[Buchgedanken] Viktoria Bolle: „Blumental – Leeres Land“ (Blumental 1)

Vor kurzem habe ich auch „Blumental – Leeres Land“ von Viktoria Bolle gelesen. Das Buch ist 2023 im Kampenwand Verlag veröffentlicht worden und als historische Familiensaga einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Olga und ihre Familie leben als freie und wohlhabende Bauern, bis Stalins Regime ihre Welt auf den Kopf stellt. Als Kulaken und Deutsche werden sie von der Roten Armee verfolgt, enteignet und zur Arbeit im Kolchos gezwungen. Doch Olga gibt nicht auf. Inmitten von Hunger, Willkür und Leid kämpft sie ums Überleben und muss dabei ihre tiefsten Überzeugungen aufgeben.

„Blumental – Leeres Land“ ist der erste Teil der Blumentalsaga, die mit „Blumental – Eis und Sturm“ fortgesetzt wird. Dabei spielt der Roman in zwei Zeitebenen, einer vergangenen und einer halbwegs aktuellen (2004). Da man letztere jedoch gänzlich vernachlässigen kann, sie unnötig ist und nur aus Prolog und Epilog besteht, könnte man das Buch durchaus auch als historischen Roman einordnen. Aufgrund der starken Konzentration auf das Schicksal der Familie Suppes habe ich es dennoch bei der vom Verlag getroffenen Eingruppierung als (historische) Familiensaga belassen.

Die Handlung ist im Wesentlichen spannend, aber auch im ersten Drittel etwas langatmig und ereignisarm, was sich jedoch im Verlauf des Buches stark verbessert. Dabei vermag es die hochemotionale Handlung jedoch nicht, diese Gefühle auch komplett zum Leser zu transportieren, bleibt doch immer eine gewisse Distanz, eine gewisse Emotionslosigkeit in der Beschreibung der Handlung. Positiv festzuhalten bleibt dahingegen, dass der Roman nicht in einem Cliffhanger endet, sondern Handlungsstränge im Wesentlichen abgeschlossen werden, sodass das Buch auch als Standalone gelesen werden kann.

Das Setting ist gelungen. So entführt die Autorin den Leser nach Westsibirien, in die einst blühenden Landschaften deutscher Kolonisten, in der Zeitspanne nach dem ersten Weltkrieg bis in die 1930er Jahre. Dabei gelingt es Viktoria Bolle gut, die zwar entbehrungsreiche und keinesfalls perfekte Lebensweise der deutschen Kolonisten von den späteren sowjetischen Gräueltaten, dem allumfassenden Hunger und der herrschenden Willkür abzugrenzen, und so eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen.

Die einzelnen Figuren sind teils schematisch angelegt, es bleibt jedoch genug Potential, um diese im zweiten Band dann konsequent weiterzuentwickeln. Vorerst kann David – Olgas Bruder, nicht ihr Mann – am stärksten glänzen, gelingt ihm doch in seiner Person eine glaubhafte Entwicklung vom unbekümmerten Mädchenschwarm zum verantwortungsbewussten Erwachsenen, während Olga – trotz der Ich-Perspektive – etwas blass und vom Leser entfernt bleibt. Viktoria Bolles Schreibstil ist dabei zwar – wie bereits beschrieben – relativ emotionsarm, aber authentisch bis an die Grenzen guter Lesbarkeit und zeugt von umfassender Recherche.

Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben ordentlich gearbeitet, insbesondere der Buchsatz verdient sich ein Lob dafür, jedes Kapitel auf einer ungeraden Seite zu starten. Zudem wird die Handlung mit Rezepten abgerundet. Der Buchumschlag ist auf Cover, Coverrückseite und Buchrücken ganz leicht geprägt und typografisch toll gestaltet, insgesamt aber relativ eintönig und unauffällig.

Mein Fazit? „Blumental – Leeres Land“ ist ein in weiten Teilen spannender Auftakt in die Familiensaga mit tollem Setting, aber auch noch einigem Entwicklungspotential für den nächsten Band. Trotz der relativ emotionsarmen Erzählweise für Leser des Genres dennoch zu empfehlen – ab einem Lesealter von 16 Jahren.

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