Vor kurzem habe ich „Die Kriminalistinnen. Der Tod des Blumenmädchens“ von Mathias Berg gelesen. Das Buch ist 2023 in der Emons Verlag GmbH erschienen und als historischer Kriminalroman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.

Düsseldorf, 1969: Erstmals werden Frauen zu Kriminalbeamtinnen ausgebildet – ein Novum, das Widerstände in der Behörde und der Bevölkerung hervorruft. Die zweiundzwanzigjährige Lucia Specht lässt sich davon nicht abhalten. Sie ist fasziniert vom Beruf der Kriminalistin und fest entschlossen, der Enge ihrer Heimatstadt zu entkommen. Als ein junges Hippiemädchen brutal ermordet wird, nimmt sich Lucia unter Mithilfe ihrer Kolleginnen des Falls an – und beweist, dass sie das Zeug zur Ermittlerin hat.
„Der Tod des Blumenmädchens“ ist ein Roman über die ersten Kriminalistinnen der Geschichte. Zwar sind noch keine Folgebände angekündigt (zumindest, soweit ich es gefunden habe), da der Autor das Buch aber als Band 1 einer „Retro-Krimireihe“ bewirbt, bin ich zuversichtlich, was Fortsetzungen angeht – denn genau darauf ist das Buch auch ausgelegt. Aus meiner Sicht handelt es sich aber nicht um einen Retro-Krimi, sondern vielmehr um einen (bereits) historischen Kriminalroman – auch wenn die Eingruppierung als zeitgeschichtlichen Kriminalroman des Verlags ebenfalls passt. Darüber hinaus ist „Der Tod des Blumenmädchens“ auch ein feministischer Roman, behandelt er doch auch fernab der Aufnahme der Frauen in der Polizei weitere, zeitgeschichtlich-feministische Themen wie die Strafbarkeit von Abtreibungen und die notwendige Erlaubnis des Ehemannes, dass die Frau arbeiten darf.
Die Handlung ist hierbei kurzweilig, abwechslungsreich und durchaus spannend und mit unerwarteten Wendungen versehen. Zwar hätte der Fall durchaus noch etwas komplexer sein können, durch den gleichzeitigen Fokus auf die Ausbildung der Kriminalistinnen hätte dies das Buch aber vielleicht auch etwas überfrachtet – hier kann ja nach nunmehr angelegten Figuren gegebenenfalls im nächsten Band der Reihe noch etwas nachgelegt, können die offenen Handlungsstränge noch intensiver miteinander verknüpft werden. Positiv überrascht hat mich zudem das Ende, das dafür sorgt, dass das Buch als Standalone gelesen werden kann, aber auch genug Potential für die Folgebände lässt und nicht den einfachsten Ausweg aus der Handlung sucht.
Das Setting ist naturgemäß gelungen. So entführt der Leser den Autor ins Düsseldorf Ende der 60er Jahre, in eine Zeit zwischen Flower Power, feministischem Lesezirkel und verkrusteten Strukturen. Dabei wird der krasse Unterschied zwischen Pott und florierender Großstadt in der Figur von Lucia mehr als deutlich – was nicht zuletzt am Dialekt liegt, den ihre restliche Familie spricht. Highlight des Settings sind übrigens die tollen Szenelokale und Clubs – wer nach der Lektüre nicht selbst ins Creamcheese möchte, dem ist wohl auch nicht mehr zu helfen.
Die einzelnen Charaktere sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive. Aufgrund der Fülle an Kriminalistinnen und anderen Figuren sind zwar noch nicht alle bis ins Detail ausgearbeitet, neben Lucia können dennoch wichtige Nebencharaktere wie Otto, Toni und Mieze überzeugen. Mathias Bergs Schreibstil ist dabei leicht und flüssig zu lesen und lässt das Kopfkino sofort anspringen. Ältere Begriffe und dialektische Gespräche lassen sich im Regelfall aus dem Konsens erschließen und stören so ebenfalls nicht den Lesefluss, sondern sorgen vielmehr für Authentizität.
Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat, Korrektorat und Buchsatz haben sauber gearbeitet, der Buchdeckel ist auf dem Buchrücken leicht geprägt, Cover und Coverrückseite sind zudem farblich toll gestaltet, wenn auch ungewöhnlich für einen Krimi. Das Covermotiv kann allerdings nicht in Gänze überzeugen, genau wie auch die etwas konservative Typographie auf dem Cover und die Komposition des Umschlags generell. Es bleibt zudem abzuwarten, ob es zumindest gelingt, mit den Folgebänden einen einheitlichen Gesamteindruck der Reihe mit Wiedererkennungswert zu erzeugen.
Mein Fazit? „Die Kriminalistinnen. Der Tod des Blumenmädchens“ ist ein toller Auftakt in die historische Krimireihe, der vor allem mit einer abwechslungsreichen Handlung, einem tollen Ende und interessanten Figuren überzeugen kann. Für Leser des Genres bedenkenlos zu empfehlen – ab einem Lesealter von etwa 16 Jahren.