[Buchgedanken] Ellen Ertelt: „Leih mir dein Herz für immer“

Vor kurzem habe ich „Leih mir dein Herz für immer“ von der Heidelberger Autorin Ellen Ertelt gelesen. Das Buch ist 2023 in der Piper Verlag GmbH erschienen und als Liebesroman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Es ist Hochsommer, als der Start-up-Unternehmer Micha für ein langes Wochenende nach Heidelberg reist. Zufällig landet er vor dem „Borrowland“, einem kleinen Leihgeschäft in der Altstadt, wo man Sonnenhüte und Regenschirme mieten kann. Zwischen der umwelt­bewussten Inhaberin Susanne und dem charmanten Micha entsteht sofort eine Verbindung. Während sie ihm das roman­tische Heidelberg zeigt, kommen sich die beiden immer näher. Doch Susanne hat schlechte Erfahrungen beim Dating gemacht, daher verschweigt sie Micha die Existenz ihrer kleinen Tochter. Und auch Micha hält Dinge zurück, aus Angst, erneut verletzt zu werden. Bedeuten diese Geheimnisse etwa das Ende ihrer Liebe, bevor sie überhaupt begonnen hat?

„Leih mir dein Herz für immer“ wird als nachhaltiger Liebesroman angepriesen – und diese Beschreibung passt auch, ist das Buch doch nicht nur nachhaltig und klimaneutral produziert, sondern stellt auch neben der Liebesgeschichte das Thema Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt der Handlung, ohne hierbei aber zu militant, zu belehrend zu werden – ein schmaler Grat in der heutigen Zeit.

Die Handlung ist dabei kurzweilig und wird wechselnd kapitelweise aus der Sicht der beiden Protagonistinnen erzählt – ungewöhnlicherweise aber jeweils aus der personalen Erzählperspektive, die Dopplung ist doch eher bei Ich-Perspektiven üblich. Zudem werden einige im Buch verwandte, handlungstreibende Motive etwas totgeritten – während sie anfangs noch überzeugten und innovativ waren, sorgt irgendwann die dutzendfache Wiederholung fürs genaue Gegenteil.

Das Setting kann natürlich brillieren. So entführt die Autorin den Leser ins malerische Heidelberg, eine der schönsten Städte Deutschlands (ich bin hier als Heidelberger natürlich parteiisch :D), nimmt ihn mit aufs Schloss, zur Schlossbeleuchtung, den berühmten Schlossfestspielen,, zu vielen Sehenswürdigkeiten und in die engen Gassen der Altstadt – ein Traum, der den Wunsch weckt, die einzelnen Handlungsorte wieder zu besuchen.

Die Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Während jedoch sowohl Micha als auch Susanne hier nicht immer nachvollziehbar handeln, können vor allem wichtige Nebencharaktere wie Emma und Chrissy glänzen. Ellen Ertelts Schreibstil ist dabei leicht und flüssig zu lesen und lässt das Kopfkino sofort anspringen.

Die Buchgestaltung ist ordentlich. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, der Buchdeckel ist auf dem Cover, der Coverrückseite und dem Buchrücken leicht geprägt. Allerdings vermag das Titelmotiv auf dem Cover nicht zu überzeugen, fehlt ihm doch der Bezug zur Handlung – und es ist zudem insgesamt sehr eintönig wie der komplette Umschlag.

Mein Fazit? „Leih mir dein Herz für immer“ ist ein Liebesroman, der mit seinem Setting und einer spannenden Thematik überzeugt, aber auch kleineren Schwächen hat. Für Leser des Genres dennoch bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 14 Jahren.

[Buchgedanken] Isabell Schönhoff: „Das Erbe der Greiffenbergs – Gegen den Wind“ (Chiemsee-Saga 1)

Vor kurzem habe ich auch „Das Erbe der Greiffenbergs – Gegen den Wind“ von Isabell Schönhoff gelesen. Das Buch ist 2023 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen und als Familiensaga einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Am Ufer des malerischen Chiemsees ist der exklusive Flagship-Store des Feinkostunternehmens Greiffenberg eine Attraktion. Patriarch Ludwig leitet in dritter Generation die Geschicke mit harter Hand … und nach seinem Gutdünken. Die drei Kinder interessieren sich nicht fürs Geschäft, seine Frau Therese, ein ehemaliges Münchner Modell, pflegt ihr Image als Society-Lady, und Großmutter Elsa ist trotz ihrer 80 Jahre eine passionierte Bergwanderin. Dann kehrt Ludwig eines Tages nicht von einem Segeltörn zurück. Widerstrebend nimmt die älteste Tochter Pauline die Zügel in die Hand, ohne zu wissen, dass sie damit ein Intrigenkarussell in Gang setzt, das zur Zerreißprobe für die ganze Familie wird.

„Das Erbe der Greiffenbergs – Gegen den Wind“ ist der erste Band der Chiemsee-Saga rund um die Familie von Greiffenberg. Dabei habe ich es, trotz der starken Liebesgeschichte, bei der Eingruppierung als Familiensaga belassen, stehen doch die Geschicke der ganzen Familie im Mittelpunkt. So werden auch fleißig die personalen Erzählperspektiven ausgetauscht, auch wenn natürlich der Hauptaugenmerk auf den Erlebnissen von Pauline liegt. Ungewöhnlich ist zudem, dass die Geschichte in der Jetztzeit spielt, eine unverhoffte aber nicht unwillkommene Überraschung.

Die Handlung kann im Wesentlichen überzeugen, ist abwechslungsreich, wenn auch teils vorhersehbar und mit kleineren Längen im Mittelteil versehen. Größtes Manko ist aus meiner Sicht das Ende – hier hätte die Autorin zwingend ein Kapitel – oder auch nur einen Absatz – früher enden müssen. Dieser krasse Cliffhanger, dessen Inhalt zwar erwartbar war, zerstört vieles, was die sonst gute Handlung aufgebaut hat und lässt mich als Leser ratlos und unbefriedigt zurück. Auch werden diverse Handlungsstränge nicht aufgelöst – ganz schön viel bleibt offen. Abgesehen davon thematisiert das Buch ein Potpourri moderner und gesellschaftlich relevanter Themen wie toxische Beziehungen, faire Erzeugerpreise, ökologische Landwirtschaft und psychische Erkrankungen.

Das Setting ist natürlich brillant. So entführt Isabell Schönhoff den Leser an den malerischen Chiemsee zwischen Biohof und High-Society-Villa, zwischen Dorfstammtisch und Partys der Schickeria. Dabei zeichnet die Autorin ein wundervolles Panorama der Landschaft mit ihren Beschreibungen – und zeigt die auch heute noch vorhandenen krassen Gegensätze zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten anschaulich.

Die einzelnen Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, lasen aber auch noch Entwicklungspotential für die Folgebände. Hierbei überzeugen vor allem Antonia und Elsa, während bei Pauline und vor allem bei Therese noch Luft nach oben verbleibt. Ich hoffe, dass die Autorin diese in den Folgebänden konsequent weiterentwickelt, abrundet und ihnen noch mehr Tiefe verleiht. Isabell Schönhoffs Schreibstil ist zudem leicht und flüssig zu lesen und lässt das Kopfkino sofort anspringen.

Die Buchgestaltung kann ebenfalls größtenteils glänzen. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, der Buchdeckel ist auf dem Cover hochwertig geprägt, mit Klappen und farbigen, allerdings eintönigen, Coverinnenseiten versehen – hier ist etwas Potential verschenkt worden. Auch das Covermotiv ist ansprechend und durchaus ein Eyecatcher, allerdings auch etwas austauschbar. Zudem wird es leider zum Buchrücken hin unterbrochen und sowohl dort als auch auf der Coverrückseite marginal abgewandelt wieder aufgegriffen – das hätte ebenfalls eleganter gelöst werden können.

Mein Fazit? „Das Erbe der Greiffenbergs – Gegen den Wind“ ist ein solider Start in die Familiensaga, der vor allem durch sein Setting, eine spannende Handlung und viel Innovation glänzt, zugleich aber auch kleinere Längen hat und in einem unnötig-massiven Cliffhanger endet. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 14 Jahren.

[Buchgedanken] Alicia Zett: „Wie Wellen im Sturm“ (Liebe ist 1)

Vor kurzem habe ich „Wie Wellen im Sturm“ von Alicia Zett gelesen, den ersten Band der „Liebe ist“-Trilogie. Das Buch ist 2023 im One Verlag in der Bastei Lübbe AG erschienen und als Young Adult Romance einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Breitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Die 16-jährige Louise hat das Gefühl, nicht dazuzugehören. In der Schule verbringt sie die Pausen meist allein, und in ihrer Freizeit flüchtet sie sich in ihre Fantasy-Geschichten, denn Schreiben ist Louises größte Leidenschaft. Als sie durch ihre Schriftstellerei ein Stipendium für das renommierte Internat Schloss Mare an der Nordseeküste erhält, steht ihr Leben plötzlich Kopf. Im Fußballteam des Internats findet sie schnell Anschluss, und zum ersten Mal fühlt sich Lou angenommen. Nur aus Kapitänin Mika wird sie nicht richtig schlau. Umso verwirrter ist Lou, als sie bemerkt, dass ihre wachsenden Gefühle für Mika weitaus mehr als nur freundschaftlich sind …

„Wie Wellen im Sturm“ ist ein Roman an der Grenze vom Jugendbuch zu Young Adult, zumindest was die angegebene Zielgruppe mit 14+ angeht. Zwar spielen in dem Roman durchaus jugendtypische Themen eine Rolle wie das Coming-Out, Mobbing oder auch familiäre Probleme – aber aufgrund der starken Fokussierung auf die Liebesgeschichte und des Alters der Protagonisten (16) tendiere ich doch zur Eingruppierung als (queere) Young Adult Romance. Ich bin mal gespannt, welche Richtung die Folgebände einschlagen, in jedem Fall ist der Roman ein frühes Jahreshighlight.

Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich. Dabei wird die Haupthandlung immer wieder von einer von Lou verfassten Geschichte unterbrochen – quasi ein Buch im Buch, aber auch eine Metaebene, sind die Hauptfiguren doch Louises Träumen und Gefühlen angepasst. Diese Metaebene wird durch die letzten beiden Sätze noch verstärkt – ein toller Abschluss der Geschichte. Auch ist das Buch zwar Teil einer Reihe, aber komplett als Standalone lesbar. So kehrt man zwar in den Folgebänden wieder ans Internat Schloss Mare zurück, diese drehen sich aber jeweils um andere Hauptprotagonisten – auch wenn man die aus dem nächsten Teil in diesem Band bereits kennen und schätzen lernen durfte.

Das Setting ist – wie nicht anders zu erwarten – gelungen. Ich meine: ein Internat, das Fokuskurse im kreativen Schreiben anbietet, Bestsellerautoren einlädt, tolle Sportprogramme hat, elitär ist und am Meer liegt – was will man, sowohl als Leser als auch als Schüler, mehr? Zudem entführt die Autorin den Leser auch noch auf eine Reise nach London, auf einen ländlichen Bauernhof und in eine pulsierende Touristenstadt am Meer. Handlungsorte, an die man sich aufgrund der tollen Ich-Perspektive mit Lou zusammen träumen kann.

Die einzelnen Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig ausgearbeitet, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Neben Lou, der man naturgemäß nah ist, überzeugen hier auch Mika (und das nicht nur aufgrund des tollen Namens) und, hach, eigentlich fast alle – ein toller Cast an Charakteren. Alicia Zetts Schreibstil ist dabei leicht und flüssig zu lesen, humor- und gefühlvoll und lässt das Kopfkino sofort anspringen.

Auch die Buchgestaltung brilliert. Lektorat und Korrektorat haben sauber gearbeitet, der Buchsatz ist wundervoll und kann insbesondere mit dem Satz der Geschichte in der Geschichte glänzen (auch die Korrekturanmerkungen von Lou überzeugen hier). Der Buchdeckel ist auf dem Cover, Buchrücken und der Coverrückseite hochwertig geprägt und mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten versehen. Das Covermotiv ist farblich toll und vor allem aufgrund der Typographie ein wahrer Eyecatcher, aber auch die Illustration von Lou und Mika überzeugt – alles in allem ein sehr gelungenes Cover, das sich zudem gut in das Gesamtbild der Reihe anpasst und für einen einheitlichen Gesamteindruck mit Wiedererkennungswert sorgt.

Mein Fazit? „Wie Wellen im Sturm“ ist ein unglaublich toller und gefühlvoller Auftakt in die Trilogie, ein Roman mit brillanten Protagonisten und tollem Setting. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen, ab dem vom Verlag vorgeschlagenen Lesealter von 14 Jahren.

[Buchgedanken] Bastian Kresser: „Als mir die Welt gehörte“

Vor kurzem habe ich „Als mir die Welt gehörte“ von Bastian Kresser gelesen. Das Buch ist 2023 im Braumüller Verlag, Braumüller GmbH, veröffentlicht worden und als historische Romanbiografie einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Man ist, wer man beschließt zu sein. Victor Lustig, bekannt als der Mann mit den tausend Gesichtern, erfand sich sein Leben lang neu. Vom Taschendieb mauserte er sich zu einem der berühmtesten und kreativsten Trickbetrüger, Geldfälscher und Hochstapler der Geschichte. Neben seinem größten Coup, dem erfolgreichen Verkauf des Eiffelturms an einen Schrotthändler, gelang es ihm unter anderem, Al Capone übers Ohr zu hauen sowie dermaßen viel Falschgeld drucken und in Umlauf bringen zu lassen, dass er beinahe das gesamte amerikanische Finanzsystem aus den Angeln hob. Doch was passiert, wenn der scheinbar unverwundbare Charmeur beschließt, sich nicht länger an seine eigenen Regeln zu halten? Es beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem FBI und dem Secret Service und das Netz zieht sich langsam zu.

„Als mir die Welt gehörte“ ist ein historischer Roman über das Leben von Victor Lustig – und nicht etwa Gegenwartsliteratur, wie teils bei Verkaufsplattformen einsortiert. Zwar fehlen eine historische Einordnung, ein Nachwort zur Abgrenzung von Wahrheit und Fiktion, gern auch Quellenverzeichnis oder Literaturtipps – ich habe es trotzdem aufgrund der starken Zentrierung auf einen einzigen Protagonisten als Romanbiografie betitelt, erzählt Victor doch episodenhaft aus seinem Leben.

Die Handlung ist spannend, wenn natürlich auch vorhersehbar, was unter anderem an der Erzählweise in zwei Zeitebenen liegt, die (leider) für wenig Stringenz sorgt und das Ende vorwegnimmt. Letzteres ist dabei aber nicht schlimm, ist Victors Geschichte aufgrund seiner historischen Prominenz doch durchaus in Teilen zumindest bekannt. Auch hat das Buch zu Anfang einige Längen, im Gegensatz dazu fehlen mir am Ende wichtige und längere Abschnitte. Abgesehen davon gelingt es dem Autor, Spannung, Humor und Leichtigkeit zu vermischen und – als größte Errungenschaft – den eigentlich moralisch indiskutablen Victor zumindest phasenweise durchaus sympathisch erscheinen zu lassen.

Das Setting ist natürlich brillant- aber das war auch zu erwarten, entführt der Roman den Leser doch in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, in schillernde Metropolen wie Paris, London und New York; in eine Zeit der Weltkriege und Prohibition, aber auch der Goldenen Zwanziger, des Unternehmer- und Pioniergeistes. Als krassen Gegensatz dazu reist der Leser im Roman auch nach Alcatraz, in die triste, trostlose Einsamkeit – sehr abwechslungsreich.

Etwas zu den Figuren zu sagen, fällt hier schwer, beschränkt sich der Cast doch im wesentlichen auf Victor – alle anderen sind nebensächlich und kaum existent, sieht man mal von Al Capone in der zweiten Zeitlinie ab. Dabei wird Victor grundsätzlich vielschichtig angelegt, hat Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Durch die teils direkte Ansprache des Lesers durch ihn wird jedoch immer eine gewisse Distanz aufgebaut, die eine Identifikation mit ihm erschwert. Bastian Kressers Schreibstil hingegen ist leicht und flüssig lesbar.

Die Buchgestaltung ist solide: Lektorat und Korrektorat sind nur Kleinigkeiten durchgerutscht, der Buchsatz ist konservativ schlicht. Buchumschlag und das darunter liegende Buch sind relativ eintönig und unauffällig, das Covermotiv zwar einfallsreich, aber nichtsdestotrotz kein Eyecatcher und mit wenig Bezug zur Handlung. Wie oben erwähnt, hätte ich mir zudem weitere, die Handlung abrundende, Informationen im Vor- und/oder Nachwort gewünscht.

Mein Fazit? „Als mir die Welt gehörte“ ist eine solide historische Romanbiografie, die vor allem aufgrund des Settings und des Stoffs brilliert, aber auch kleinere Schwächen und Längen hat. Für Leser des Genres dennoch zu empfehlen – ab einem Lesealter von 14 Jahren.

[Buchgedanken] Birgit Borchert: „Spuren einer fernen Zeit: Die Senckenberg-Saga“ (Senckenberg 1)

Vor kurzem habe ich „Spuren einer fernen Zeit: Die Senckenberg-Saga“ von Birgit Borchert (bibo Loebnau) gelesen. Das Buch ist 2023 bei Lübbe in der Bastei Lübbe AG erschienen und als Familiensaga einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Frankfurt, 1907. Als die junge Sophie von Mayden den großen Lichthof des neuen Senckenberg-Museums betritt, ist sie wie gebannt vom Anblick eines riesigen Dinosauriers. Sie spürt: Eines Tages will sie diese faszinierenden Urzeitwesen selbst erforschen. Doch als Frau ist ihr der Weg zum Paläontologie-Studium versperrt. Außerdem erwarten ihre Eltern baldmöglichst eine standesgemäße Heirat. Sophie aber hat andere Pläne. Ihre Beharrlichkeit verhilft ihr zu einer Anstellung im Museum. Dort verliebt sie sich in den Doktoranden Paul Klüver, der aus einfachen Verhältnissen stammt und in Sophie nur eine verwöhnte Bürgertochter sieht. Eine spektakuläre Expedition führt beide nach Afrika, wo Sophie ihm und sich selbst beweisen will: Für ihren großen Traum ist sie bereit, alles aufs Spiel zu setzen …

„Spuren einer fernen Zeit“ ist hoffentlich der erste Band der „Senckenberg-Saga“, denn gefühlt hat die Geschichte der Familie „von Mayden“ gerade erst angefangen – es gäbe noch so viel mehr zu entdecken und zu erzählen, vor allem auch über Charlotte. Zwar ist mir noch kein angekündigter zweiter Band bekannt, ich habe aber mal die hoffnungsvoll klingende Einordnung des Romans als Familiensaga vom Verlag übernommen – das schreit ja nach weiteren Teilen, sonst hätte man das Buch nämlich auch als klassischen historischen Roman eingruppieren können. Das Buch entstammt übrigens der Feder von bibo Loebnau, die den Roman unter ihrem Geburtsnamen veröffentlicht hat.

Die Handlung ist durchaus spannend und abwechslungsreich, wenn auch mit kleineren Längen versehen. Zudem irritiert es, dass unzählige Zufälle nacheinander die Handlung vorantreiben, auch wenn natürlich nicht verkannt wird, dass in der beschriebenen Zeit durchaus der ein oder andere Zufall zur Hilfe kommen musste, um eine solche Karriere wie die von Sophie voranzutreiben – nur in der Menge ist dies hier etwas zu heftig. Dahingegen bestechen die fundierte Recherche und die Liebe zur Wissenschaft, die hier auf jeder Seite durchscheinen.

Das Setting brilliert auf ganzer Linie. So entführt Birgit Borchert den Leser nach Frankfurt und Marburg, vor allem aber auch ins heutige Tansania auf eine faszinierenden Forschungsexpedition. Dabei werden die Auswüchse der Kolonialpolitik, die damals noch krassen Standes- und Geschlechterunterschiede und das alltägliche Leben gut und anschaulich dargestellt – und vor allem der Ausflug in die Welt der Wissenschaften hat mich unglaublich fasziniert. Ein kleiner Wermutstropfen ist die historisch inkorrekte Vorverlagerung des Marburg-Aufenthalts von Aldous Huxley, hat das Treffen mit Ausnahme einer amüsanten Anekdote doch wenig handlungstreibenden Effekt.

Die einzelnen Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Dabei kann vor allem Charlotte als Scene Stealer und absoluter Leserliebling glänzen, aber auch Rahel und Robert von Mayden vermögen zu überzeugen, während auch Sophie grundsätzlich brilliert, teils aber nicht nachvollziehbar handelt – genau wie Paul. Birgit Borchers Schreibstil hingegen lässt sich – trotz der authentischen Sprache – im Wesentlichen gut und flüssig lesen und zeugt von der bereits gelobten, bestechenden Recherche.

Die Buchgestaltung ist ebenfalls gelungen. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben ordentlich gearbeitet, der Buchdeckel ist auf Cover, Buchrücken und Coverrückseite hochwertig geprägt und mit Klappen und wundervollen farbigen Coverinnenseiten versehen. Auch die Gestaltung des Umschlags überzeugt, auch wenn ich mir hier noch etwas mehr Bezug zur Handlung gewünscht hätte. Lediglich die der Geschichte angehängten Nachbemerkungen (Nachwort, Chronologie, Personenverzeichnis, Recherche- und Literaturhinweise) sprengen etwas den Rahmen.

Mein Fazit? „Spuren einer fernen Zeit – Die Senckenberg-Saga“ ist eine im Großen und Ganzen überzeugende Familiensaga mit brillantem Setting und einem hochspannenden Thema und nur kleineren Schwächen – gern mehr davon, insbesondere von Charlotte! Für Leser des Genres und wissenschaftlich interessierte Menschen daher bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 14 Jahren.

[Buchgedanken] Tina Schlegel: „Vier Herzen am See“

Vor kurzem habe ich „Vier Herzen am See“ von Tina Schlegel gelesen. Das Buch ist 2023 in der Emons Verlag GmbH erschienen und als Liebesroman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Die alleinerziehende Sophie kehrt in ihre alte Heimat Konstanz zurück, um nach dem Tod ihrer Eltern die Weinstube der Familie mitten in der Altstadt weiterzuführen. Doch in ihrer Trauer kann sie sich eine Zukunft zwischen all den Erinnerungen kaum vorstellen. Dann begegnet sie dem charmanten Anton mit seinem Hund Zottel. Hunde mag Sophie nicht, aber Anton mag sie sehr. Und Anton scheint sie auch zu mögen. Doch ist er wirklich der, für den er sich ausgibt?

„Vier Herzen am See“ ist der erste genrefremde Roman der Krimiautorin Tina Schlegel – einem Genre, von dem sie sich für das Buch komplett gelöst hat, ist es doch relativ spannungsarm. Dabei ist „Vier Herzen am See“ klar als (klassischer) Liebesroman einzuordnen, wenn sich auch Argumente für einen Schicksalsroman finden, ist ein tragisches Schicksal doch Ausgangspunkt und handlungstreibendes Element für die Protagonistin. Als Gegenwartsliteratur – wie teils in Verkaufsplattformen eingruppiert – würde ich das Buch hingegen nicht sehen.

Die Handlung ist – trotz gelegentlich fehlender Spannung – durchaus kurzweilig und abwechslungsreich, teils jedoch auch vorhersehbar. Dabei mischt Tina Schlegel schwere Themen wie Krankheit, Existenzängste, Verlust und dysfunktionale Beziehungen mit den doch heiteren Szenen zu einem ausgewogenen Gemisch, bei dem die traurigen Szenen nie überwiegen und die Liebesgeschichte somit nicht überlagern. Insbesondere in den Szenen mit Marlene lässt sich hierbei auch die ein oder andere Portion Humor finden.

Das Setting ist gelungen und präsentiert einen innerdeutschen Sehnsuchtsort, mal fernab von der Ost- oder Nordseeküste. So entführt die Autorin den Leser nach Konstanz, an die schweizerische Grenze und das malerische Ufer des Bodensees, in eine Stadt zwischen Blumeninsel und Weinstube, voller Historie und einzelnen Geschichten – gut eingebaut über die Figur von Katrin als Stadtführerin. Teils hätte ich mir hier aber noch etwas mehr Beschreibung, noch etwas mehr Weinwissen gewünscht.

Die einzelnen Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen vor allem wichtige Nebencharaktere wie Chrissi, Hans und Janette, während Sophie etwas blass und fremdgesteuert verbleibt und Marlene zwar für wundervolle Szenen sorgt, teils aber etwas zu reif und sprachgewandt für ihr Alter wirkt. Tina Schlegels Schreistil lässt sich dabei leicht und flüssig lesen und das Kopfkino sofort anspringen.

Die Buchgestaltung ist gelungen. Lektorat und Korrektorat haben sauber gearbeitet, der Buchsatz ist solide, wenn auch die Kapitelüberschriften hier etwas aus der Reihe fallen. Der Buchumschlag ist auf Cover, Buchrücken und Coverrückseite hochwertig geprägt, das grundsätzlich ansprechende und stimmungsvolle, aber auch austauschbare Motiv leider zum Buchrücken hin jeweils unterbrochen, sodass kein einheitliches Gesamtbild entsteht.

Mein Fazit? „Vier Herzen am See“ ist ein Liebesroman, der vor allem mit seinen Setting und einer tollen Kombination aus leichten und schweren Themen punktet, leider aber auch etwas vorhersehbar und spannungsarm ist. Für Leser des Genres dennoch bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 14 Jahren.

[Buchgedanken] Gabriel Herlich: „Freischwimmer“

Und auch dieses Buch habe ich vor kurzem gelesen, nachdem ich den Autor auch auf der Leipziger Buchmesse getroffen habe. „Freischwimmer“ von Gabriel Herlich ist 2023 im Pendragon Verlag erschienen und als Gegenwartsliteratur einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Es gibt Zeiten im Leben, auf die man zurückblickt und begreift, dass sie alles verändert haben – für Donnie Frey ist diese Zeit sein 21. Sommer. Eine einzige schicksalhafte Begegnung reicht aus, um Donnie völlig aus der Bahn zu werfen. Plötzlich sieht er sich mit Fragen konfrontiert, denen er bislang erfolgreich ausgewichen ist. Was bedeutet es, eigene Entscheidungen zu treffen und mit den Konsequenzen zu leben? Wie weit würde er gehen, um für seine Überzeugungen einzustehen? Antworten auf diese Fragen findet er dort, wo er sie am wenigsten erwartet hätte: in Zimmer 311 eines Altenheimes, auf dem Fahrersitz eines Buchanka und in einem malerischen Hotel in Südfrankreich.

„Freischwimmer“ wird im Blurb von Takis Würger als Roadmovie, als Liebesgeschichte und Entwicklungsroman beschrieben – und ist unzweifelhaft auch all das. Gleichsam ist es auch ein Coming-of-Age Roman, fast eine Familiensaga, aber vor allem auch ein Roman der Gegenwartsliteratur. Letzteres habe ich auch als Einordnung, als Symbolbild für die Gesamtheit, die Komplexität übernommen – eine Kategorisierung, die durchaus auch auf wichtigen Verkaufsportalen zu finden ist.

Die Handlung ist abwechslungsreich und kurzweilig – auch wenn die einzelnen Zufälle, die die Handlung vorantreiben, in der Gesamtheit doch etwas konstruiert erscheinen. Das Ende hingegen verdient sein Lob dafür, nicht klischeehaft ein Happy-End zu installieren, sondern eine Auflösung, die zur Story passt und sich echt und organisch anfühlt. Dabei mischt Gabriel Herlich schwere Themen wie Rassismus, Antisemitismus, Beutekunst und physische und sexuelle Gewalt mit der zarten Liebesgeschichte – und einer Mission der Wiedergutmachung.

Das Setting ist gelungen. So entführt der Autor den Leser nach Hamburg, in eine Welt voller Gegensätze zwischen High-Society Villa und schäbiger Gartenlaube, die in der Figur von Donatus kumulieren, der zu Beginn des Buches in beiden Welten – und doch irgendwie in keiner – so richtig zuhause ist. Zudem nimmt Gabriel Herlich den Leser auch mit auf eine Reise, nicht nur nach Frankreich sondern auch in die Vergangenheit zweier Familien voller Geheimnisse und Erinnerungen.

Die einzelnen Figuren sind vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei brilliert vor allem Meggie, und auch Laura und Vincent können als wichtige Nebencharaktere überzeugen. Donatus hingegen bleibt etwas blass, handelt nicht immer nachvollziehbar und lässt teils eine Lernkurve vermissen. Gabriel Herlichs Schreibstil ist hingegen leicht und flüssig lesbar und lässt das Kopfkino sofort anspringen.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, wobei letzterer sich ein Zusatzlob dafür verdient, jedes Kapitel auf einer ungeraden Seite zu starten. Der Buchumschlag ist relativ simpel und eintönig, das Covermotiv, das ebenfalls nicht in Gänze überzeugt, abrupt zum Buchrücken unterbrochen. Auch das unter dem Umschlag befindliche Buch ist sehr einfach gestaltet – lediglich die Haptik vermag hier wirklich zu überzeugen.

Mein Fazit? „Freischwimmer“ ist ein Roman der Gegenwartsliteratur, der mit einer abwechslungsreichen und gut ausbalancierten Handlung punktet, die allerdings in Teilen auch etwas konstruiert erscheint. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 14 oder 15 Jahren.

[Buchgedanken] Kacen Callender: „How do I tell them I love them?“

Vor kurzem habe ich „How do I tell them I love them“ von Kacen Callender gelesen. Das Buch ist 2022 im LYX Verlag in der Bastei Lübbe AG veröffentlicht worden, die Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel „Lark and Kasim Start a Revolution“ bei Amulet Books, einem Imprint von Abrams, New York. Das Buch ist als Jugendbuch einzuordnen, für die Übersetzung zeichnet Anne-Sophie Ritscher verantwortlich. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars über die Bloggerjury.

Lark Winters größter Traum ist es, Autor*in zu werden. Aber dey erhält eine Agenturabsage nach der anderen. Zu jung, zu queer, zu emotional – niemand will die Relevanz der Geschichte für nichtbinäre Menschen wie Lark erkennen. Doch als plötzlich ein Tweet von Lark über unerwiderte Liebe viral geht, ist deren Traum zum Greifen nah. Endlich bekommt Lark die Aufmerksamkeit, die dey sich die ganze Zeit gewünscht hat. Einziges Problem: Lark hat den Tweet nie geschrieben! Er stammt eigentlich von Larks ehemals bestem Freund Kasim, der seit einem Jahr nicht mehr wirklich mit demm redet. Lark muss sich entscheiden: einen Traum leben, der auf einer Lüge basiert, oder herausfinden, was hinter Kasims Tweet steckt und was mit ihrer Freundschaft passiert ist …

Auch bei „How do I tell them I love them?“ fällt die Genrebestimmung nicht leicht. So liegt unzweifelhaft ein Jugendbuch/-Roman vor, es ließen sich aber – durchaus genretypisch – auch die Voraussetzungen eines Entwicklungsromans, eines Liebesromans oder eines LGBTQIA+-Romans bejahen. Kacen Callender steht in jedem Fall als Own Voice-Autorin zur Verfügung und besetzt spätestens seit ihrem letzten Romans mehrere der Themen prominent in den Medien.

Die Handlung ist geprägt von Gesprächen über Diskriminierung, Cybermobbing, LGBTQIA+-Thematiken und polyamouröse Beziehungen – hier werden wichtige Themen von der Autorin angerissen und glaubhaft diskutiert. Leider erschöpft sich die Handlung auch bereits darin und kommt so mehr oder weniger ohne Spannungskurve aus – die Integration der gesellschaftlich relevanten Themen in eine tragfähigere Handlung hätte diese durchaus noch präsenter werden lassen können.

Das Setting ist naturgemäß gelungen. Die Autorin entführt den Leser authentisch in die USA der Jetztzeit, in minorisierte Communities in dem Land, das nach Trump weiter von Polizeigewalt und tiefen Spaltungen geprägt ist. Dabei spielt die Corona-Pandemie in dem Roman ebenfalls eine tragende Rolle, auch wenn sie weder viel zur Handlung noch für die Atmosphäre des Settings beiträgt, mit Ausnahme der obligatorischen Maskenpflicht.

Die einzelnen Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, bilden aber auch eine in sich geschlossene Bubble, die sie in Gänze von der, teils verhassten, weißen cis-Mehrheitsgesellschaft abgrenzt – hier hätte etwas Durchmischung, hätten etwas mehr durchlässige Grenzen nicht geschadet. So enttäuscht gerade Lark als Charakter und bleibt blass, während Jamal und Asha als wichtige Nebenfiguren hingegen glänzen können. Kacen Callenders Schreibstil ist dabei leicht und flüssig lesbar, teils aber zu belehrend.

Die Buchgestaltung ist gelungen. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, der Einbau von Tweets ist wunderschön gelöst, die Handlung mit eingebauten Texten und Kommentaren durchbrochen und abgerundet. Der Buchumschlag ist auf dem Cover und dem Buchrücken hochwertig geprägt, das unter dem Umschlag befindliche Buch ebenfalls aufwendig gearbeitet und mit farbigen Coverinnenseiten versehen. Das Covermotiv passt gut zur Geschichte, lässt aber etwas Spannung, Akzente vermissen, die dafür sorgen, dass es direkt ins Auge springt und im Gedächtnis bleibt.

Mein Fazit? „How do I tell them I love them?“ ist ein Jugendbuch, das wichtige Themen anspricht und durch sein Setting brilliert, leider aber auch kleinere Schwächen in der Hauptfigur und bei der Handlung hat. Für Leser des Genres dennoch bedenkenlos zu empfehlen – ab dem vom Verlag empfohlenen Lesealter von 14 Jahren.

[Buchgedanken] Caroline Brinkmann: „Zimmer gesucht, Liebe gefunden: Emmas Disaster-Diary“

Vor kurzem habe ich „Zimmer gesucht, Liebe gefunden: Emmas Disaster-Diary“ von Caroline Brinkmann gelesen. Das Buch ist 2022 im dtv Verlag, dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, erschienen und als Liebesroman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Was tun, wenn man nach zwei Jahren Beziehung über Facebook abserviert wird und 148 Freunden gefällt das? Emmas große Liebe Leon hat sie für die heiße Influencerin Larissa sitzen gelassen. Ausgerechnet an dem Tag, an dem die beiden zusammenziehen wollten. Eine neue Bleibe muss her. Glücklicherweise sucht Dirk, ein Bekannter ihrer besten Freundin, eine neue Mitbewohnerin. Das Problem: Er ist ein eigensinniger Computernerd, der im echten Leben mit Menschen nicht viel anfangen kann. Und erst recht nicht mit Liebeskummer. Aus Mangel an Alternativen zieht Emma bei ihm ein. Das Chaos ist vorprogrammiert.

„Zimmer gesucht, Liebe gefunden: Emmas Disaster-Diary“ ist von mir als Liebesroman betitelt worden, es ist aber zugleich soviel mehr, und daher schwer in eine Genreschublade zu pressen. Es ist ein Liebesroman, zu alt für YA, zu wenig spicy für NA, dafür mit unglaublich viel Humor. Darüber hinaus enthält er durchaus eine kleine, feine gesellschaftskritische Seite, behandelt Themen wie Mobbing, die Schattenseiten von Sozialen Medien und Bindungsängste – etwas zu viel für cosy Feel-Good. Aber egal, was das Buch genau ist, eines ist es sicher: ein Jahreshighlight! Oder wie Stella (Tack) im Blurb sagt: eines der witzigen Bücher des Jahres.

Denn die Handlung ist kurzweilig, humorvoll und abwechslungsreich, gespickt mit Kultszenen und tollen, auch herzerwärmenden Momenten. Caroline Brinkmann mischt hierbei ernste mit witzigen Themen, ohne den Schwerpunkt auf die Liebesgeschichte zu verlieren. Die Handlung wird dabei ergänzt durch Einträge im „Disaster-Diary“, von denen ich mir – der einzige kleine Kritikpunkt – noch viel mehr gewünscht hätte, spielt es doch bereits im Buchtitel eine prominente Rolle.

Auch das Setting begeistert. So entführt die Autorin den Leser in eine Welt voller Gegensätze, in eine Welt zwischen WG-Zimmer und High-Society, zwischen Wohnungsdetektei und Whirlpoolpartys, zwischen sprechenden Pflanzen und – unerwartet tiefgründigen – Sexgöttern. Dabei ist Caroline Brinkmanns Schreibstil unglaublich humorvoll, flüssig und leicht zu lesen, einfach perfekt für die Handlung, er lässt das Kopfkino sofort anspringen und sorgt dafür, dass man das Buch kaum aus der Hand legen möchte.

Die einzelnen Charaktere sind unglaublich, sind dreidimensional angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Auch wenn der komplette Cast überzeugt, niemand hier nach unten abrutscht, gibt es doch noch einzelne Charaktere, die herausstechen. Neben Ems und Dirk brillieren vor allem Sarah, Pamela und Rick. Insbesondere Sarah würde ich noch ein persönliches Happy-End, vielleicht in einem weiteren Buch, wünschen.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat und Korrektorat haben sauber gearbeitet, der Buchsatz ist wunderschön und endlich einmal ein Musterbeispiel dafür, wie Chatnachrichten vernünftig in den Text integriert werden können. Der Buchumschlag ist auf dem Cover hochwertig geprägt, mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten versehen. Das Titelmotiv ist zwar interessant, aber hier hätte noch mehr Potential bestanden, ich hätte mich über einen noch stärkeren Bezug zur Handlung, ein noch intensiveres Cover noch mehr gefreut.

Mein Fazit? „Zimmer gesucht, Liebe gefunden: Emmas Disaster-Diary“ ist ein brillanter Liebesroman, der vor allem durch seine unglaublich tollen Charaktere und seinen Humor glänzt – ein absolutes Jahreshighlight. Für Leser aller Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 14 Jahren.

[Buchgedanken] Nils Mohl: „Henny & Ponger“

Vor kurzem habe ich „Henny & Ponger“ von Nils Mohl gelesen. Das Buch ist 2022 im Mixtvision Verlag veröffentlicht worden und als Jugendbuch einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Wie von einem anderen Stern knallt Henny in Pongers Leben. Sie treffen sich in der S-Bahn, lesen das gleiche Buch und machen einen Deal: Sie gibt sich ein paar Tage als seine Freundin aus und er soll ihr helfen, wieder in ihr altes Leben zurückzukehren. Doch warum werden sie auf einmal von Leuten in Anzügen verfolgt, die eine Menge komische Fragen stellen? Nach und nach merkt Ponger, dass dies keine normale Lovestory ist. Werden sie es gemeinsam schaffen ?

„Henny & Ponger“ ist ein bunter Genremix, ist ein Jugendroman, ist Coming-of-Age mit Roadtrip-Elementen. Gleichzeitig sind aber auch Anklänge an Science-Fiction vorhanden – vor einem dystopischen Near-Future-Setting, das durchaus gesellschaftskritisch gegenwärtige Fragen aufgreift. Trotzdem bin ich aufgrund der jugendtypischen Themen, der Suche nach dem Platz in der Welt, bei der Eingruppierung als Jugendbuch verblieben.

Die Handlung ist dabei spannend, kurzweilig und abwechslungsreich. Nils Mohl gelingt es, den Leser an die Seiten zu fesseln, mit seinem pointierten, humorvollen und leicht zu lesendem Schreibstil das Kopfkino sofort anlaufen zu lassen. Allein die ungewöhnliche Bucheinteilung – mehr als 200 Kapitel ohne Seitenzahlen – sorgt anfangs durchaus für Irritationen und braucht etwas Eingewöhnungszeit. Zudem ist das Ende unerwartet und unbefriedigend offen – gerade im Jugendbuchbereich hätte ich mir hier etwas mehr Klarheit gewünscht.

Das Setting überzeugt auf ganzer Linie. Der Autor entführt den Leser dabei in eine Welt, in eine nahe, dystopisch Zukunft einer abgeschotteten Gesellschaft, die im krassen Gegensatz zu der Weite des Universums steht, die auf dem Cover schon angedeutet wird und im Roman eine große Rolle spielt. Gleichzeitig wird auch der Gegensatz zwischen der hektischen und anonymen Großstadt Hamburg zum Inselfeeling auf Amrum deutlich und gut herausgearbeitet.

Die einzelnen Charaktere sind vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Insgesamt kommt das Buch ja ohnehin mit nur wenigen Charakteren aus, hier brillieren Henny und Pörl, aber auch Stella und Ponger sind dreidimensional gestaltet und sorgen insgesamt für einen durchweg überzeugenden Cast.

Die Buchgestaltung ist gelungen, Lektorat und Korrektorat haben sauber gearbeitet, der Buchsatz ist innovativ, aber auch gewöhnungsbedürftig aufgrund des Fehlens von Seitenzahlen. Das Cover ist farblich ansprechend, sieht toll aus und zieht sich, zumindest als Farbverlauf, über den kompletten Buchumschlag.

Mein Fazit? „Henny & Ponger“ ist ein im großen und ganzen überzeugender Jugendroman mit tollem Setting und teils brillanten Protagonisten, leider aber auch einem zu offenen Ende. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab dem vom Verlag empfohlenen Lesealter von 14 Jahren.