[Buchgedanken] Lisabeth Posthuma: „Baby & Solo“

In der letzten Zeit habe ich „Baby & Solo“ von Lisabeth Posthuma, übersetzt von Sophie Zeitz, gelesen. Das Buch ist 2021 in der Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG erschienen und als Jugendbuch einzuordnen, die Originalausgabe erschien 2021 unter gleichem Titel bei Candlewick Press. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Der Teilzeitjob in einer Videothek verspricht endlich den Neubeginn, den Joel so lange herbeigesehnt hat. Nach jahrelanger Therapie will er die Vergangenheit hinter sich lassen. Seine neue Stelle scheint perfekt dafür: Dort darf er sich sogar einen anderen Namen geben – „Solo“, wie aus seinem Lieblingsfilm Star Wars. Endlich ein unbeschriebenes Blatt sein. Er punktet bei den Kollegen mit Ratschlägen, die er sich von Motivationspostern borgt, und freundet sich mit der schlagfertigen Nicole alias „Baby“ an, die seine Filmliebe teilt. Doch zu einer Freundschaft gehört auch Offenheit, und Nicole ahnt, dass Joel etwas verschweigt. Er muss sich entscheiden: Gibt er mehr von sich preis – oder setzt er ihre Freundschaft aufs Spiel?

„Baby & Solo“ wird vom Verlag als ein Buch für Fans von Benedict Wells und John Green beworben. Und auch wenn der Vergleich – zumindest noch – vielleicht etwas vermessen ist, haben John Greens Jugendbücher doch eine ganze Generation geprägt, ist Lisabeth Posthuma mit „Baby & Solo“ ein kleines Meisterwerk gelungen, das sich wunderbar liest, mit tollen, zitierwürdigen Stellen gespickt ist und zum Nachdenken anregt – definitiv eines meiner Jahreshighlights (trotz der noch vorhandenen Luft nach oben).

Bereits das Setting überzeugt hier auf ganzer Linie. Amerikanisches Kleinstadtflair, eine angestaubte Videothek, ein Tanktop-Diner – die Autorin lässt das Kopfkino sofort anlaufen und nimmt den Leser – auch durch die Beschreibung liebevoller Details – auf eine Reise mit, die von wundervollen Bildern nur so strotzt.

Die Handlung ist spannend, aufrüttelnd und abwechslungsreich, zwar teils vorhersehbar, aber nicht weniger wichtig. Lisabeth Posthuma beschränkt sich dabei nicht auf einen großen Problem-/Themenkreis, sondern baut geschickt mehrere ein, ohne aber das Buch zu sehr zum Schicksalsroman abdriften zu lassen. Zwar gibt es in der Mitte einige Längen – und die Figuren handeln nicht zwingend nachvollziehbar, dies fällt aber bei der unglaublichen Wucht der Geschichte kaum ins Gewicht. Gut gelöst ist zudem, dass am Buchende auf Kontakt- und Beratungsstellen für Betroffene hingewiesen wird – eine viel sinnvollere Lösung als eine Triggerwarnung zu Beginn, auf die hier auch verzichtet wird.

Die einzelnen Charaktere sind vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene ZIele und Motive. Insbesondere Joel/Solo und Jessica/Scarlet stechen hier heraus und überzeugen. Lisabeth Posthumas Schreibstil ist dabei einfühlsam, lässt sich leicht und flüssig lesen, strotzt dennoch aber vor Gefühlen – toll übersetzt von Sophie Zeitz, die auch bereits John Greens Romane ins Deutsche übersetzte. Gut gelungen sind hierbei auch die Passagen, in denen sich Joel direkt an den Leser wendet.

Auch die Buchgestaltung reiht sich in den tollen Gesamteindruck ein. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet. Der Buchumschlag ist relativ schlicht, aber dennoch schön – insbesondere die Coverrückseite gefällt mir besonders, während am Titelbild vielleicht noch das ein oder andere Detail hätte hinzugefügt werden können. Auch das Buch unter dem Umschlag ist etwas blass, farbige Coverinnenseiten oder das ein oder andere Detail hätten hier für einen noch hochwertigeren Eindruck gesorgt.

Mein Fazit? „Baby & Solo“ ist ein fantastisches Jugendbuch mit tollen Charakteren, einem wundervollen Setting und einer wichtigen, berührenden Handlung. Trotz minimaler Schwächen ein definitives Jahreshighlight und daher bedenkenlos zu empfehlen – ab dem vom Verlag angegebenen Lesealter von 14 Jahren.

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