[Buchgedanken] Johanna von Wild: „Das Erbe derer von Thurn und Taxis“

Vor kurzem habe ich „Das Erbe derer von Thurn und Taxis“ von Johanna von Wild gelesen. Das Buch ist 2023 in der Gmeiner-Verlag GmbH erschienen und als historischer Roman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Mitten im Dreißigjährigen Krieg begegnen sich Silas von Maringer, Sohn des Oberstallmeisters des Mainzer Kurfürsten, und Gräfin Alexandrine von Taxis. Beide fühlen sich sofort zueinander hingezogen. Als ihr Ehemann stirbt, wird Alexandrine zur Generalpostmeisterin ernannt. Doch um das Erbe ihrer Kinder zu bewahren, darf sie nicht erneut heiraten. Als Silas in ihren Dienst tritt, wird es immer schwerer standhaft zu bleiben. Erst als er von einem Ritt nicht mehr zurückkehrt, ändert sich alles und Alexandrine muss um ihre Liebe fürchten.

„Das Erbe derer von Thurn und Taxis“ ist der neueste historische Roman, den die Autorin Biggi Rist unter ihrem für das Genre genutzten Pseudonym Johanna von Wild veröffentlicht hat. Dabei deckt der Roman im Wesentlichen den Zeitraum des 30-jährigen Krieges ab, spielt er doch von 1623 bis 1648, eine der dunkelsten Epochen der europäischen Geschichte. Im Zentrum des Romans steht Alexandrine von Taxis, die in diesen dunklen Wirren das Erbe der Familie zu verteidigen sucht.

Die Handlung ist hierbei abwechslungsreich und spannend, wenn auch an einigen Stellen mit Längen versehen, insbesondere im Mittelteil, wenn sich das Buch etwas von den Protagonisten entfernt und vielmehr das Kriegsgeschehen in den Fokus rückt, das den meisten Lesern doch grob bekannt sein sollte. Dies resultiert leider auch in einem größeren Zeitsprung – hier hätte man gegebenenfalls andere Schwerpunkte setzen, das etwas besser ausbalancieren können. Meistens gelingt es der Autorin jedoch, nah an den Protagonisten die grausame und herausfordernde Zeit für den Leser vor dem inneren Auge erlebbar zu machen, insbesondere im letzten Drittel des Romans.

Das Setting überzeugt (wie kaum anders zu erwarten war) auf ganzer Linie. So entführt die Autorin den Leser ins Europa des 17. Jahrhunderts, in einen Kampf der Konfessionen und gekrönten Häupter, in eine Zeit der Pest, des Hungers und der großen Umwälzungen. Dabei beleuchtet Johanna von Wild im Detail das damalige Postwesen und die Probleme, die der Krieg für die Postreiter mit sich brachte – ein doch eher unübliches Thema, obwohl das Adelsgeschlecht derer von (Thurn und) Taxis ja bis heute weithin bekannt ist.

Die einzelnen Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Hierbei überzeugen neben Alexandrine vor allem wichtige Nebenfiguren wie Hella, Lamo und Amalia, während Silas doch nicht immer nachvollziehbar handelt. Johanna von Wilds Schreibstil lässt sich größtenteils leicht und flüssig lesen, ist authentisch und zeugt von einer ausreichenden Recherche.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, zudem wird die Geschichte durch eine vorangestellte Dramatis Personae und nachgestellte Anmerkungen, einen Zeitstrahl und eine Karte unterstützt, wobei letztere gerade im Druck etwas wirr erscheint – anstelle der Truppenbewegungen wäre vielleicht eine Karte der Handlungsorte oder Poststationen sinnvoller gewesen. Der Buchdeckel ist auf Cover, Coverrückseite und Buchrücken hochwertig geprägt und mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten versehen, das Cover durchaus genretypisch, auch wenn ich zugunsten eines größeren Wappens gern auf den stilisierten Postreiter verzichtet hätte.

Mein Fazit? „Das Erbe derer von Thurn und Taxis“ ist ein durchaus überzeugender historischer Roman, der vor allem durch sein ungewöhnliches Thema und tolles Setting punktet, aber auch kleinere Längen aufweist. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen, ab einem Lesealter von etwa 16 Jahren.

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