[Buchgedanken] Sarah Nisi: „Ich bringe dich zum Schweigen“

Vor kurzem habe ich auch „Ich bringe dich zum Schweigen“ von Sarah Nisi gelesen. Das Buch ist 2023 im btb Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH veröffentlicht worden und als Psychothriller einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Die Beziehung der Stiefschwestern Phoebe und Charlie ist seit ihrer Kindheit durch Konkurrenzkampf geprägt. Ein Ereignis in der Schulzeit machte daraus offene Feindschaft. Umso überraschter sind beide, als sie jetzt, mit Ende 20, gemeinsam ein größeres finanzielles Erbe antreten sollen. Die einzige Bedingung: Sie müssen sich unterstützen – denn nur durch enge Zusammenarbeit kann ihnen der Durchbruch in der Theaterszene Londons gelingen. Was sich wie eine Aufforderung zur Versöhnung anhört, wird für Charlie und Phoebe zum Albtraum. Und das Ringen um eine erfolgreiche Inszenierung ein fatales Spiel um Leben und Tod.

„Ich bringe dich zum Schweigen“ ist nach „Ich will dir nah sein“ der zweite Psychothriller von Sarah Nisi. Nachdem der erste direkt zum Bestseller avancierte und von den Kritiken gefeiert wurde, waren Druck und Erwartungshaltung für dieses Buch unglaublich hoch – und Sarah Nisi hat geliefert. „Ich bringe dich zum Schweigen“ ist einer der besten Thriller, die ich in der letzten Zeit gelesen habe – und begeistert mich auch einige Zeit, nachdem ich das Buch beendet habe, immer noch nachhaltig.

Die Handlung ist hochspannend, abwechslungsreich und wartet immer mal wieder mit unerwarteten Wendungen auf. Und auch wenn man Teile der Handlung gut überblickt, durchaus vorausahnt, hat Sarah Nisi immer einen weiteren Plottwist im Köcher, um dem ganzen die Krone aufzusetzen. Dabei wird die Geschichte immer mal wieder durch Rückblenden unterbrochen, sowohl solche der nahen Vergangenheit als auch welche aus der Kindheit/Jugend der Protagonistinnen. Erzählt wird die Geschichte hierbei aus fünf verschiedenen personalen Erzählperspektiven – die Rückblenden in die tiefste Vergangenheit nicht eingerechnet. Einziges kleines Manko: das Ende. Nicht von der Auflösung, sondern von den Konsequenzen. Mehr wird hier aber nicht verraten :).

Auch das Setting vermag zu überzeugen. Sarah Nisi entführt den Leser nach London und in die Vergangenheit nach Norlington, in ein Spannungsfeld zwischen Theater-AG und der Inszenierung des Erbes einer weltbekannten Theaterautorin. Dabei gelingt es der Autorin, immer mal wieder spannende Fakten übers Theater und Theaterproduktionen einzubringen, ohne das Buch damit zu überfrachten, sodass der Kernfokus auf der Thrillerhandlung bleibt.

Die einzelnen Figuren sind vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugt Charlie als allumfassend gelungene und dreidimensionale Protagonistin, während lediglich Luke etwas vernachlässigbar blass bleibt. Sarah Nisis Schreibstil ist dabei leicht und flüssig zu lesen, lässt das Kopfkino sofort anlaufen und das Buch zum Pageturner werden.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, lediglich die kursiv gesetzte Vergangenheitsperspektive mutet ideenlos an. Der Buchumschlag ist auf Cover, Coverrückseite und Buchrücken leicht geprägt, mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten versehen – sehr edel. Das Titelmotiv, das auch auf der Coverrückseite und den Coverinnenseiten wieder aufgegriffen wird, ist ansehnlich und farblich toll, aber auch austauschbar und etwas beliebig.

Mein Fazit? „Ich bringe dich zum Schweigen“ ist einer der besten Psychothriller der letzten Zeit, der vor allem mit atemberaubenden Plottwists und einem tollen Setting punkten kann. Für Leser des Genres unbedingt zu empfehlen – ab einem Lesealter von 16 Jahren.

[Buchgedanken] Uli Aechtner: „Mein Lover, mein Ex und der Andere“

Im Urlaub habe ich auch „Mein Lover, mein Ex und der Andere“ von Uli Aechtner gelesen. Das Buch ist 2023 in der Emons Verlag GmbH erschienen und als Liebesroman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Nicht genug damit, dass Henni ihren Job in einer Boutique verloren hat – nun wird ihr auch noch die Wohnung wegen Eigenbedarf gekündigt. In der schönen Wetterau findet sie Unterschlupf bei ihrer Tante Alma, und mit etwas Flunkerei ergattert sie sogar einen Job als Regieassistentin bei den berühmten Burgfestspielen. Dort pokert sie sich erfolgreich durch ihre heiklen Aufgaben, und mit dem genialen Regisseur Ansgar von Stein liegt Romantik in der Luft. Bis eine einzige Szene alles in Frage stellt…

„Mein Lover, mein Ex und der Andere“ ist ein klassischer Liebesroman mit starkem Lokalkolorit, quasi das romantische Pendant zum Regionalkrimi – und ein idealer Urlaubsbegleiter, sind die angesprochenen Themen und Probleme doch nicht zu schwer, zu düster, sondern verbleiben eher an der Oberfläche – eine ideale Unterhaltung für zwischendurch, aber auch keine, die allzu lange nachhallt.

Die Handlung ist kurzweilig und abwechslungsreich, wenn auch teils vorhersehbar und, zumindest anfangs, etwas auf kruden Zufällen und abstrusen Ereignissen basierend. Nichtsdestotrotz kann das Buch, vor allem in der zweiten Hälfte, gut unterhalten – und sogar die ein oder andere humorvolle Szene ist vorhanden, wobei ich mir gewünscht hätte, diese – und auch alle anderen – aus einer Ich-Perspektive von Henni zu erleben, was mich noch näher an den Charakter gebracht hätte.

Das Setting ist gelungen und – wie schon angedeutet – stark regional geprägt. So entführt die Autorin den Leser in die Wetterau, zwischen keltischer Grabsiedlung, Äppelwoischenke und Burgfestspielen. Letztere sind es auch, die die regional-geprägte Liebesgeschichte in ein Theatersetting packen – sehr charmant, zieht man doch durch die angesprochenen Stücke und Verweise automatisch Vergleiche zu den Liebespaaren aus Literatur und Theater (wie es ja auch Ansgar und Henni tun).

Die einzelnen Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Dabei überzeugen neben Leo vor allem Nebencharaktere wie Fee, Giselle und Maja, während Henni etwas blass verbleibt und nicht immer nachvollziehbar handelt. Uli Aechtners Schreibstil ist darüber hinaus gut und flüssig lesbar und lässt das Kopfkino sofort anspringen.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben ordentlich gearbeitet, der Buchdeckel ist auf dem Cover, dem Buchrücken und der Coverrückseite hochwertig geprägt. Das Covermotiv ist gelungen und passt gut zur Handlung, wird aber leider zum Buchrücken hin unterbrochen. Dieser ist – zusammen mit der Coverrückseite – doch etwas eintönig geraten. Auch fehlt in der typografischen Gestaltung des Buchtitels auf dem Cover augenscheinlich das Komma.

Mein Fazit? „Mein Lover, mein Ex und der Andere“ ist ein Liebesroman, der vor allem mit seinem regionalen Setting und tollen Nebencharakteren punktet, aber auch gerade zu Anfang etwas abstrus ist. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – auch als leichter Urlaubsbegleiter geeignet.

[Buchgedanken] Hannah Conrad: „Wirbel um die Komtess“ (Das Lilienpalais 3)

Vor kurzem habe ich „Wirbel um die Komtess“ von Hannah Conrad, einem Pseudonym hinter dem sich die Autorinnen Frieda Bergmann, Persephone Haasis, Monika Pfundmeier und Laila El Omari verbergen, gelesen. Das Buch ist 2023 im Wilhelm Heyne Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH erschienen und als historische Familiensaga einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Augenscheinlich ist Isabella von Seybach bereit für die kommende Ballsaison. Bereit für atemberaubende Kleider, rauschende Feste und die Suche nach einem Ehemann. Insgeheim schmiedet sie aber ganz andere Pläne: Sie will ihre Leidenschaft für das Theater ausleben! Als Rudolf Heiland, Hofschauspieler und der wohl begehrenswerteste Mann Münchens, Isabella seine verruchte und aufregende Welt zeigt, kann sie nicht widerstehen. Ihr engster Vertrauter Leopold von Löwenstein plant inzwischen seine eigene Zukunft – ohne Isabella. Das weckt Gefühle in ihr, die sie lange vor sich selbst versteckt hat. Isabella muss sich entscheiden. Für was – und vor allem für wen – schlägt ihr Herz wirklich?

„Wirbel um die Komtess“ ist nach „Eine fast perfekte Debütantin“ und „Ein Graf auf Abwegen“ der dritte Band der lose zusammenhängenden Lilienpalais-Reihe des Autorenquartetts. Wie schon beim Vorgänger könnte man das Buch natürlich auch wieder als historischen Roman oder als Historical Romance einordnen – aufgrund der familiären Zusammenhänge zwischen den Bänden habe ich es jedoch bei der Eingruppierung als (historische) Familiensaga belassen, auch wenn diese üblicherweise mehrere Generationen abdeckt, hier jedoch einzelne Protagonisten innerhalb der gleichen Generation verwendet.

Die Handlung ist abwechslungsreich und spannend und wartet teils mit unerwarteten Wendungen auf. Hannah Conrad serviert in diesem Band ein Potpourri aus klassischen Familiendramen, historischem Feminismus und queeren Ansätzen – und fast sogar einem Liebesquartett (Love Triangles sind wohl veraltet). Dabei kann der Roman als Standalone gelesen werden, zur besseren Würdigung aller Querverweise würde ich aber auch die Lektüre der ersten Bände empfehlen, da das Buch dann einfach noch besser wirkt – ich selbst bin ja leider erst mit dem zweiten Band eingestiegen.

Das Setting brilliert natürlich auf ganzer Linie – und lebt von den Gegensätzen. Während im letzten Band das klassische Downton-Abbey-Setting mit den gegensätzliche Welten der Herrschaft und Dienerschaft präsentiert wurde, wird hier die High Society mit Debütantenbällen der schillernden, eskapistischen Theaterwelt gegenübergestellt – und es ist somit erneut eine wahnsinnig aufregende, opulente Reise ins München des 19. Jahrhundert; eine Reise, die ich gern erneut antreten würde.

Die einzelnen Protagonisten sind vielschichtig angelegt, haben eigene Ziele und Motive – sind teils aber zu perfekt geraten, mit zu wenig Schwächen, so dass man als Leser nicht nur bei Isabella, die mich in Band zwei bereits begeisterte, sondern auch vor allem bei Julie von Hegenberg als wichtige Nebenfigur ins Schwärmen gerät. Der Schreibstil lässt sich leicht und flüssig lesen und das Kopfkino sofort anspringen, die weniger strenge historische Authentizität stört hierbei nicht wirklich.

Die Buchgestaltung überzeugt erneut völlig. Lektorat und Korrektorat haben sauber gearbeitet, der Buchsatz ist gelungen und wartet mit kleinen Verzierungen zu Kapitelbeginn auf. Der Buchdeckel ist auf dem Cover hochwertig geprägt und mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten versehen. Das Covermotiv ist ansehnlich, wenn auch etwas nichtssagend und austauschbar – insgesamt sorgt die Gestaltung jedoch für einen gewissen Wiedererkennungswert und passt sich gutin das Gesamtbild der Reihe ein.

Mein Fazit? „Wirbel um die Komtess“ ist eine gelungene Fortsetzung der Reihe „Das Lilienpalais“, die vor allem mit einem tollen, teils eskapistischen Setting, einer abwechslungsreichen Handlung und einer tollen Protagonistin punkten kann. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von 16 Jahren.