Vor kurzem habe ich auch „Redemptio: Sie wissen alles“ von Volker Gerling gelesen. Das Buch ist 2023 im Kampenwand Verlag erschienen und als Thriller einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Eine neuartige Software mit Namen Redemptio soll die Verbrechensbekämpfung revolutionieren. Anstatt zu warten, bis eine Straftat begangen wurde, errechnet der brillante Algorithmus, wo und sogar wann das nächste Verbrechen mit hoher Wahrscheinlichkeit stattfinden wird. Die junge Polizeibeamtin Anabel Plate entdeckt jedoch, was tatsächlich hinter diesem Programm steckt: Die totale Kontrolle über alle und alles. Sie nimmt den Kampf gegen Mensch und Maschine auf. Aber es wird ein Rennen gegen die Zeit, denn Redemptio gerät außer Kontrolle.
„Redemptio: Sie wissen alles“ ist – augenscheinlich – ein Thriller, schließlich wird es so auch auf dem Cover beworben. Dabei könnte man das Buch – auch wenn es zeitlich nicht eingeordnet wird und vom Setting her nah an der Jetztzeit spielt – durchaus auch der Science Fiction zuordnen. Gleichsam vereint „Redemptio“ mehrere Unterarten des Thrillers, ist Politik- und Wissenschaftsthriller, sodass ich es der Einfachheit halber bei der groben Einordnung als Thriller belassen habe.
Die Prämisse der Handlung erinnert stark an „Minority Report“, dennoch ist die Geschichte kurzweilig und abwechslungsreich. Dabei greift der Roman aktuelle gesellschaftspolitische Themen wie den Umgang mit künstlicher Intelligenz, die Vulnerabilität von Demokratien und Überwachungskompetenzen der Sicherheitsbehörden/-dienste sowie deren Kontrolle auf und verwebt diese zu einem nicht immer logischen, aber durchweg spannenden Thriller.
Das Setting überzeugt dabei durchaus, ist allerdings mehr oder weniger auch austauschbar. So entführt der Autor den Leser in ein Deutschland nahe der Jetztzeit, geprägt durch bekannte politische und polizeiliche Systeme und Befugnisse – hier hätte auch nahezu jede andere, ähnliche Demokratie als Handlungsort fungieren können. Dabei hätte ich mir gern noch stärkere Einblicke in den Entstehungsprozess von „Redemptio“ gewünscht, eine etwas stärkere Fokussierung auf die technischen Aspekte des Thrillers.
Die einzelnen Figuren sind – im Wesentlichen – vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive, wenn auch aufgrund der Vielzahl an Personen (von denen einige das Ende des Romans nicht erleben) nicht alle im Detail ausgearbeitet werden konnten. Überzeugt haben hier vor allem Sybille und Anabel, während insbesondere Essling als einer der Antagonisten eher blass blieb. Volker Gerlings Schreibstil lässt sich hierbei locker und flüssig lesen und das Kopfkino sofort anspringen.
Die Buchgestaltung ist erheblich fehlerbehaftet. Während Cover und Umschlaggestaltung noch solide sind und auch der Buchsatz ordentlich aussieht, sind Lektorat und Korrektorat schlicht mangelhaft. Ich weiß nicht, ob in den Taschenbüchern im Druck eine frühe Version reingerutscht ist, aber eine solche Fülle an Fehlern finde ich nicht einmal in Vorableseexemplaren vor dem letzten Korrekturdurchgang – dies ist schlicht inakzeptabel und irritiert massivst, wenn man berücksichtigt, dass mir sicherlich nicht einmal alle Fehler aufgefallen sind.
Mein Fazit? „Redemptio: Sie wissen alles“ ist eigentlich ein im Wesentlichen gelungener Thriller mit kurzweiliger aber nicht unbekannter Handlung, der durch das Spannungsfeld zwischen wissenschaftlichem Fortschritt und den Gefahren durch KI glänzen kann. Für Leser des Genres ab 16 Jahren bedenkenlos zu empfehlen – allerdings nur, wenn in späteren Auflagen die massive Fehleranzahl hinreichend gut korrigiert worden ist.