[Buchgedanken] Mariana Leky: „Was man von hier aus sehen kann“

Vor einiger Zeit habe ich Mariana Lekys „Was man von hier aus sehen kann“ gelesen. Der Roman ist 2017 im DuMont Bucherlag, Köln, erschienen – und das mir vorliegene Exemplar stammt bereits aus der siebzehnten Auflage (2018) – Glückwunsch an dieser Stelle zu dem unglaublichen Erfolg. Autorin und Buch lernte ich zudem auf einer tollen Veranstaltung im Rahmen der diesjährigen Litblog-Convention in Köln kennen.

51Rgo4MGFTL._SX321_BO1204203200_In einem kleinen Dorf im Westerwald geht alles seinen gewohnten Gang. Solang, bis Selma in ihrem Traum ein Okapi sieht. Denn immer, wenn dieses ungewöhnliche Tier in den Träumen der alten Westerwälderin auftaucht, stirbt in den nächsten 24 Stunden ein Dorfbewohner. Und so lebt und liebt man intensiv, leidet, lacht und weint gemeinsam – egal, wie schwierig die Vorzeichen sind. So wie bei Luise, deren Liebe als Buddhist in einem japanischen Kloster tausende Kilometer entfernt lebt.

„Was man von hier aus sehen kann“ ist ein Buch, so ungewöhnlich wie sein Erfolg. Erzählt aus der Sicht von Luise, die im ersten Teil des Buches 10, im zweiten etwa Anfang 20 und im dritten etwa Anfang 30 ist, versetzt es den Leser in ein beschauliches Dorf im Westerwald. Alles und wirklich jeder spielt hier seine vorgegebene Rolle, sei es die alte Selma oder ihr heimlicher Verehrer, den alle nur „Optiker“ nennen. Doch trotz ihrer eingefahrenen Rollen sind die einzelnen Charaktere des Romanes nicht eindimensional, sondern vielschichtig und überraschend komplex.

Auch wenn die Handlung teils etwas blass und vorhersehbar bleibt, gelingt es der Autorin, den Leser in den Text zu ziehen, in das idyllische Porträt eines kleinen Dorfes, in dem alle zusammenhalten, und jeder jedem hilft. Kleine Wendungen und Spannungsspitzen sorgen zudem dafür, dass der Trott, die Routine durchbrochen wird und man als Leser, zusammen mit allen Bewohnern, aus dem Alltag herausgeworfen wird. Zum kleinen Problem wird dem Roman hier die perfekte, zauberhafte Prämisse, die dem Buch zugrundeliegt. Diese hat mich so überzeugt, so umgeworfen und bezaubert, dass die schlussendliche Ausgestaltung meine Erwartungen in diesem Punkt nicht gänzlich erfüllt.

Vollends überzeugt das Buch allerdings durch die Sprache der Autorin. Durchzogen von einer Vielzahl von Motiven, Wiederholungen und komischen Elementen begeistern gerade die Schlichtheit, der Wortwitz und die tollen Beschreibungen. Mariana Lekys überragende Erzählstimme ist – vielmehr als alles andere – der heimliche Star des Romanes, und allein für sich bereits ein Grund, das Buch zu kaufen.

Auch die Buchgestaltung trägt das ihrige dazu bei, ein rundes Gesamtpaket zu liefern. Buchsatz, Lektorat und Korrektorat sind gelungen, das Cover setzt tolle Akzente und passt perfekt zum Inhalt des Buches.

Mein Fazit? „Was man von hier aus sehen kann“ ist ein gelungener Roman, der vor allem durch Mariana Lekys brillianten Schreibstil punkten kann. Zwar bleibt die Handlung etwas hinter den Erwartungen der zauberhaften Prämisse des Buches zurück, vermag den Leser aber dennoch in die Idylle des Westerwaldes zu entführen. Für alle, die gern Bücher fernab der gängigen Genreliteratur lesen, bedenkenlos zu empfehlen.

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