neuro-)Rhetorik, „Diese unstillbare Sehnsucht nach Liebe“ von Silke Ellenbeck (DeBehr Verlag) eine zweibändige historische Romanbiografie über Prinzessin Feodora zu Reuss-Köstritz, Prinzessin von Sachsen-Meiningen. Ich bin schon ganz auf die beiden unterschiedlichen Werke gespannt.

Redet Ihr gern vor fremden Menschen?

[Buchgedanken] Axel S. Meyer: „Der Sonne so nah“

Vor kurzem habe ich auch „Der Sonne so nah“ von Axel S. Meyer gelesen. Das Buch ist 2023 bei Kindler, Rowohlt Verlag GmbH erschienen und als historischer Roman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de!

Zwei Männer machen sich im 19. Jahrhundert auf, den Himmel zu erobern. Im pommerschen Städtchen Anklam sucht der junge Otto Lilienthal Zuflucht in der Natur. Als er in den Niederungen den Flug der Störche beobachtet, keimt in ihm der Wunsch, selbst einmal wie ein Vogel fliegen zu können. Unterdessen wächst Ferdinand Graf von Zeppelin als Spross einer Adelsfamilie bei Konstanz am Bodensee auf. Schon früh interessiert er sich für Technik und Mechanik, muss sich aber den Wünschen seines Vaters fügen und schlägt zunächst eine Militärkarriere ein. Und doch hält er an seinem großen Traum fest, eines Tages ein mächtiges Luftschiff zu bauen. Zwei Männer, besessen von dem uralten Traum des Fliegens, die in einem Fernduell um die Herrschaft der Lüfte ringen. Von ihren Mitmenschen als Fantasten verspottet, lassen sie sich nicht beirren, auch wenn es zunächst scheint, als würden ihre Kritiker recht behalten …

„Der Sonne so nah“ ist – wie oben angegeben – als historischer Roman einzuordnen (auch wenn Verkaufsportale ihn irritierenderweise auch als „Gegenwartsliteratur“ oder „Coming-of-Age“ führen). Gute Argumente ließen sich jedoch auch für die Eingruppierung als „Romanbiografie“ finden, allerdings bin ich aufgrund der Fixierung auf mehr als einen Protagonisten und der doch starken Nutzung künstlerischer Freiheiten bei der allgemeineren Kategorisierung verblieben.

Die Handlung beschreibt den Lebensweg von Lilienthal und Zeppelin in den Jahren von 1847 bis 1896, also im Wesentlichen den Lebensdaten von Lilienthal (1848 bis 1896), auf anschaulich und durchaus spannende Weise. Durch das frühe Ende wird leider der Handlungsstrang um Zeppelin nicht wirklich abgeschlossen, sondern lediglich im Nachwort aufgearbeitet – hier hätte ich mir noch etwas mehr Ausgewogenheit gewünscht. Auch dauert es durch die nicht stringente Erzählweise etwas, bis man im Buch ist, bis man Verbindungen zu den Protagonisten aufbaut.

Das Setting ist gelungen. So entführt der Autor den Leser, wie benannt, in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Durch die beiden Protagonisten gelingt es, die Unterschiede zwischen arm und reich, die verschiedenen Lebensperspektiven des Adels und der einfachen Leute aufzuzeigen und spürbar zu machen. Dabei wird der Roman in auktorialer Erzählperspektive erzählt, wobei der Erzähler leider teils massiv vorausgreift und unnötigerweise mittels Infodump Fakten zur Geschichte einbaut – hier hätte man näher an den Figuren sein dürfen und – vermutlich – müssen.

Anmerkungen zu den einzelnen Figuren verbieten sich bei so stark dokumentierten Persönlichkeiten eigentlich, auch wenn Axel S. Meyer durch die konsequent-freiheitliche Ausgestaltung jeglicher Lebenslauflücken hier doch für die ein oder andere unerwartete Überraschung sorgte. Teils hätte ich mir allerdings gewünscht, etwas mehr über die anderen Familienangehörigen zu erfahren, die hier doch größtenteils zu Statisten mutiert sind. Der Schreibstil des Autors ist hierbei, sieht man mal von der aus meiner Sicht unglücklichen Erzählperspektive ab, authentisch und zeugt von guter Recherche, ist im Wesentlichen gut und flüssig lesbar, lediglich die dialektischen Passagen unterbrechen doch gelegentlich den Lesefluss.

Die Buchgestaltung kann ebenfalls überzeugen. Lektorat und Korrektorat haben solide gearbeitet, der Buchsatz ist gelungen und verdient sich ein Lob für die überzeugende Gestaltung der Kapitelüberschriften mit den jeweiligen Fluggeräten für den derzeit beschriebenen Handlungsstrang. Der Buchumschlag ist dezent aber toll gestaltet inklusive der Klappen, das darunterliegende Buch von außen schlicht, aber mit farbigen Coverinnenseiten versehen.

Mein Fazit? „Der Sonne so nah“ ist ein historischer Roman über zwei faszinierende Persönlichkeiten, der mit seinem Setting überzeugt, leider aber etwas zu früh endet. Für Leser des Genres und/oder Liebhaber der Fluggeschichte dennoch bedenkenlos zu empfehlen.

Vom Wunsch nach Freiheit | Doppelte Buchpost

Vor kurzem erreichten mich auch diese beiden Bücher als Rezensionsexemplare im Rahmen von Leserunden auf Lovelybooks.de – vielen Dank dafür! „Der Sonne so nah“ von Axel S. Meyer aus dem Kindler Verlag (Rowohlt Verlag GmbH) ist ein historischer Roman, während „Die wilden Pferde von Rydal Hill – Leuchtende Hügel“ von Theresa Czerny der Auftakt in eine Pferde-Jugendbuchreihe im Magellan Verlag ist. Beide Bücher feiern dabei die Freiheit, drehen sie sich doch um Wildpferde sowie um die beiden Luftfahrtpioniere Lilienthal und Zeppelin, die den Himmel eroberten. Ich bin schon ganz auf die so unterschiedlichen Romane gespannt!

Kennt Ihr einen der Autoren bereits?

[Buchgedanken] Claudia Romes: „Beethovens Geliebte“ (Außergewöhnliche Frauen 11)

Vor kurzem habe ich „Beethovens Geliebte“ von Claudia Romes gelesen, den elften Band der von verschiedenen AutorInnen verfassten, unzusammenhängenden Reihe über außergewöhnliche Frauen der jüngeren Geschichte. Das Buch ist 2022 bei aufbau taschenbuch, Aufbau Verlage GmbH & Co. KG erschienen und als historische Romanbiografie einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Bonn, 1790: Im Zehrgarten am Marktplatz dreht sich alles um die Kunst – und mittendrin: die neunzehnjährige Tochter der Wirtin, die in ihren Salons die wichtigsten Männer der Stadt um sich versammelt. Wenn es nach ihrer Mutter ginge, würde Babette Koch am besten einen Fürsten heiraten, aber seitdem der junge Ludwig van Beethoven aus Wien zurück ist, fühlt sich Babette immer mehr zu ihrem Kindheitsfreund hingezogen. Doch ein schlechter Ruf eilt dem Musiker voraus, so gilt er nicht nur als talentiert, sondern auch als äußerst flatterhaft.

„Beethovens Geliebte“ ist ein historischer Roman, eine Romanbiografie über Babette Koch, auch wenn die Quellenlage über ihre Jugendjahre doch relativ dünn ist, sodass hier viel Fiktion auf wenige, gesicherte Fakten trifft, insbesondere, was die Beziehung Babettes zu Ludwig betrifft – ein Verhältnis, was die Autorin höchstspekulativ aber doch im Rahmen des Möglichen ausgestaltet.

Die Handlung ist durchaus abwechslungsreich, wenn auch teils vorhersehbar und mit einigen, kleineren Längen versehen. Claudia Romes mischt dabei den historischen Beginn der Aufklärung durch die französische Revolution mit Bonner Stadtgeschichte und dem Wirken des jungen Beethovens und macht die Ereignisse anhand der Auswirkungen auf die Familie Koch für die Leser erlebbar. Hierbei ist der Schreibstil der Autorin gut und flüssig lesbar, authentisch und zeugt von einer im Rahmen der Möglichkeiten hinreichend guten Recherche.

Das Setting vermag hingegen zu überzeugen. So zeichnet Claudia Romes das Porträt einer zwar monarchistischen, aber doch fortschrittlichen Stadt Bonn, einem Mekka für Kunst, Aufklärung und Freiheit, das den Spagat zwischen fortschrittlichen Ideen und alten Traditionen wagt und in dem Standesunterschiede überwunden werden.

Die einzelnen Figuren sind dabei im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben teils Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Dabei glänzen vor allem Nebenfiguren wie Marianne, Malchus oder Eleonore, während gerade Ludwig etwas eindimensional und blass verbleibt. Gern hätte ich hier zudem noch mehr über Babettes letzte Jahre gelernt, die dann im Rahmen des Romans doch nur stark verkürzzt dargestellt worden sind, da der Fokus ja auf ihrer Beziehung zu dem Komponisten lag.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat und Korrektorat haben größtenteils sauber gearbeitet, der Buchsatz ist fehlerfrei und schön anzusehen. Der Buchumschlag ist auf dem Titel, dem Buchrücken und der Coverrückseite leicht geprägt und mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten versehen. Das Titelbild ist farblich ansprechend und hübsch gestaltet, wenn auch etwas der Bezug zur Handlung fehlt. Jedoch fügt es sich gut in die Reihe ein und sorgt für einen einheitlichen Gesamteindruck.

Mein Fazit? „Beethovens Geliebte“ ist eine gelungene Romanbiografie, die vor allem durch ihr tolles Setting punktet, aber auch kleinere Längen hat. Für Liebhaber des Genres – und der Reihe – bedenkenlos zu empfehlen.

[Buchgedanken] Jonathan Lee: „Der große Fehler“

Vor einiger Zeit habe ich „Der große Fehler“ von Jonathan Lee gelesen. Das Buch ist 2022 in der Diogenes Verlag AG erschienen, die Originalausgabe wurde 2021 unter dem Titel „The Great Mistake“ bei Alfred A. Knopf, New York, veröffentlicht. Vielen Dank an dieser Stelle an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de. Das Buch ist als Romanbiographie einzuordnen, für die Übersetzung zeichnet Werner Löcher-Lawrence verantwortlich.

Die Welt besteht aus Fehlern und Flickversuchen. Und manchmal aus seltsamen Missverständnissen. Andrew Green ist tot. Erschossen am helllichten Tag, an einem Freitag, den 13. Spekulationen schießen ins Kraut. Verdankt New York dem einstigen Außenseiter doch unter anderem den Central Park und die New York Public Library. Inspector McClusky nimmt die Ermittlungen auf. Was wussten die übereifrige Haushälterin, der Präsidentschaftskandidat Tilden und die brillante Bessie Davis, der halb New York zu Füßen liegt?

„Der große Fehler“ ist … ja was eigentlich? Von mir als Romanbiografie betitelt, bei Amazon unter anderem als Gegenwartsliteratur und als Polizeikrimi geführt, vereint der Roman doch mehrere Genres zu einem nicht immer wirklich überschaubaren Kuddelmuddel. So erzählt „Der große Fehler“ episodisch in Rückblenden aus dem Leben von Andrew Green, abwechselnd zur Darstellung der Emittlungen von McClusky.

Die Handlung ist daher sprunghaft und nur lose chronologisch, hilfreich wäre es gewesen, die Kapitel zumindest mit Jahreszahlen zu überschreiben. Auch ist die Schwerpunktsetzung nicht immer gelungen. So wird einzelnen Episoden und Handlungssträngen übermäßig viel Raum eingeräumt, während spannende Phasen wie das Wirken Andrew Greens vernachlässigt werden.

Setting, Sprache und Atmosphäre überzeugen hingegen. Der Autor nimmt den Leser mit auf eine Reise in das New York bzw. Amerika des 19. und (sehr frühen) 20. Jahrhunderts, in eine Zeit voller Vorurteile, Rassendiskriminierung und Klassenunterschiede, ohne diese Themen jedoch zu sehr zu politisieren und aus der heutigen Sicht zu beleuchten.

Der Schreibstil des Autors lässt sich – trotz der historischen Themen – im Wesentlichen gut und flüssig lesen, ist beschreibend, jedoch nicht störend oder ermüdend. Bei den Figuren überzeugt Mrs. Bray als Nebencharakter genau wie Samuel Tilden.

Die Buchgestaltung ist im Wesentlichen gelungen, Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, der Buchumschlag und das Buch darunter sind verlagstypisch schlicht, das Covermotiv bietet aber immerhin mehrere Anklänge an die Handlung.

Mein Fazit? „Der große Fehler“ ist eine interessante Romanbiographie über einen amerikanishcen Visionär, die vor allem durch Setting und Sprache punktet, leider jedoch gerade die Visionen etwas vermissen lässt. Für Liebhaber des Genres bedenkenlos zu empfehlen, aber definitiv nicht – wie im Blurb auf dem Buchrücken angegeben – der „beste amerikanische Roman des Jahres“.